IoT-Projekte eröffnen Unternehmen neue Chancen, ihre Geschäftsmodelle anzupassen sowie neue Lösungen zu entwickeln oder Produkte zu optimieren. Allerdings gelingt das nicht immer. Hier die fünf häufigsten Faktoren für das Scheitern von IoT-Projekten - und Tipps, wie Unternehmen ihre Initiativen zum Erfolg führen können
1. Viel Technik, wenig Kundenfokus
In komplexen IoT-Projekten kommt es häufig vor, dass die technischen Anforderungen mehr Beachtung finden als die Kundenbedürfnisse. Der Fokus auf den Kundennutzen geht verloren, da zu viel Zeit für technische Aspekte verbraucht wird. Ausschlaggebend für den Erfolg von IoT-Projekten ist aber der Mehrwert des Produktes. Nur wenn alle Projektbeteiligten auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten und eine konkrete Vorstellung vom Ergebnis haben - also der Business Value klar definiert ist - kann ein IoT-Projekt erfolgreich sein.
Welches Problem lösen wir mit unserem Produkt? Was ist der Nutzen für unseren Kunden? Diese zentralen Fragen, sollten Projektverantwortliche sich während ihres IoT-Projekts immer wieder stellen, damit der Fokus auf das Wesentliche nicht verloren geht. Wenn aus den Bedürfnissen der Kunden konkrete Optimierungen erfolgen, Anwendungen nutzerorientierter gestaltet werden und so die Kundenperspektive eine tatsächlich zentrale Rolle spielt, sind die Grundvoraussetzungen für den Erfolg geschaffen.
2. Unterschiedliche Erwartungshaltungen
Bei umfangreichen IoT-Projekten wirken häufig viele Beteiligte aus unterschiedlichen Aufgabenfeldern und Fachgebieten mit. In komplexen und technischen Anwendungsfeldern gibt es Schlagworte, die bei den verschiedenen Parteien unterschiedliche Erwartungen erzeugen.
Bei IoT-Projekten gibt es zahlreiche Abhängigkeiten zwischen digitalen und physischen Systemen. Dementsprechend wichtig ist es, dass Anforderungen und Ziele klar und deutlich formuliert werden, damit sie von allen verstanden werden. Nur wenn alle Projektmitglieder dasselbe Ziel verfolgen, kann eine erfolgreiches Ergebnis zustande kommen. Einfache und gut verständliche Formulierungen ohne unnötige Buzzwords sind der beste Weg zu einem gemeinsamen Zielbild. Unnötig komplexe Formulierungen sowie Modebegriffe ohne klare Definition verwirren nur und stellen eine zusätzliche Gefahr für jedes IoT-Projekt dar.
- 1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen. - 2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia. - 3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv. - 4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt. - 5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet. - 6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann. - 7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht. - 8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software. - 9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist. - 10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat. - 11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3. - 12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen. - 13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren. - 14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes. - 15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden. - 15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.
3. Unterschiedlicher Wissensstand
Für den Erfolg von digitalen Projekten sind starke Partnerschaften unerlässlich. Durch den Umfang von IoT-Projekten werden unterschiedlichste Spezialisten benötigt, um alle Anforderungen erfüllen zu können. Entsprechend kommen zahlreiche Parteien aus vielfältigen Aufgabenfeldern zusammen. Umso wichtiger ist es für das Management, alle Stakeholder rechtzeitig und regelmäßig zu informieren. Partner sollten frühzeitig in jegliche Entscheidungen involviert sein, damit es nicht zu Wissenslücken oder gar verpassten Chancen kommt.
Wenn alle stets auf dem gleichen Wissensstand sind und Partner rechtzeitig ihre Expertise mit einfließen lassen können, steigen die Erfolgschancen eines IoT-Projekts um ein Vielfaches. Projektverantwortliche können so außerdem Missverständnissen vorbeugen und letztlich den Projektablauf optimieren sowie Zeit und Kosten für unnötige Schleifen einsparen.
Am Anfang eines IoT-Projekts ist es deshalb empfehlenswert, eine Themen-Checkliste festzulegen, die als Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen den Partnern dient. Die Planung und Konzeptionierung von IoT-Projekten ist bereits in der Anfangsphase sehr komplex und es ist in der Praxis nicht unüblich, dass Dinge vergessen oder Ressourcen- und Projekt-Setup falsch eingeschätzt werden. Umso bedeutender sind gleichberechtigte Partnerschaften.
4. Unterschätzte Kostenentwicklung
In der Praxis gestalten sich IoT-Projekte viel dynamischer als Unternehmen es von bisherigen Vorhaben kennen. Ein linearer Budgetverlauf ist für innovative IoT-Projekte schlichtweg nicht möglich. Durch das Aufeinandertreffen verschiedener Interessenvertreter fällt eine realistische Beurteilung von bestehenden Anwendungsbeispielen häufig schwer - gerade zu Beginn fehlt meist das gemeinsame Verständnis.
Wenn technische Aspekte im Vordergrund stehen, wird viel Geld und Zeit in die Implementierung verschiedener Soft- und Hardware investiert. Verantwortliche lassen bei einer solchen Herangehensweise aber außer Acht, dass sich Betriebs- und Implementierungskosten maßgeblich unterscheiden. Der Markterfolg hängt entscheidend davon ab, den gesamten Projektlebenszyklus einer IoT-Lösung und ihrer Schnittstellen zu beleuchten.
5. Unausgereifte Unternehmenskultur
Der Erfolg von IoT-Projekten hängt zu einem wesentlichen Teil auch von der herrschenden Unternehmenskultur ab. Wenn diese unklar oder zu stark auf traditionelle Projekterwartungen ausgerichtet ist, wird sich das ebenfalls negativ auf die Kommunikationsstruktur und den Umgang mit innovativen Ansätzen auswirken.
Der wesentliche Erfolgsfaktor eines IoT-Projekts liegt in dessen Leitung. Verantwortliche müssen sich im Verlauf des Projekts immer wieder neuen Herausforderungen und Komplexitäten stellen. Um ihren Aufgaben gerecht zu werden, sollten sie daher alle Partner frühzeitig mit in Entscheidungsprozesse einbinden und auf eine konstruktive Fehlerkultur setzen. Durch ein entscheidungsfreudiges Management mit klaren Kommunikationswege werden die Mitarbeiter für die Bedürfnisse der Kunden und den Mehrwert des Produktes sensibilisiert. Wenn alle im gleichen Boot sitzen, keine Angst vor dem Scheitern haben und sich auf den Kundennutzen konzentrieren, gelingen IoT-Projekte wesentlich leichter.
Problem erkannt, Problem gebannt?
IoT-Projekte stellen für Verantwortliche auf verschiedensten Ebenen Herausforderungen dar. Transparente Entscheidungen, klare Kommunikationsstrukturen und flexible Reaktion auf unvorhergesehene Entwicklungen sind wichtige Erfolgsfaktoren. Darüber hinaus können Innovationen meist nur mit starken Partnernetzwerken effizient vorangebracht werden. Gerade weniger erfahrene Unternehmen tun gut daran, IoT-Projekte aufgrund ihrer Komplexität als separate Unternehmungen zu behandeln, um mit ihrer hohen Dynamik und geringen Planbarkeit besser umzugehen. (mb)