Process Mining vs. BI

Das ABC der Big-Data-Technologien

11.10.2018
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Bastian Nominacher ist Vordenker bei Process Mining und Big Data-Analyse-Verfahren. Als Co-CEO und Mitgründer des Technologie-Startups Celonis hat er Process Mining als neue Disziplin mitbegründet und entwickelt sie weiter. Dabei hilft ihm der enge Kontakt zu Kunden – Konzernen wie Siemens, Bayer, RWE, Vodafone oder mittelständischen Unternehmen – genauso wie die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen. Sein Wissen teilt er im Rahmen der Start-up-Beratung der TU München.
Es gibt viele Wege, aus Daten Gewinn zu ziehen. Vor der Auswahl der Technologie sollte man sich deshalb die Frage stellen: Was will ich mit der Datenanalyse erreichen?

Wer heute seine Daten auswerten will, steht vor einer Vielzahl von Möglichkeiten und einer Flut an Begrifflichkeiten, die eine Auswahl nicht gerade leicht machen. Rund um den Begriff Big Data haben sich Lösungs-Cluster gebildet, deren Sinn gerade für Einsteiger schwer zu durchschauen ist – jede Technologie hat ihren eigenen Zweck und ihre eigene Art, mit Daten umzugehen. Wo das neue Analysewerkzeug Process Mining zwischen anderen Methoden und Begriffen wie Business Intelligence anzusiedeln ist, wie es funktioniert und wie Unternehmen letztlich davon profitieren – darüber soll der folgende Beitrag Aufschluss geben.

Data Mining – es geht nicht ohne

Der eigentliche Wert der Daten liegt in ihrer Auswertung. Der gesamte Prozess der Vorverarbeitung, Suche und Auswertung, also die systematische Nutzung von statistisch-mathematischen Methoden mit dem Ziel der Mustererkennung, wird unter dem Begriff Data Mining zusammengefasst.

Predictive Analytics Studie IDG Research Services
Predictive Analytics Studie IDG Research Services

Technisch gesehen werden beim Data Mining Algorithmen verwendet, welche dabei helfen, Zusammenhänge zwischen den Daten herzustellen. Natürlich wird vorrangig nach Korrelationen gesucht, die zu Entscheidungen beitragen. Data Mining wird damit in jeder intelligenten Auswertung angewendet – die Frage ist nur, unter welchen Gesichtspunkten.

BI (Business Intelligence): Die Suche nach dem Schatz in den Daten

Business Intelligence (BI)-Plattformen umfassen Verfahren und Prozesse zur Sammlung, Auswertung und Darstellung von Daten mit dem Ziel, Kosten zu senken, Risiken zu minimieren und die Wertschöpfung zu vergrößern. Ausgewertet werden können alle möglichen KPIs – Informationen über das eigene Unternehmen, die Mitbewerber, Kunden oder die Marktentwicklung. Voraussetzung dabei: Anwender müssen genau festlegen, was sie untersuchen wollen – und was das Ziel ihrer Analyse ist. BI nutzt multidimensionale Analysen, um Daten in Zusammenhang miteinander zu bringen, Muster und Diskontinuitäten aufzuzeigen und vorher definierte Fragen zu beantworten.

Der Ansatz, vor der Analyse Auswertungskriterien in einem BI-Dashboard festzulegen, stellt in sich eine Limitierung dar, da dabei nur Teile eines Prozesses oder bestimmte Daten und Korrelationen beleuchtet werden. Weiß man immer vorab, was relevant ist? Klassische BI-Anbieter, die sich zunächst darauf konzentrierten, immer mehr Datenquellen und auch unstrukturierte Daten (etwa aus Social Media) anzubinden, legten einen neuen Fokus auf freiere Analysemöglichkeiten.

Process Mining: Den „echten“ Prozess visualisieren und optimieren

Im Unterschied zu BI, das den Blick primär auf einzelne Kennzahlen richtet und viele punktuelle Einsichten bietet, gründet die innovative Big-Data-Technologie Process Mining auf einem umfassenderen Ansatz: Hier werden keine einzelnen KPIs, sondern Prozesse end-to-end und auf ihre Effizienz hin analysiert – und dabei exakt so dargestellt, wie sie in der Realität ablaufen.

Process Mining sammelt die digitalen Prozesspuren im Unternehmen und setzt diese so zusammen, dass Prozessabläufe von Anfang bis Ende und in all ihren möglichen Variationen visualisiert werden können. Dank der neu gewonnenen Transparenz können Unternehmen Schwachstellen und Ineffizienzen sowie Abweichungen vom Soll in Echtzeit identifizieren – unabhängig davon, in welchem IT-System Process Mining genutzt wird.

Dieser Ansatzpunkt im eigenen Hoheitsraum ermöglicht eine zielgerichtete Optimierung der internen Abläufe und verspricht so einen sehr schnellen ROI. Anwender müssen sich dabei nicht auf vordefinierte Fragestellung festlegen. Sie können einen unbefangenen Blick auf ihre Prozesse werfen, bisher unbekannte Probleme identifizieren und die richtigen Handlungsmaßnahmen bei Engpässen sowie Optimierungspotenziale ableiten. Im Gegensatz zu BI lassen sich mit Process Mining Antworten auf die Fragen finden, wann, wo und warum es zu Problemen beisielsweise in der Supply Chain gekommen ist.

Das hält die Zukunft bereit

Mit diesen Datenanalyse-Lösungen ist das Ende der Entwicklungen noch lange nicht erreicht. Big-Data-Technologien setzen immer mehr auf Automatisierung und Machine Learning. Die ersten Schritte in diese Richtung sind gemacht. Im Bereich Process Mining ermöglichen Machine-Learning-Funktionen schon heute die automatische Ursachenanalyse sowie die Ableitung von konkreten Handlungsempfehlungen aus den Ergebnissen der Prozessanalyse.

Die Entwicklung steht hier noch am Anfang ihrer Möglichkeiten und lässt noch einiges erwarten. Künstliche Intelligenz wird für Unternehmen in Zukunft ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein. Mit wenig Aufwand möglichst viele Daten im Unternehmen nutzbar und für die gezielte Optimierung verfügbar zu machen – darum wird es künftig mehr denn je gehen.