Im Bereich Integration, also der Synchronisierung von Datenbeständen, sind derzeit zwei große Entwicklungsrichtungen festzustellen.
Erstens eine zunehmende Zahl unterschiedlichster „Datenendpunkte“.
Mögliche Quellen dafür können sein:
Systemen/Apps,
Geräten (z.B. Smartphones),
Sensoren (IoT),
Partner (z.B. Fintechs)
Services aus der Cloud (SaaS)
Zweitens eine zunehmende Vielfalt an Deployment-Optionen.
Denn neben der klassischen Installation von Software im eigenen Rechenzentrum (on-premise) kommt vermehrt auch Cloud, Edge sowie jede beliebige Kombination dieser Optionen zum Tragen.
Für jede der genannten Varianten gilt, dass Daten von einem System zum anderen möglichst „seamless“ und „realtime“ übertragen werden sollen. Diese Entwicklung macht das Thema Integration für Organisationen zunehmend komplex.
Mittlerweile müssen sich Organisationen mit Multi-Cloud- bzw. Hybrid-Cloud-Umgebungen auseinandersetzen. Notwendig wird das, weil es nicht „die“ Cloud gibt, sondern in den meisten Organisationen Services aus unterschiedlichen Clouds genutzt werden.
Beispielsweise werden Kundendaten vom Vertrieb in der Salesforce-Cloud verwaltet, HR verwaltet Mitarbeiterdaten in der Workday-Cloud und Marketing führt Kampagnen mit der Marketo-Cloud durch. Cloud wird somit zum „New Normal“ und Hybrid Cloud zum Begriff, der dieses Nebeneinander verschiedener Cloud-Services ausdrückt.
Dadurch können folgende vier grundsätzliche Integrationsmuster entstehen, die alle zusammen und in beliebiger Kombination abgedeckt werden müssen:
innerhalb der eigenen Organisation (on-premise)
zwischen der Organisation und einer Cloud
innerhalb einer Cloud (Intra-Cloud)
zwischen verschiedenen Clouds (Inter-Cloud)
Diese Muster können sehr schnell zu einer erheblichen Komplexität führen.
Bringt zum Beispiel jede Cloud eine präferierte oder schon vorhandene Integrationsplattform mit sich, bedeutet dies überlappende Funktionalitäten, unterschiedliche Release-Stände und zusätzlich notwendige Skills der Mitarbeiter. Am Ende des Tages führt dies zu steigenden Kosten und mehr Komplexität.
Unterstützen kann bei der Integration der unterschiedlichen Quellen eine Hybride Integrations-Plattform (HIP), die ganz oder teilweise in der Cloud wie auch on-premise installiert sein kann und alle Integrationsmuster abdeckt. Laut Gartner entwickelt sich die HIP zunehmend zur Referenzarchitektur für die allumfassende Bereitstellung von Fähigkeiten für die Integration unterschiedlichster Datenendpunkte. Das Marktforschungsunternehmen rechnet damit, dass bis zum Jahr 2022 rund 65 Prozent aller großen und globalen Organisationen eine solche Plattform implementiert haben.
Dabei handelt es sich nicht um ein fertiges Produkt, sondern eine Art „Framework“ beziehungsweise eine Referenzarchitektur, die verschiedene Bausteine zusammenführt. Zu den wichtigsten Bausteinen zählen:
Datenintegration
API Management
iPaaS (Integration Platform as a Service).
Neben der Fähigkeit zur technischen Verbindung von Datenendpunkten versetzt eine HIP Organisationen auch in die Lage, die Anforderungen unterschiedlicher Nutzerkreise besser zu bedienen. Unter dem Schlagwort „Demokratisierung von Integration“ wird verstanden, dass sich zunehmend Nicht-IT-Experten an die Integration verschiedener Anwendungen wagen.
