Jedes Vorstellungsgespräch hat etwas von einer klassischen Prüfung und ist eine Art Ritual in der Berufswelt. Ziel ist es, die angeblich besten Bewerber für die jeweilige Position auszuwählen, weshalb im Gespräch gewisse Hürden zu überspringen sind. Darum empfiehlt es sich, sich gut vorzubereiten oder auch die Hilfe eines Beraters hinzuzuziehen.
Persönlichkeit zählt mehr als Fachwissen
Im Vorstellungsgespräch spielen nicht nur fachliche Aspekte eine Rolle: Die Beurteilung des Bewerbers ist zu ungefähr 70 Prozent von dessen Persönlichkeit geprägt. Etwa 20 Prozent machen dann die Leistungsmotivation und lediglich zehn Prozent die fachliche Kompetenz aus. Letztere wurde bereits durch die Bewerbungsunterlagen ausführlich begutachtet und steht deshalb nicht im Vordergrund. Ein wichtiger Punkt, der sehr viel über die Persönlichkeit aussagt, ist der passende Auftritt. Je nach Branche und Unternehmen sind gewisse Dresscodes üblich, die ja bereits beim Bewerbungsfoto beachtet werden sollten und im Vorstellungsgespräch besonders relevant sind. Wer hier unsicher ist, der kann vielleicht mit einem Blick auf die Firmenhomepage und die Mitarbeiterfotos eine gewisse Orientierung bekommen.
- Die richtige Kleidung wählen
Es muss nicht immer Kostüm und Anzug sein. Oft reicht eine farblich dezente, aber modische Kombination mit einem Business-Hemd und Business-Schuhen. - Salopp geht nicht
Jeans und Turnschuhe sind in den meisten Firmen, aber in der Bewerbungssituation fehl am Platz. Wer zu leger zum Vorstellungsgespräch erscheint, riskiert, dass der Gesprächspartner den Eindruck bekommt, man käme mal eben ganz unverbindlich vorbei anstatt gut vorbereitet und interessiert zu sein. - Pünktlich sein
Seien Sie also auf jeden Fall etwa 15 Minuten früher als zum vereinbarten Termin vor Ort. So haben Sie auch die Chance, sich einen Eindruck von der Unternehmenskultur zu machen. - Die Begrüßung
Begrüßen Sie Ihr Gegenüber daher mit festem Händedruck und .... - ... schauen Sie ihm freundlich und direkt in die Augen.
- Informieren Sie sich vorher über das Unternehmen.
Studieren Sie die Firmen-Website und lesen Sie Presseartikel - Banale Fragen nach der Kantine ...
... oder Parkplätzen sollten Sie aber immer erst stellen, wenn Ihnen bereits ein Angebot vorliegt. - Im Vorstellungsgespräch ...
... sollten Sie für einen angenehmen Gesprächsfluss sorgen. Beantworten Sie Fragen nicht zu knapp, aber kommen Sie auf den Punkt und schweifen Sie nie vom Thema ab. - Fangen Sie nicht bei Ihrer Geburt an, ...
... wenn es gilt, den Lebenslauf zu skizzieren. Stellen Sie stattdessen Highlights heraus, die Ihre Motivation beschreiben und die sich auf Ihre Qualifizierung für die ausgeschriebene Stelle beziehen. - Lästern über vorherige Arbeitgeber, ...
... Chefs und Kollegen ist ein klares Tabu. - Auch Ihr Privatleben...
... geht den Personaler nichts an. - Achtung vertraulich!
Im Vorstellungsgespräch sollte man keine vertraulichen Unterlagen des alten Arbeitgebers präsentieren oder Kundennamen ohne deren Zustimmung präsentieren. - Allgemeine Höflichkeit, Teil 1
Warten Sie, bis man Ihnen einen Stuhl anbietet, bevor Sie sich setzen. - Allgemeine Höflichkeit, Teil 2
Legen Sie Ihr Sakko nur ab, wenn es Ihr Gesprächspartner auch tut oder es Ihnen freistellt, das zu tun. - Allgemeine Höflichkeit, Teil 3
Schalten Sie Ihr Handy auf stumm und planen Sie für das Gespräch genügend Zeit ein, um nicht unter Druck zu geraten und das Gespräch aufgrund eines Folgetermins vorzeitig beenden zu müssen.
