Für kaum ein anderes Land ist das Internet der Dinge und die damit einhergehende vierte industrielle Revolution von ähnlich hoher Bedeutung wie für Deutschland. Dies bestätigt unter anderem eine Ende 2015 veröffentlichte, repräsentative Umfrage von Bitkom Research und der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young. An der Umfrage nahmen 554 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes ab 100 Mitarbeitern teil. Demnach sagen gut drei Viertel der befragten Industrieunternehmen (79 Prozent), dass Industrie 4.0 (die Digitalisierung und Vernetzung der Produktion) bereits jetzt strategisch "wichtig" oder sogar "sehr wichtig" für sie ist. Fast ebenso viele Unternehmen (78 Prozent) gehen davon aus, dass die Bedeutung in den nächsten fünf Jahren weiter zunehmen wird.
Auch international führt am Internet der Dinge und der vierten industriellen Revolution kein Weg vorbei. Laut IDC etwa soll der IoT (Internet of Things)-Markt von 591,7 Milliarden Dollar 2014 bis 2019 mit einer jährlichen Wachstumsrate von 17 Prozent auf 1,3 Billionen Dollar anwachsen. Im gleichen Zeitraum soll die installierte Basis an IoT-Endpunkten von 9,7 Milliarden auf 25,6 Milliarden anwachsen und 2020 die 30-Milliarden-Marke durchbrechen.
Unternehmen müssen Daten zusammenführen
Im Zuge der Digitalisierung und des Internets der Dinge fallen durch Sensoren, Aktoren und untereinander kommunizierende Geräte und Menschen große Datenmengen an. Für das Jahr 2020 etwa, wenn laut IDC 30 Milliarden Geräte (IoT-Endpunkte) an das Internet angebunden sein sollen, prognostizieren die Marktbeobachter eine Datenmenge von rund 40 Zettabytes. Ein Zettabyte, das ist eine Eins mit 21 Nullen. Zum Vergleich: 2003 gab es auf der ganzen Welt noch ungefähr eine Datenmenge von fünf Milliarden Gigabyte. Doch damit nicht genug - alle zwei Jahre soll sich das Volumen des Datenbestands verdoppeln.
Die gesammelten Daten bieten Unternehmen enormes Potenzial, etwa wenn es darum geht, Geschäftsmodelle stärker an Kundenbedürfnisse anzupassen, neue Geschäftsfelder zu erschließen oder sogar komplett neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Damit dies gelingt, müssen Unternehmen allerdings einige Herausforderungen meistern. Aus technologischer Sicht gilt es zunächst Daten zusammen zu führen, die in unterschiedlichen IT-Systemen gespeichert sind. Denn viele IT-Systeme sind in sich geschlossen und nicht in der Lage miteinander zu kommunizieren (sogenannte Informationssilos). Doch erst, wenn Unternehmen ihre Daten aus diesen Silos befreien und sinnvoll miteinander in Bezug setzen, können sie Erkenntnisse aus ihnen gewinnen. Eine BPM und Case Management Plattform, die sich wie Kitt zwischen unterschiedliche IT-Systeme legt und sie so verbindet, kann hier helfen.
Aus Erkenntnissen werden Prozesse
Erkenntnisse aus Daten zu ziehen, ist für Unternehmen jedoch nur die halbe Miete. Im nächsten Schritt ist es entscheidend, diese Erkenntnisse zu nutzen, um Prozesse zu optimieren. Vielleicht ist der Begriff Prozesse nicht der erste, den man gewöhnlich mit dem Internet der Dinge in Verbindung bringt. Doch schauen wir einmal genauer hin: Derzeit entwickelt einer der führenden Rasierklingenhersteller gemeinsam mit der hauseigenen Shopping-Plattform und einem Technologielieferanten eine Ablage für Nassrasierer mit Internetzugang.
