Mitarbeiterengagement

Das unterschätzte Ass im Ärmel der Unternehmen

13.10.2023
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Dr. Arne Sjöström ist Lead People Scientist EMEA bei Culture Amp mit dem Schwerpunkt Organisationspsychologie und angewandte Forschung. Er nutzt Erkenntnisse aus dem Bereich der Psychologie und Verhaltensforschung bei der Anwendung von HR-Technologien, um Firmen zu Personalauswahl und - entwicklung sowie Mitarbeiterfeedback zu beraten.
Das Maß an emotionaler Verbundenheit mit dem Unternehmen ist ein entscheidender Indikator für die Motivation und das Vertrauen der Mitarbeitenden.
Die emotionale Bindung der Mitarbeiter zum Unternehmen kann den entscheidenden Unterschied ausmachen, ob ein Arbeitgeber erfolgreich oder weniger erfolgreich agiert.
Die emotionale Bindung der Mitarbeiter zum Unternehmen kann den entscheidenden Unterschied ausmachen, ob ein Arbeitgeber erfolgreich oder weniger erfolgreich agiert.
Foto: Have a nice day Photo - shutterstock.com

Je höher das Engagement der Mitarbeitenden ist, desto eher sind sie bereit, über sich hinauszuwachsen und ihre Aufgaben überdurchschnittlich gut zu erledigen. Gleichzeitig ist dies ein Gradmesser für die Loyalität, die Angestellte dem Arbeitgeber entgegenbringen.

Der Begriff Mitarbeiterengagement wird häufig unscharf genutzt und nicht hinreichend von verwandten Konzepten abgegrenzt. Denn Engagement ist weitaus mehr als Zufriedenheit oder das Gefühl, bei der Arbeit glücklich zu sein. Zudem ist es auch umfassender als es einzelne Kennzahlen darlegen (z.B. Employee Net Promoter Score).

Vielmehr lässt sich Mitarbeiterengagement als Grad emotionaler Verbundenheit verstehen, den Mitarbeitende mit ihrem Unternehmen empfinden. Es ist ein entscheidender Indikator für die Motivation der Mitarbeitenden, über sich hinauszuwachsen und ihre Aufgaben überdurchschnittlich gut zu erledigen. Gleichzeitig ist dies ein Gradmesser für die Loyalität, die Angestellte dem Arbeitgeber entgegenbringen.

Was Wissenschaftler sagen

Aus der Wissenschaft lassen sich fünf Komponenten ableiten, mit denen das Mitarbeiterengagement erfasst werden kann:

  1. Motivation – Fühlen sich Mitarbeitende durch ihr Unternehmen motiviert, zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen?

  2. Stolz – Sind Mitarbeitende stolz darauf, mit ihrem Unternehmen verbunden zu sein?

  3. Empfehlung – Würden Mitarbeitende ihr Unternehmen als sehr guten Arbeitsplatz weiterempfehlen?

  4. Gegenwärtige Bindung – Konzentrieren sich die Mitarbeitenden derzeit darauf, im Unternehmen zu bleiben?

  5. Zukünftige Bindung – Beabsichtigen die Mitarbeitenden, dem Unternehmen auch in Zukunft treu zu bleiben?

Werden im Rahmen von Mitarbeiterfeedback diese fünf Komponenten als "Gesamtpaket" abgefragt, dann zeichnen die Antworten ein klares Bild davon, wie sich Mitarbeitende fühlen und wie hoch das Engagement im Unternehmen ist. Da dies auch ein Gradmesser für die Gesundheit der Organisation ist, lassen sich in der Folge aus den Befragungsergebnissen klare Schritte zur Verbesserung der Employee Experience ableiten.

Deutschland schwächelt ein wenig

Basierend auf dieser wissenschaftlichen Methode lohnt sich ein Blick auf den derzeitigen Stand des Mitarbeiterengagements in deutschen Unternehmen. Die von Culture Amp regelmäßig veröffentlichten unternehmensübergreifenden Benchmarks weisen für Deutschland ein Mitarbeiterengagement von 64 Prozent aus. Dieser Auswertung liegen rund 1,9 Mio. Antworten aus Mitarbeiterbefragungen zugrunde, die in 450 Organisationen in Deutschland im Zeitraum Juli 2022 – Juni 2023 durchgeführt wurden. Im Vergleich zur DACH-Region (70 Prozent) liegt das Mitarbeiterengagement damit in Deutschland um sechs Prozentpunkte niedriger.

Wie oben ausgeführt, lässt sich Mitarbeiterengagement konkret über die Motivation (61 Prozent), den Stolz (76 Prozent), die Weiterempfehlung (76 Prozent) sowie über die aktuelle (50 Prozent) und künftige (60 Prozent) Bindung bewerten. Nicht nur im Vergleich zur DACH-Region schneidet Deutschland hier mit niedrigeren Werten ab – auch im globalen Durchschnitt steht Deutschland bei allen fünf Aspekten um zwischen fünf bis neun Prozentpunkte schlechter da.

Engagement muss nachhaltig werden

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist es wichtig, dass Unternehmen das Engagement von Mitarbeitenden als ganzheitliches Projekt verstehen und dies nicht nur punktuell angehen, wenn es um die nachhaltige Verbesserung von Engagement gehen soll. Denn das hätte zur Folge, dass einzelne Initiativen in ihrer Wirkung verpuffen, wenn z.B. aus Feedback keine zielgerichteten Maßnahmen zur Verbesserung abgeleitet werden.