- Siegfried Wagner, Managing Director bei in-integrierte informationssysteme
„Eine gehypte Technologie erweckt häufig bei Entscheidern überzogene Erwartungshaltungen, die in der Realität nicht alle erfüllt werden können. Das gilt auch für IoT-Technologie. Am Ende hat nur das Erfolg, wofür diese Technologie auch in der Praxis einen Mehrwert bietet, wie etwa durch Kosteneinsparungen, Risikominimierung und zusätzliche Einnahmequellen durch neue Services oder attraktive Businessmodelle. Unternehmensintern lassen sich IoT-Effekte in der Regel schneller realisieren, etwa bei Optimierungen in der Supply Chain, in der Produktion, beim Energieverbrauch und bei der Qualitätssicherung. Das bietet sich auch an, um sich mit dem Thema vertraut zu machen. Wesentlich anspruchsvoller ist der externe nutzbringende Einsatz in eigenen Produkten und Services. Je nach Art der Produkte ist es weder technisch möglich noch zielführend, von diesen Daten einzusammeln, wenn sich daraus keine Mehrwerte generieren lassen. IoT-Projekte erfordern in der Regel nicht nur technische Veränderungen. Um damit wertschöpfend und nachhaltig finanziell erfolgreich zu sein, müssen Firmen auch neue Geschäftsmodelle und dazu passende interne Prozesse konzipieren und umsetzen. Auch an den Vertrieb werden wesentlich höhere Anforderungen gestellt, wenn statt eines Produkts nun ein Service verkauft werden soll. Der Vertrieb muss dazu die Prozesse des Kunden verstehen und ihm den Nutzen klar machen. Hinzu kommt, dass gerade im kommerziellen Bereich Mietmodelle und eine kontinuierliche Datenanbindung an den Servicelieferanten von den Nutzern noch nicht akzeptiert werden. Das wird sich aber nach und nach ändern.“ - Dr. Myriam Jahn, Geschäftsführerin Q-loud, ein Unternehmen der QSC AG
„Beim Thema Internet of Things haben zahlreiche Unternehmen erst einmal die Quick Wins realisiert, mit denen sich schnelle Erfolge und ein schneller Return on Invest eingestellt haben. Jetzt geht es an die komplexeren Themen, an das Überdenken bestehender und Entwickeln neuer Geschäftsmodelle. Hierbei greifen die Unternehmen tief in ihre eigene Organisation ein. Und es gilt, richtungsweisende Entscheidungen zu treffen: Services wie Künstliche Intelligenz oder Predictive Maintenance sind in der Cloud beheimatet. Die Lösungen und die Produkte, die im IoT den Mehrwert der Geräte und Maschinen ausmachen, werden also virtuell. Das ist ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel - auch in der internen Organisation der Unternehmen. Technisch sind eigentlich alle Komponenten vorhanden, um erfolgreiche IoT-Produkte und -Lösungen anbieten zu können. Sowohl IT-seitig als auch bei den Übertragungstechnologien können wir mittlerweile aus dem Vollen schöpfen. Die größte Herausforderung ist es jetzt, diese Technologien richtig zu wählen, einzusetzen und die Organisation auf sie abzustimmen. „Die organisatorische Herausforderung ist daher die wesentlich größere: Mit der Vernetzung werden Geräte und Maschinen intelligent. Die Alleinstellungskriterien der Produkte sind damit nicht nur haptisch, sondern auch virtuell. Ob Kunden dann diese Produkte erwerben, hängt von bislang nicht dagewesenen Faktoren ab. Und das bedeutet auf allen Ebenen des Herstellers einen tiefgreifenden organisatorischen Wandel, der sich von der Entwicklung bis hin zur Vermarktung und den finanztechnischen Prozessen zieht.“ - Marten Schirge, Vice President of Sales bei Device Insight
„Viele Unternehmen setzen den Fokus bei IoT-Projekten auf kurzfristige Erfolge. Neue Geschäftsmodelle wie ´Pay-per-Use´ erfordern häufig Change Management im Unternehmen, das ist langwierig und kostenintensiv. Unternehmen profitieren durch die Digitalisierung bestehender Geschäftsprozesse und das IoT vor allem von der gesteigerten Effizienz, von der Erschließung neuer Kundenpotenziale durch neue und bessere Serviceangebote und von höherer Endkunden-Zufriedenheit. Außerdem erhalten Unternehmen einen direkten Kontakt zu ihrem Kunden. Das IoT ebnet den Weg von der analogen zur digitalen Welt: Vom Maschinenhersteller zum Anbieter digitaler Services. Die Erfolgsquote leidet, da IoT-Projekte häufig von Fachabteilungen direkt umgesetzt werden, ohne vorher das Know-How von Partnern zu integrieren. Das führt oft zu Unsicherheiten und zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Zudem führt eine fehlende zentrale IoT-Strategie häufig dazu, dass Fachbereiche Insellösungen aufsetzen und diese wiederum nicht immer zum übergreifenden Unternehmenserfolg beitragen.“ - Jürgen Pollich, Head of Business IoT/M2M bei Telefónica in Deutschland