Die angemessene Pünktlichkeit
Beim Gesprächstermin ist Pünktlichkeit nicht nur eine Zier, sondern eine unerlässliche Tugend. Jedoch: Bitte nicht auf die Minute genau! Am besten melden Sie sich ungefähr fünf bis zehn Minuten vor Gesprächsbeginn ohne hektische Schweißflecken am Empfang. Wenn Sie allerdings bereits 30 Minuten vor Gesprächsbeginn zum Termin erscheinen, so machen Sie sich wenig Freunde. Schließlich hat Sie noch keiner erwartet, und irgendwo müssen Sie für die nächsten 30 Minuten möglichst störungsfrei untergebracht werden.
In vielen Unternehmen gehört es zum guten Ton, dem Gast eine kleine Erfrischung anzubieten. Kaffee, Tee, Mineralwasser - alles kein Problem, solange Sie keine Sonderwünsche wie Grapefruit- oder Tomatensaft äußern. Sie sind nervös und Ihre Hände zittern ein wenig? Dann verzichten Sie lieber auf den Balanceakt mit der Kaffeetasse und greifen zum Wasserglas. Werden Ihnen alkoholische Getränke angeboten, dann sollten Sie auf jeden Fall ablehnen. Alkohol und auch Zigaretten haben im Vorstellungsgespräch nichts verloren.
Die Gesprächsphasen
Der allgemeine Ablauf eines Vorstellungsgesprächs kann typischerweise in folgende Abschnitte unterteilt werden:
Begrüßung,
Bewerbungsmotive,
beruflicher Werdegang,
persönlicher Hintergrund,
berufliche Kompetenz,
Informationen für den Bewerber,
Arbeitskonditionen,
Fragen des Bewerbers und
Verabschiedung.
Generell sind unzählige Fragen im Vorstellungsgespräch möglich, weshalb an dieser Stelle nur eine Auswahl an besonders wichtigen Themen folgt.
"Bitte erzählen Sie doch etwas über sich.": Diese Aufforderung hinterfragt die Persönlichkeit des Bewerbers. Zugeschnitten auf die jeweilige Firma gilt es hier, mit einer kurzen, prägnanten Botschaft wichtige Aspekte zur eigenen Kompetenz, Leistungsmotivation und persönlichen Eigenschaften zu kommunizieren.
"Warum bewerben Sie sich bei uns?": Bei der Frage empfiehlt es sich, die Positionierung der Firma sowie die eigenen Stärken/Kompetenzen als ideal ergänzend darzustellen.
"Warum sollten wir uns für Sie entscheiden?": Hier sollte der Bewerber zunächst kurz an die Stellenbeschreibung anknüpfen und dann wichtige fachliche sowie berufsbezogene persönliche Eigenschaften (Soft Skills) als Argumente benennen.
"Was erwarten Sie von einer Mitarbeit bei uns?": Darauf gilt es, authentisch die Vorzüge der Firma zu nennen und dann moderat bestimmte Entwicklungs- beziehungsweise Zukunftsperspektiven aufzuzählen.
"Was sind Ihre Stärken?": Hier sollten zwei, drei wichtige Punkte kompetent und gleichzeitig glaubwürdig - also mit kurzen Beispielen, nennenswerten Erfolgen, überzeugenden Argumenten - aufgeführt werden.
- Im Vorstellungsgespräch ...
... müssen Bewerber mit Fragen rechnen, auf die sie sich schwer vorbereiten können. Hier einige Beispiele für verschiedene Arten von unerwarteten Fragen. - Wie definieren Sie Zusammenarbeit?
Die Frage zielt auf ihre Fähigkeit zur Teamarbeit ab. Überlegen Sie, ob die Stelle einen Einzelkämpfer oder Teamplayer erfordert. Legen Sie sich nicht fest, sondern machen Sie deutlich, dass Sie beides können. Eine diplomatische Antwort wäre: Ich arbeite gern in einem Team, in dem jeder seine Ideen und Erfahrungen einbringen kann. Ich traue mir zu, Entscheidungen zu treffen und mit Kollegen an einem Strang zu ziehen. - Worin waren Ihr ehemaliger Chef und Sie nicht einer Meinung?
Hüten Sie sich, über Ihren ehemaligen Chef zu lästern. Darauf warten die Unternehmensvertreter vielleicht nur. Gehen Sie diplomatisch vor und äußern Sie sich nur objektiv und loyal gegenüber ihrem alten Arbeitgeber. - Wie hoch schätzen Sie den Marktanteil von Mercedes in Schweden ein?
