Unternehmensberatung im Technologiezeitalter

Das Geschäft mit den neuen Technologien

05.04.2016
Von 

Eva Manger-Wiemann wirkt seit 15 Jahren in der Cardea AG als Managing Partner. Als Expertin für Meta-Consulting unterstützt Manger-Wiemann Unternehmen in der Auswahl von Beratern. Dadurch fühlt sie stets den Puls des Beratungsmarkts. Ihre Artikel behandeln denn auch aktuelle Trends, die Kundenunternehmen und Beratungshäuser gleichermassen beschäftigen. Normal 0 21 false false false EN-US X-NONE X-NONE

Der Beratermarkt hat wieder an Fahrt aufgenommen. Neue Technologien tragen viel zu den neuen Wachstumsaussichten bei. Aber ist das noch Unternehmensberatung?

Die Nachfrage nach Beratungsleistungen steigt - unterliegt jedoch ständigem und schnellem Wandel. Der Markt ist an einem Punkt, an dem Managementberatung ohne Technologie kaum noch möglich ist. Kunden suchen heutzutage nach Lösungen für den strategischen Einsatz neuer Technologien, um von den digitalen Möglichkeiten in ihren jeweiligen Märkten zu profitieren. Beratungsunternehmen reagieren auf diesen Bedarf an digitaler Transformation mit neuen Dienstleistungen, die sich teilweise immer weiter von den Geschäftsmodellen der traditionellen Beratung entfernen. Die wichtigsten Verknüpfungen von Consulting und Technologie finden dabei in folgenden Bereichen statt:

Das Geschäft mit den Daten

Um intelligente Entscheidungen treffen und Wettbewerbsvorteile gewinnen zu können, wird mehr denn je als ausschlaggebend angesehen, dass Unternehmen Einsichten aus Daten gewinnen. Das Geschäft mit den Daten beflügelt den Beratungsmarkt in besonderem Maße. Die sich schnell verändernde Geschäftswelt fordert Technologien, die fähig sind große Datenmengen in verständliche Entscheidungsgrundlagen zu verwandeln - auch bei teilweise unklaren Datenanforderungen.

So verbindet Bain & Company seine analytische Kompetenz als Strategieberater mit der - als "Wikipedia für Informationen zu Unternehmen auf der ganzen Welt" unter Insidern bekannten - Daten-Plattform Crunch Base, die den Kunden Einblicke in Investment-Gelegenheiten vor allem im digitalen Bereich gibt. Der indische IT-Riese Infosys geht einen vier Millionen Dollar schweren Deal mit Waterline Data ein, um seinen Kunden Zugang zu einer breiten Palette von Tools für die Automatisierung von Data-Mining-Prozessen zu ermöglichen. McKinsey wiederum stärkt seine Daten-Kompetenz und verbindet Strategie, Analytics und Design durch die Akquisition des englischen Unternehmens Quantum Black Visual Analytics, um der steigenden Nachfrage nach Datenanalyse und -visualisierung zu begegnen.

Die Lancierung von Plattform-Dienstleistungen

Eine zusätzliche Möglichkeit, Beratungsdienstleistungen anzureichern, besteht in der Entwicklung von Plattform-Lösungen. Solche Technologien etablieren neue Geschäftsmodelle in der Beratung, die es Kunden erlauben sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren oder ihren Ertrag zu steigern. Plattform-Lösungen dienen dazu, operative Prozesse oder Aufgaben für Kunden besser, schneller oder effizienter zu gestalten. Beispiele hierfür findet man zuhauf bei unterschiedlichen Start-Ups, die innovative Produkte und Services mit Hilfe neuer Technologien anbieten.

Die Boston Consulting Group bietet ihren Kunden in der Transport- und Logistikbranche über den Online-Marktplatz xChange die Möglichkeit zum Austausch und Leasing von leeren Containern sowie Frachtkapazitäten auf Schiffen, Zügen oder LKWs. Das weltweit tätige HR-Beratungsunternehmen Mercer investiert in die Karriere-Plattform Pymetrics, die sowohl Arbeitssuchenden als auch Arbeitgebern eine spielbasierte Lösung für "Talent Matching" bietet. Barkawi, eine auf Operational Excellence fokussierte Boutique-Beratung, bietet ein weltweit agierendes Online-Handelsportal als virtuellen Marktplatz für industrielle Überbestände, um Verkäufer und Käufer von wertvollen Rohstoffen und teurer Technik zusammenzubringen.