Die Daten von Culture Amp zeigen zudem, welche Fragen Unternehmen – neben den oben genannten – zum Engagement in den aktuellen Vergleichsdaten in Mitarbeiterbefragungen am häufigsten stellen. Hierzu zählen unter anderem:

  1. Ich glaube, dass ich in meinem Unternehmen gute Karrieremöglichkeiten habe.

  2. Ich erhalte in meinem Unternehmen angemessene Anerkennung für gute Arbeit.

  3. Ich weiß, was ich tun muss, um in meiner Position erfolgreich zu sein.

  4. Mein Vorgesetzter gibt mir nützliches Feedback zu meinen Leistungen.

  5. Ich habe Zugang zu den Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten, die ich brauche, um meine Arbeit gut zu erledigen.

Um zuverlässige Erkenntnisse über den Zustand des Employee Engagements zu erlangen, ist es wichtig, dass Unternehmen die richtigen Fragen stellen. Dabei können Führungskräfte bereits im Vorfeld von Mitarbeiterbefragungen einiges dafür tun, um den Weg für ein verbessertes Mitarbeiterengagement zu bereiten.

Es hängt mal wieder von den Chefs ab

Im Jahr 2023 zeigten die Daten von Culture Amp, dass Führung sowie Lernen und Entwicklung branchen- und regionsübergreifend die wichtigsten Einflussfaktoren auf das Mitarbeiterengagement waren. Obwohl diese Faktoren natürlich von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein können, lassen sich im Laufe der Jahre bestimmte Trends in den Daten feststellen. Was können nun Unternehmen daraus ableiten? Und wie stellen Unternehmen eine Steigerung des Mitarbeiterengagements sicher?

Ohne ein klares Verständnis dafür, wie sich Mitarbeitende fühlen, können keine effektiven Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen werden. Deshalb empfiehlt es sich, mittels einer Befragung zunächst Mitarbeiterfeedback einzuholen. Dabei sollte jede Befragung eine ausgewogene Mischung aus validierten und an das jeweilige Unternehmen angepassten Fragen beinhalten, die zudem den Kontext der Organisationen berücksichtigen.

Mitarbeiterbefragungen als wichtiges Stimmungsindiz

Einen starken Einfluss auf das Engagement von Mitarbeitenden zeigen etwa Bereiche wie Führung, Befähigung, Ausrichtung auf Unternehmensziele und Weiterentwicklung. Je handlungsorientierter die Fragen, umso gezielter können später Maßnahmen ergriffen werden. Idealerweise lassen solche Befragungen auch ausreichend Raum für Kommentare, damit Mitarbeitende Vorschläge machen und ihre Antworten präzisieren können.

Damit stellt das Unternehmen sicher, dass die Ergebnisse eine gesunde Mischung aus qualitativen und quantitativen Daten enthalten. Werden solche Befragungen in einem regelmäßigen Turnus, z.B. viertel- oder halbjährlich durchgeführt, lässt sich mit der Zeit immer besser erkennen, ob die gewählten Fragen auch zu den richtigen Erkenntnissen für gezielte Maßnahmen führen.

Um das Engagement von Mitarbeitenden nachhaltig zu verbessern, wird empfohlen, einem Feedback-Loop zu folgen. Dies sollte in drei Schritten angegangen werden:

  1. Datensammlung – Erarbeitung einer Befragung mit den für das Unternehmen richtigen Fragestellungen. Ziel ist es, jene Informationen zu erhalten, die für das weitere Vorgehen entscheidend sind.

  2. Datenanalyse – Die Datenauswertung muss zu einem umfassenden Verständnis für die Ergebnisse führen. Es geht darum herauszufinden, was entscheidend für das Engagement der Mitarbeitenden im Unternehmen ist. Es geht aber um das Verständnis dafür, was für die Teammitglieder wichtig ist und was zu einer positiven Employee Experience führt.

  3. Maßnahmenkatalog – Zunächst müssen die Daten und Ergebnisse der Befragung an die Mitarbeitenden offen kommuniziert werden. Aus den Erkenntnissen wird ein Aktionsplan abgeleitet, der Schritt für Schritt in konkrete Maßnahmen umgesetzt wird.

Mitarbeiter erwarten, dass Chefs Feedback umsetzen

Es ist wichtig, der Belegschaft zu zeigen, dass ihr Feedback anerkannt, geschätzt und umgesetzt wird. Wenn Mitarbeitende erkennen, dass das Management zuhört und geeignete Maßnahmen ergriffen werden, wird sich dies in einem besseren Vertrauensverhältnis widerspiegeln, was wiederum zu einem verbesserten Feedback seitens der Teammitglieder führt.

Unternehmen, die konkretes Handeln vernachlässigen und Maßnahmen nicht konsequent umsetzen, verpassen die Chance, das Mitarbeiterengagement nachhaltig zu verbessern. Gleichzeitig müssen Unternehmen Maßnahmen offen kommunizieren, um sicherzustellen, dass Veränderungen im Unternehmen auch als Antwort auf Mitarbeiterbefragungen verstanden werden. Dies führt dazu, dass sich Mitarbeitende gehört fühlen.

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