Als das Time Magazine Java zu einem der 10 besten Produkte des Jahres 1995 kürte, war eine neue US-amerikanische Marketing-Legende geboren. Wer weiß, ob die Technologie von Sun Microsystems so gut abgeschnitten hätte, wäre ihr Name "Oak" oder "Greentalk" geblieben - zwei der frühen Namensoptionen.
Die Grundlagen der Java-Erfolgsgeschichte sind bekannt: Verschenken Sie eine elegante, quelloffene Programmierumgebung und die Welt wird Ihnen zu Füßen liegen. Die Menschen, die damit beauftragt waren, eine Brand Identity für die Programmiersprache von Sun zu schaffen, entschieden sich für eine Kaffeemetapher, um bei den Anwendungsentwicklern der nächsten Generation im Gedächtnis zu bleiben.
Dieses Gruppeninterview, das ursprünglich im Jahr 1996 von unserer damaligen US-Schwesterpublikation JavaWorld veröffentlicht wurde, bietet einen Rückblick darauf, wie Java zu seinem Namen kam - und was es mit dem Kaffee auf sich hat.
Die damaligen Gesprächspartner:
James Gosling, Erfinder von Java
Kim Polese, Produktmanagerin bei Sun Microsystems
Eric Schmidt, Chief Technology Officer bei Sun Microsystems
Arthur van Hoff, leitender Softwareingeniuer bei Sun Microsystems
Sami Shaio, Engineer bei Sun Microsystems
Timothy Lindholm, Engineer bei Sun Microsystems
Chris Warth, Software Engineer bei Sun Microsystems
Frank Yellin, leitender Softwareingenieur bei Sun Microsystems
Wie Java Java wurde
Frank Yellin: Unsere Anwälte hatten uns gesagt, dass wir den Namen 'OAK' nicht verwenden dürfen. Der war bereits von Oak Technologies patentiert worden. Also wurde eine Brainstorming-Sitzung abgehalten, um Ideen für einen neuen Namen zu sammeln. An dieser Sitzung nahmen alle Mitglieder der so genannten "Live Oak"-Gruppe teil, also alle, die aktiv an der neuen Sprache arbeiteten. Im Ergebnis wurden etwa zehn mögliche Namen ermittelt. Die wurden dann der Rechtsabteilung vorgelegt. Drei davon wurden für gut befunden: Java, DNA und Silk. Niemand kann sich daran erinnern, wer zuerst auf den Namen "Java" gekommen ist. Soweit ich weiß, hat nur eine Person öffentlich behauptet, der Namensgeber zu sein.
Kim Polese: Ich habe Java benannt. Ich habe viel Zeit und Energie darauf verwendet, weil ich den perfekten Namen finden wollte. Etwas, das die Essenz der Technologie widerspiegelt: dynamisch, revolutionär, lebendig, lustig. Weil diese Programmiersprache so einzigartig ist, wollte ich unbedingt nerdige Namen vermeiden. Ich wollte auch nichts mit 'net' oder 'web', das wäre viel zu generisch gewesen. Mein Ziel war es etwas Cooles, Einzigartiges zu kreieren - leicht zu buchstabieren und auszusprechen. Ich versammelte das Team in einem Raum, schrieb einige Begriffe wie 'dynamic', 'alive', 'jolt', 'impact', 'revolutionary' usw. an die Tafel und leitete das Brainstorming. Der Name Java tauchte während dieser Sitzung auf. Andere Namen waren DNA, Silk, Ruby und WRL, für WebRunner Language - igitt!
Sami Shaio: Schwer zu sagen, aus welcher Ecke der Name 'Java' zuerst kam, aber er landete auf der Liste der Kandidaten - zusammen mit Silk, Lyric, Pepper, NetProse, Neon und einer Reihe von anderen, die zu peinlich waren, um sie zu erwähnen.
Chris Warth: Einige andere Kandidaten waren WebDancer und WebSpinner. Obwohl das Marketing einen Namen wollte, der eine Assoziation mit dem Web impliziert, denke ich, dass wir sehr gut daran getan haben, einen anderen Namen zu wählen. Java wird wahrscheinlich in Anwendungen fernab des Internets ein echtes Zuhause finden, daher ist es gut, dass es nicht schon früh in eine Schublade gesteckt wurde.