Was war Ihre erste Reaktion beim Lesen der Frage? "Was für ein Blödsinn" oder "Woher soll ich das wissen“. Es wäre Zufall, wenn Sie auf diese Art Frage eine eindeutige Antwort parat hätten. Der Interviewer möchte einen Lösungsweg hören. Nennen Sie keine Zahl. Denken Sie laut! Damit zeigen Sie, dass Sie logisch und analytisch denken und dass Sie mit Zahlen umgehen können. Erscheint Ihnen die Frage zu allgemein oder ist sie Ihnen unklar, stellen Sie Rückfragen, wie "Wenn Sie von Mercedes in Schweden sprechen, meinen Sie dann den Marktanteil der PKWs oder LKWs?". - Auch bei Gruppendiskussionen in Assessment Centern ...
... geht es nicht um die Lösung, sondern um die Art, wie die Gruppe eine Lösung erarbeitet und wie Sie zu dieser beizutragen. Auch bei scheinbar unbeantwortbaren Fragen im Vorstellungsgespräch ist nur gefragt, wie Sie an ein Problem herangehen.
Fragen des Bewerbers
Es ist wichtig, zum richtigen Zeitpunkt auch eigene Fragen zu stellen. Denn an klugen Fragen erkennt man den interessierten und motivierten Bewerber. Hierzu gehören: Aufgabengebiet, Zuständigkeit, Verantwortung oder Kooperationspartner. In Zeiten vielfältiger Flexibilität sollte bei Firmen mit mehreren Standorten beziehungsweise Filialen nach dem konkreten Einsatzort oder auch möglichen Wechseln von Niederlassung zu Niederlassung gefragt werden. Wem hier, beispielsweise durch familiäre Verpflichtungen, bestimmte Grenzen gesetzt sind, der sollte dieses Problem vor Dienstbeginn ausführlich besprechen. Generell gilt: Der Abschnitt mit den Bewerberfragen sollte nie mit Erkundigungen zum Umfang der Urlaubsansprüche oder gar der Gehaltsfrage begonnen werden.
- Frage im Vorstellungsgespräch
Was verdienen Sie derzeit? - Antwort des Bewerbers
Meine Gehaltserwartung bewegt sich in der branchenüblichen Spanne zwischen 24.000 und etwa 36.000 Euro. - Antwort des Bewerbers, Alternative
Ich stelle mir ein Gesamteinkommen mit Vergünstigungen und Zuschlägen um die 50.000 Euro vor. - Jürgen Hesse, Karrierecoach
Es ist legitim, sein Jahresgehalt mit Sonderzuschlägen und Vergünstigungen aufzurunden. Insbesondere wenn Sie in einer Branche arbeiten, in der Zuschläge usw. gezahlt werden. - Frage im Vorstellungsgespräch
Was möchten Sie bei uns gerne verdienen? - Antwort des Bewerbers, 1. Alternative
"Mein Gehalt sollte sich an meiner Qualifikation, meiner Leistung und meinen Erfahrungen orientieren. Was sind Ihnen diese wert?" - Antwort des Bewerbers, 2. Alternative
Darf ich Sie fragen wie diese Position budgetiert ist? - Antwort des Bewerbers, 3. Alternative
Da ich bereits über umfangreiche Erfahrungen in der von Ihnen ausgeschriebenen Position verfüge, möchte ich gern zwischen 36.000 und 40.000 Euro verdienen. - Frage im Vorstellungsgespräch
Warum möchten Sie den Arbeitsplatz wechseln, obwohl Sie bei uns weniger verdienen würden? - Karierecoach Jürgen Hesse
Hier zählt es, sich für die Gehaltsverhandlung eine glaubhafte Erklärung zurecht zu legen. - Antwort des Bewerbers, 1. Alternative
Diese Entscheidung habe ich mir sehr gut überlegt. In meiner derzeitigen Position verdiene ich zwar besser, aber: es gibt jedoch keine beruflichen Weiterentwicklungsmöglichkeiten, wie sie in Ihrer Firma vorhanden sind. - Antort des Bewerbers, 2. Alternative
Ich möchte jedoch langfristig in der X-Branche arbeiten. Bedingt durch den Branchenwechsel bin ich zunächst zu Gehaltseinbußen bereit. - Antwort des Bewerbers, 3. Alternative
Bei Ihnen kann ich jedoch mein Ziel realisieren, an dem Wunsch-Projekt X mitzuarbeiten.
Abschied und Ausblick
Am Ende des Vorstellungsgesprächs folgt die Verabschiedung. Gestalten Sie dieses Ritual nicht nur freundlich und sympathisch, sondern erkundigen Sie sich auch über den konkreten weiteren Ablauf. Formulierungen wie "Sie hören von uns." sollten höflich hinterfragt werden: "Wann genau höre ich von Ihnen?". Es gilt, den weiteren Austausch zeitlich zu koordinieren und nicht auf eine wage Andeutung blind zu vertrauen.