Supercomputer soll Klarheit schaffen

Das Universum dehnt sich aus - aber warum?

07.06.2021
Von Redaktion Computerwoche und Redaktion CIO
Wissenschaftler und Fans von The Big Bang Theory wissen es schon lange: Das Universum dehnt sich immer schneller aus. Forscher wollen nun mit einem Supercomputer herausfinden, welche Energie dahintersteckt.
Die Erforschung der sogenannten Dunklen Energie erfordert massive Rechen-Ressourcen. So soll der Durchbruch gelingen.
Die Erforschung der sogenannten Dunklen Energie erfordert massive Rechen-Ressourcen. So soll der Durchbruch gelingen.
Foto: andrey_l - shutterstock.com

Um die geheimnisvollen Kräfte im Universum zu erklären, braucht die Menschheit besonders leistungsstarke Computer. Derzeit geht es Kosmologen vor allem darum, die sogenannte Dunkle Energie zu erforschen, ein Begriff der 1998 vom amerikanischen Astrophysiker Michael S. Turner eingeführt wurde. Tatsächlich ist in Sachen Dark Energy vieles im Unklaren, selbst ihre Existenz ist bisher nicht nachgewiesen worden. Es handelt sich also eher um eine hypothetisch existente Form von Energie, mit der Wissenschaftler versuchen, die beschleunigte Expansion des Universums zu erklären.

Die Erforschung dieser dunklen Energie soll nun durch einen besonders leistungsfähigen Supercomputer der nächsten Generation unterstützt werden. Dabei geht es um ein Projekt, in dessen Rahmen die bisher detaillierteste dreidimensionale Karte des Universums erstellt werden soll. Laut Wikipedia lassen sich die physikalischen Eigenschaften der Dunklen Energie am besten durch eine solche großräumige Kartierung der Strukturen im Universum untersuchen, in der beispielsweise Galaxien und Galaxiehaufen sichtbar werden. Ein solches astronomisches Großprojekt soll der neue Supercomputer unterstützen.

100 petaFLOPS für die Vermessung des Universums

Das Wall Street Journal berichtet, dass der neue Supercomputer, der kürzlich im National Energy Research Scientific Computing Center in Berkeley (NeRSC), Kalifornien, installiert wurde, in diesem Sommer mit der Arbeit an dem Vermessungsprojekt Dark Energy Spectroscopic Instrument (DESI) beginnen wird. Der Rechner wurde nach dem Astrophysiker Saul Perlmutter benannt, Er hatte 2011 zusammen mit Adam Riess und Brian P. Schmidt den Nobelpreis für Physik erhalten, nachdem das Trio die Zunahme der Expansionsgeschwindigkeit des Universums durch Distanzmessungen zwischen weit entfernten Supernovae nachgewiesen und dies auf jene eher unbestimmte Dunkle Energie zurückgeführt hatte. Laut den Modellen besteht das Universum zum gegenwärtigen Zeitpunkt, also ungefähr 13,8 Milliarden Jahre nach dem Urknall, zu 68,3 Prozent aus Dunkler Energie, zu 26,8 Prozent aus Dunkler Materie und zu 4,9 Prozent aus der sichtbaren, baryonischen Materie.

Das DESI-Projekt zielt nun darauf ab, mehr über die Dark Energy zu erfahren. Zu diesem Zweck soll am Kitt Peak National Observatory in Arizona der Nachthimmel mit 5.000 "spektroskopischen Augen" beobachtet werden, die das Licht von 35 Millionen Galaxien erfassen werden.Um die gewonnenen Daten zu analysieren, werden die Forscher den Supercomputer verwenden. Er stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber dem bisherigen Supercomputer Cori dar und soll eine Rechenleistung von 100 petaFLOPS erreichen.

Wie Digitaltrends.com berichtet, wird künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommen, um bestimmte Objekte in den DESI-Daten zu identifizieren. Anhand dieser Objekte können dann andere Anwendungen Entfernungen bestimmen und Schwerkraft-Berechnungen anstellen. So erhalten die Forscher Hinweise auf die Expansion des Universums und lernen daraus mehr über die Dunkle Energie.

Die Dunkle Energie drückt Galaxien nach außen

Kosmologen und Astrophysiker wissen schon lange, dass sich das Universum ausdehnt, aber Forschungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop in den 1990er Jahren haben gezeigt, dass sich die Ausdehnung nicht verlangsamt, wie sie es aufgrund der Schwerkraft erwartet hätten, sondern sogar beschleunigt. Damit steht die Forschung vor einem Rätsel: Es gibt offenbar eine unbekannte Kraft, die Galaxien nach außen drückt, eben die Dunkle Energie.

Das DESI-Projekt zielt also darauf ab, eine 3D-Karte des Universums zu erstellen, die weitaus detaillierter ist als jede bisher erstellte 3D-Ansicht. "Das erlaubt uns, weiter in die Geschichte des Universums zurückzublicken, in einen Zeitraum, der noch nie mit hoher Präzision für Studien zur Dunklen Energie untersucht wurde", sagte Aaron Meisner, Wissenschaftler am NOIRLab der National Science Foundation, gegenüber dem Wall Street Journal. Die DESI-Untersuchungen werden wohl mindestens fünf Jahre dauern. (hv)