Prozessoptimierung durch Software

Die Digitalisierung transformiert Branchen, Geschäftsmodelle und Unternehmen in radikaler Weise und zwingt das Management dazu, Strategien, Strukturen und Prozesse auf den Prüfstand zu stellen. Software wird zur effizienten und strukturierten Bearbeitung des Tagesgeschäfts eingesetzt. Ihr Ziel ist eine weitgehend automatisierte Prozessabwicklung ohne manuelle Eingriffe. Sie bietet in Verbindung mit klassischem Consulting effiziente Lösungsansätze zur Analyse und Optimierung von unterstützenden oder Kernprozessen der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Anwendungsbeispiele, in denen Beratungshäuser ihre Software-Kompetenz aufbauen oder ergänzen, sind vielfältig: Accenture ist zentraler Implementationspartner für die SaaS-basierte HR-Prozesslösung Workday. Capgemini hat kürzlich den Salesforce-Anbieter Onio akquiriert, um sein Leistungsangebot im Bereich Customer Relationship Management (CRM) in Europa und Asien auszuweiten. Hitachi Consulting und SAP bieten in Kooperation eine cloud-basierte Integrationslösung für die IT-Systembedürfnisse ihrer Kunden.

"Worlds of #creative, #consulting, and #tech are blending"

Ein einziger Tweet verdeutlicht, was gegenwärtig in der (digitalen) Marketing-Beratung passiert: Die Verschmelzung von Managementberatung, kreativen Agenturleistungen und IT-Lösungskompetenz, um die scheinbaren Lücken jeder singulären Leistung zu überbrücken. Managementberatungen beherrschen die digitale Transformation, sind aber "nicht kreativ genug", um Marketingkampagnen werblich zu gestalten. Agenturen hingegen verstehen meist wenig von Geschäftsmodellen und Business-Realität der Kunden - sie schaffen es kaum, den Überblick darüber zu bekommen, welche organisatorischen Veränderungen in den Unternehmen notwendig sind. Der Zusammenschluss von IBM mit Resource/Ammirati - einer führenden Digital-Marketing- und Kreativ-Agentur aus den USA - ist Zeugnis der zunehmenden Nachfrage der Kunden nach integrierten Technologie-, Beratungs- und Kreativlösungen. Gleiches gilt für die Fusionen von Deloitte mit der Kreativ-Agentur Heat und von EY mit NorthPoint Digital.

Die neuen Technologie-Buzzwords

Es ist heute erst zu erahnen, was Unternehmen mit den neuen Technologien machen können - oder wollen. Einige In-Themen die heute schon in aller Munde sind, werden aber frühestens in ein paar Jahren die notwendige technologische Reife besitzen, um Mainstream-Akzeptanz zu erreichen. Die Rede ist zum Beispiel von KI-Systemen, Virtual Reality, 3D-Druck oder dem Internet of Things.

Dennoch: Es ist natürlich, dass der Beratermarkt Themen wie diese frühzeitig aufgreift und Ideen (wenn vielleicht auch noch keine konkreten Lösungen) für potentielle Kunden bereithält. Auch aus der Technologisierung unternehmerischer Geschäftsmodelle und Prozesse können sich neue Beratungsthemen ergeben. Für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit ihrem traditionellen Fokus auf Risiko- und Regulationsberatung, bietet sich das Thema IT-Security an, das bereits beträchtlich zum (Beratungs-)Wachstum der "Big Four" beigetragen hat. Das Internet of Things und seine Teilbereiche Industrie 4.0 (oder Service 4.0) stehen noch am Anfang. Dennoch lassen sich bereits Bewegungen am Beratermarkt beobachten, die auf das künftige Potential schließen lassen: Accenture kauft Cimation, einen Anbieter von Industrial-IoT-Lösungen für den Energiesektor und expandiert in Blockchain-Technologien, während KPMG in Fintech-Unternehmen wie Master IT investiert.

Und "what about the customer"?

Kundenunternehmen sind heutzutage mit einer schon beinahe erdrückenden Auswahl an Möglichkeiten für smarte Investitionen in neue Technologien konfrontiert. Nicht für alle Optionen zeichnet sich dabei bereits ein klares Bild ab, wohin die Reise geht. Für die Einschätzung von Mehrwert, Risiken und Auswirkungen durch die neuen Digitalisierungs-Trends sind Kunden heute auf externes Know-how angewiesen. Sie suchen nach Beratungsunternehmen, die zwei Anforderungen erfüllen müssen: Zum einen müssen Berater Spezialisten sein, wenn es um die jeweiligen Technologien und Lösungen geht. Zum anderen müssen sie aber Verständnis für das Geschäft ihrer Kunden mitbringen, um die betriebswirtschaftlichen, strategischen, organisationalen und prozessualen Implikationen jedes neuen technologischen Buzzwords deutlich machen können. (fm)