Die Ablage ist mit einer ID ausgestattet. Stellt der Kunde nun beim Rasieren fest, dass sich seine Rasierklingen dem Ende zuneigen, geht er künftig nicht mehr zum nächsten Drogeriemarkt um die Ecke. Nicht einmal die Shopping-Plattform des Rasierklingenherstellers muss der Kunde besuchen. Stattdessen reicht ein Knopfdruck auf der Ablage des Rasierers, schon soll der Nachschub innerhalb von 24 Stunden nach Hause geliefert werden. Aus dem Produkt Rasierklinge wird so - sozusagen auf Knopfdruck - eine Dienstleistung, an der eine ganze Reihe von Prozessen hängt.
Denn damit der Rasierklingennachschub auf Knopfdruck in der Praxis funktioniert, müssen zahlreiche Abteilungen sowie IT-Systeme im Unternehmen in effizienten und hoch automatisierten Prozessen zusammenarbeiten: von der Ablage des Nassrasierers über die Shopping-Plattform und das CRM bis hin zur Warenwirtschaft, Packrobotern (oder Mitarbeitern, die in der Lagerhalle entsprechende Sendungen versandfertig machen) und Logistikdienstleistern.
Um solch ineinandergreifende Prozesse aufzusetzen, bedarf es einer Lösung, die eine unkomplizierte Zusammenarbeit über verschiedene Abteilungen im Unternehmen (und gegebenenfalls sogar mit Partnern) ermöglicht. Grundsätzlich fällt es Mitarbeitern leichter, Prozesse zu optimieren, wenn sie dazu auf eine Plattform zurückgreifen können, die keine Programmierkenntnisse erfordert (Low Code). Auch sollte die Lösung Social Collaboration Tools beinhalten, sodass Mitarbeiter aus verschiedenen Fachabteilungen und Geschäftspartner zu einzelnen Prozessschritten Kommentare hinterlassen und ihre Einwände oder Verbesserungsvorschläge frühzeitig berücksichtigt werden können.
Daten + Prozesse = Geschäftsanwendung
Sind die Daten in einem Unternehmen aus ihren Silos gelöst und effiziente Geschäftsprozesse aufgesetzt, gilt es für Unternehmen, diese beiden Teilbereiche zusammenzuführen. In der Regel geschieht dies in Form von Geschäftsanwendungen. Da optimale Prozesse selten in Stein gemeißelt sind, sondern immer wieder neu angepasst werden müssen - beispielsweise aufgrund von geänderten Kundenanforderungen, neuen Endgeräten oder Wünschen von Geschäftspartnern - bieten zentrale Low Code BPM und Case Management Plattformen einen weiteren Vorteil: Sie ermöglichen eine schnelle und flexible Entwicklung. Schnell sind Low Code Plattformen, weil Mitarbeiter praktisch ohne Vorkenntnisse via Drag & Drop auf einer grafischen Benutzeroberfläche neue Prozesse und Anwendungen entwickeln oder alte Prozesse und Anwendungen an neue Anforderungen anpassen können. Flexibel sind die zentralen Plattformen, weil Mitarbeiter Änderungen nur einmal einspielen müssen und diese Änderungen sodann automatisch auf sämtlichen Geschäftsanwendungen im Unternehmen wirksam werden.
Gerade in einem Hochlohnland wie Deutschland können maßgeschneiderte Geschäftsanwendungen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bedeuten. Christoph Kilger beispielsweise, Partner bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young, erklärt das Thema als zentral für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und sogar den Wirtschaftsstandort Deutschland. Er mahnt zudem, dass die Einführung von intelligenten Anwendungen zügig weiter vorangetrieben werden müsse. Intelligent sind Geschäftsanwendungen, wenn sie auf IT-Systeme im Backend, die der effektiven Speicherung großer Daten- und Transaktionsmengen dienen, zugreifen können und zudem Informationen aus verschiedenen IT-Systemen zusammenführen.
Ohne BPM ist das Internet der Dinge unvorstellbar
Kaum ein anderes Land hat das Potenzial, vom Internet der Dinge in einem ähnlich hohen Ausmaß zu profitieren, wie Deutschland. Damit Unternehmen das Potenzial des Internets der Dinge jedoch voll ausschöpfen können, müssen sie aus Daten Informationen gewinnen und diese Informationen nutzen, um ihre Prozesse zu optimieren. Hierfür sind intelligente Geschäftsanwendungen unverzichtbar. (mb)