„Das Internet of Things ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess. Letztlich unterschätzen viele Firmen die Abhängigkeiten und Einflussfaktoren auf den Erfolg eines IoT Projektes. Das kann schnell zu Verzögerungen führen. Hier ist es wichtig, mit Partnern zusammenzuarbeiten die bereits Erfahrungen in IoT-Projekten gesammelt haben. Wir bei Telefónica bieten die notwendige Unterstützung an und haben bereits weltweit viele Projekte begleitet. Um bestehende Wettbewerbsvorteile zu sichern oder zukünftige zu erschließen, ist es wichtig, dass sich Unternehmen früh mit IoT in ihrem spezifischen Setup auseinandersetzen. Denn die dabei gesammelten Erfahrungen, die stark mit den eigenen Unternehmensabläufen und dem eigenen Personal verknüpft sind, lassen sich nicht einfach zukaufen. Mit Blick auf Wettbewerbsvorteile bedeutet dies, dass ein Unternehmen, welches durch einen Konkurrenten, der IoT beispielsweise erfolgreich zur Effizienz-Steigerung einsetzt, in einen nachteilige Position gerät, nicht unmittelbar und durch den Zukauf eines Tools entsprechend nachziehen kann. Aus meiner Sicht ist daher die frühzeitige aktive und fokussierte Auseinandersetzung mit dem Internet of Things für Firmen alternativlos.“ - Jan Rodig, CEO / Managing Partner, tresmo GmbH
„Prozessoptimierungen und Effizienz-getriebene IoT-Projekte sind wichtig. Sie haben den Charme, dass sich ihr ROI in der Regel vergleichsweise einfach kalkulieren lässt. Bei smarten Produkten und IoT-Geschäftsmodellen sind die Business Cases oft vager, dennoch entscheiden diese Projekte aus meiner Sicht die Zukunft der deutschen Volkswirtschaft. Da sollte noch deutlich mehr passieren! Die stark steigende Anzahl von IoT-Projekten deckt sich absolut mit dem, was wir am Markt sehen. Beim Projekterfolg muss man vorsichtig sein - einerseits wurden bereits `Low-hanging fruits´ geerntet, andererseits experimentieren viele Firmen auch zunehmend und probieren auch mal was aus. Das würde ich nicht überbewerten.“ - Christian Förg, VP Sales Industries EUNO, Alcatel-Lucent Enterprise
„Der übergeordnete Business Treiber bleibt die Transformation der Unternehmen hin zu Digital Business. Hierbei spielen wiederum sichere ‚IoT-enabling infrastructure‘ sowie Big Data Analytics eine herausragende Rolle.“
Gartner unterscheidet zwischen „Integration Specialists“, „Ad-hoc Integrators“ und „Citizen Integrators“.
Der Integration Specialist ist der in der IT angesiedelte Experte, der mit Integrationswerkzeugen große Integrationsprojekte durchführt, bei denen es um geschäftskritische Transaktionen geht.
Im Gegensatz dazu sind der Ad-hoc Integrator und der Citizen Integrator mitunter in der fachbereichsnahen IT angesiedelt. Dort kümmern sie sich um die Integration in fachbereichsspezifischen Vorhaben, kleinen Projekten sowie zur Unterstützung persönlicher Aufgaben.
Der zentralen IT kommt hier primär die Aufgabe zu, die unterschiedlichen Bausteine, aus denen eine HIP besteht, bereitzustellen beziehungsweise zusammenzuführen. Darüber hinaus ist eine zentrale Governance erforderlich, die Regeln und Richtlinien für die Nutzung formuliert und deren Einhaltung kontrolliert. Weitere Governance-Funktionen sind zum Beispiel:
Lebenszyklus-Management,
Sicherheits-Management und
Datenqualitätsmanagement.
Für die Umsetzung der Integrationsstrategie „Hybrid Integration“ empfiehlt sich, wie so oft, eine inkrementelle Vorgehensweise.
Dabei werden zunächst Governance-Strukturen definiert, um prozessuale und organisatorische Leitplanken aufzubauen.
Danach werden die wesentlichen Bausteine der HIP ausgewählt.
In ersten, kleinen Projekten können dann Erfahrungen mit den Komponenten der Plattform und den neuen Integrations-Rollen gemacht werden. Je nach individuellem Bedarf beziehungsweise Projekt können die Bausteine in unterschiedlicher Reihenfolge ausgewählt und eingesetzt werden.
Nützlich ist in diesem Kontext, dass vermehrt Subskriptions-Modelle verfügbar sind, die den Einsatz der Software ohne große Vorab-Investments ermöglichen.
Insgesamt kann Hybrid Integration eine sinnvolle Weiterentwicklung von Konzepten für die Daten- beziehungsweise Service-Integration (EAI/ESB/SOA) sein. Ich werde gespannt verfolgen, ob sich die obige Erwartung von Gartner bis 2022 einstellt.