Wer ist schuld an schlechter Internet-Performance?

Das schwarze Schaf

10.09.2015
Von 
Paul Heywood ist Managing Director EMEA beim Internet-Intelligence-Spezialist Dyn. Neben seiner Arbeit dient er als Berater, Investor und Aufsichtsratsmitglied bei einer Reihe von Tech-Unternehmen in Großbritannien und den USA.  Er hält Vorträge zum Thema Internet Intelligence auf Veranstaltungen wie The Next Web oder DMEXCO. Zudem interessiert er sich für die digitale Transformation in Unternehmen.  
Die Website ist down. War ja klar, denn schon seit Tagen lief alles zunehmend langsamer. Welches Unternehmen hat nicht schon eine solche Situatin erlebt? Jetzt beginnt die Suche nach den Ursachen.

Mehr als drei Milliarden Internetnutzer weltweit klicken jeden Tag auf Links, die sie zu Webseiten, Videos oder Dateien führen. Was sie jedoch oft nicht wahrnehmen: zwischen dem Klick und der neuen Seite auf dem Bildschirm passiert eine ganze Menge.

Es gibt viele verschiedene Gründe, warum die Performance einer Website nicht so ist, wie gewünscht. Im eigenen Haus heißt es hier sowohl auf die Hardware, die Netzwerkstruktur und auch auf die Programmierung der Seiten einen Blick zu werfen.
Es gibt viele verschiedene Gründe, warum die Performance einer Website nicht so ist, wie gewünscht. Im eigenen Haus heißt es hier sowohl auf die Hardware, die Netzwerkstruktur und auch auf die Programmierung der Seiten einen Blick zu werfen.
Foto: agsandrew_shutterstock.com

Auf die Geschwindigkeit kommt es an: Online-Transaktionen müssen so schnell wie möglich über die Bühne gehen, idealerweise sofort. Damit eine Webseite erfolgreich läuft, muss ab dem ersten Klick alles im Fluss bleiben. Es ist wie auf der Autobahn; nicht nur die Auffahrt ist entscheidend für die Reise, sondern auch alle Abschnitte danach sollten ohne Schlaglöcher befahrbar sein.

In der analogen Welt haben die Straßennutzer meist wenig andere Optionen. Online ist dies nicht der Fall. Werden die Nutzer durch digitale Schlaglöcher ausgebremst, verabschieden sie sich schneller, als der Betreiber der Webseite schauen kann - nämlich nach 400 Millisekunden, der Zeit eines Wimpernschlages. So verlassen viele Nutzer, und mit ihnen ihr Geld, eine Webseite, sobald sie einer Verzögerung von gerade einmal einer Zehntelsekunde ausgesetzt sind.

Doch woher kommen diese ausbremsenden Elemente? Eine Webseite kann aus den verschiedensten Gründen langsam sein. Die meisten Internetbesucher - aber auch die meisten Unternehmen - sind sich gar nicht bewusst, wieviel hier falsch laufen kann, geschweige denn, wo Probleme auftauchen können und warum diese zu einer verlangsamten Web-Performance führen. Eine häufige Ursache sind schlecht designte Webanwendungen, die nicht auf Schnelligkeit oder Funktionalität ausgelegt sind. Noch öfter hakt eine schlechte Web-Performance jedoch nicht an der Anwendung oder am Server, sondern daran, was innerhalb des Netzwerks passiert.

Stolpersteine auf der Datenautobahn

Der Verkehr zwischen Web-Server und Browser - und damit auch das Nutzererlebnis - ist schnell beeinträchtigt. Bevor Inhalte das Netzwerk durchlaufen, muss der Server den Seitennamen mithilfe des Domain Name Systems (DNS) in eine IP-Adresse umwandeln. Dabei schlägt der Server sozusagen im Telefonbuch des Internets nach, wo genau die Website oder Domain zuhause ist, um die Verbindung herzustellen.

Je schneller also die Übertragung stattfindet, desto schneller kann sich der Browser mit dem Server verbinden, die Seite laden und dem Nutzer etwas zurückmelden. Zudem ist die Lichtgeschwindigkeit in Glasfaserkabeln tatsächlich nur begrenzt. Das heißt, dass auch die Entfernung zwischen Server und Nutzer die Seitenperformance beeinflusst. Die physische Distanz spielt bezüglich der maximalen Performancerate einer Internetseite sogar eine ganz wesentliche Rolle.

Auch die Route, die der Datenverkehr zwischen den verschiedenen Netzwerkanbietern zurücklegt, kann die Geschwindigkeit einer Seite drosseln. Wenn eine Route beispielsweise verstopft ist - zum Beispiel durch zu hohes Datenvolumen an einem speziellen Link oder einem Übergabepunkt - verlangsamt sich natürlich auch der Datenfluss.

Manchmal sind derartige Verstopfungen aber nur schwer aufzuspüren. Ein beschädigtes Kabel kann einen Telekommunikationsanbieter beispielsweise dazu veranlassen, den Verkehr umzuleiten und diesen dadurch abzubremsen. Auch kann es vorkommen, dass konkurrierende Internet Service Provider in bestimmten Märkten ihren Datenverkehr nicht austauschen wollen und der eigene Anbieter dadurch gezwungen wird, den Datenverkehr über Drittnetzwerke umständlich umzuleiten, um überhaupt eine Kommunikation zu ermöglichen.

Zwischen Web-Browsern und Web-Servern passiert viel - und es ist eine zeitraubende und teure Aufgabe, die Ursachen für Fehler herauszufinden, wenn man nicht genau weiß, wonach man suchen muss. Wie erhalten Unternehmen Einblick darin, was im eigenen Netzwerk passiert? Wie können sie das Nutzererlebnis auf der eigenen Seite kontrollieren und dafür sorgen, dass es konsistent und möglichst bequem für die Anwender ist? Wie können sie ihre Internet Performance bestmöglich hochschrauben?

Es ist sicher leichter für Unternehmen, das Internet als schwarzes Loch zu verstehen, dessen Funktionen sie nicht durchschauen, und das sie für alle Fehler ihrer Webseite verantwortlich machen können. Doch ihre Probleme werden sie dadurch nicht lösen, ihre Kunden nicht binden, ihre Leistung nicht verbessern. Sobald Unternehmen jedoch wissen, was sich in ihrem Netzwerk abspielt, können sie auch ihre Webpräsenz entsprechend ausrichten und so für Kundenzuwachs und Nutzerzufriedenheit sorgen. Das "schwarze Schaf" Internet wird mit Erkenntnissen in die Internet Performance daher zu einem wichtigen Verbündeten, den zu verlieren sich kein Unternehmen leisten kann. (bw)