James Gosling: Das Meeting, das von Kim Polese organisiert wurde, war im Grunde genommen kontinuierliches Chaos. Einige Teilnehmer schrien einfach nur Begriffe. Wer was genau zuerst gebrüllt hat, weiß man nicht - und es ist auch unwichtig. Ich hatte das Gefühl, dass mindestens das halbe Oxford Dictionary gebrüllt wurde. Außerdem wurde lebhaft über die Vor- und Nachteile einzelner Namen diskutiert. Am Ende haben wir uns auf ein Dutzend Namen beschränkt und sie unseren Anwälten übergeben.
Timothy Lindholm: Wir waren wirklich angewidert und erschöpft von dem Marathon-Hacking, das wir zu der Zeit betrieben hatten. Aber wir standen unter Zeitdruck, einen Namen zu finden. Ich kann mich nicht erinnern, dass es einen Verfechter des Vorschlags 'Java' gab. Die Menschen, mit denen ich darüber gesprochen habe, sind davon überzeugt, dass der aus der Gruppendynamik heraus enstanden ist.
Was es mit dem Kaffee auf sich hat
Arthur van Hoff: Ich glaube, der Name wurde zuerst von Chris Warth vorgeschlagen. Wir waren schon seit Stunden in diesem Meeting und während er eine Tasse Kaffe der Marke 'Peet's Java' trank, wählte er 'Java' als Beispiel für einen weiteren Namen, der niemals funktionieren würde. Die ersten Reaktionen waren gemischt. Ich glaube aber, dass die endgültigen Kandidaten Silk, DNA und Java waren. Ich schlug Lingua Java vor, aber das hat nicht geklappt. Die anderen Namen konnten wir nicht als Markenzeichen schützen lassen, also fiel die Wahl auf Java. Schließlich segnete unsere Marketing-Beauftragte, Kim Polese, den neuen Namen ab.
Polese: Ich habe die Namen auf Partys, bei Freunden und Familienmitgliedern testweise vermarktet. Und Java bekam von allen Kandidaten die meisten positiven Reaktionen. Da es nicht sicher war, dass wir diesen Namen markenrechtlich schützen lassen konnten, wählte ich drei oder vier Alternativen und arbeitete mit unserer Rechtsabteilung daran. Java hat bestanden und war mein Favorit, also habe ich die Sprache Java genannt und den Browser HotJava - übrigens ein viel besserer Name als 'WebRunner'. Es fiel den Softwareingenieuren schwer, sich von 'Oak' zu trennen, aber schließlich gewöhnten sie sich daran. Ich war der Meinung, dass das Branding sehr wichtig war - ich wollte, dass Java zu einem Standard wird. Also habe ich mich darauf konzentriert, eine starke Marke aufzubauen.
Yellin: Jeder konnte Java, DNA und Silk in der Reihenfolge seiner Präferenz einstufen. Der Name mit den meisten Ja-Stimmen erhielt gleichzeitig die meisten Nein-Stimmen. Also wurde er fallen gelassen. Von den verbleibenden zwei Namen erhielt Java die meisten Stimmen. So wurde er zum bevorzugten Kandidaten.
Shaio: Es war ein Zweikampf zwischen Silk und Java, und Java hat sich durchgesetzt. James Gosling schien Java gegenüber Silk zu bevorzugen. Kim Polese hatte das letzte Wort über den Namen, da sie die Produktmanagerin war. Aber die meisten Entscheidungen wurden damals im Konsensverfahren getroffen.
Eric Schmidt: Kim legte dar, dass wir einen neuen Namen wählen mussten, weil 'Oak' - an den wir alle gewöhnt waren - bereits vergeben war. Wenn ich mich recht erinnere, schlug sie zwei Namen vor, Java und Silk. Von den beiden bevorzugte sie Java und vertrat die Ansicht, dass das Live Oak-Team damit einverstanden war. Bert und ich beschlossen, ihrer Empfehlung zuzustimmen, und die Entscheidung war gefallen. Aus diesen Gründen halte ich es für richtig, Kim die Anerkennung für den Namen zu geben. Sie hat ihn uns präsentiert und verkauft und ihn dann entsprechend umgesetzt.
Chris Warth: Aber ich glaube mich daran zu erinnern, dass Kim anfangs nicht begeistert von 'Java' war. Zu dieser Zeit versuchten wir auch, unseren Browser von WebRunner - der bereits von Taligent übernommen worden war - in etwas umzubenennen, das noch nicht als Marke geschützt war. Kim wollte Namen wie WebSpinner oder sogar WebDancer - etwas, das deutlich machen würde, dass es sich um ein World-Wide-Web-Produkt handelte. Die Markenrecherche wurde durchgeführt und nach einigen Wochen kam eine kurze Liste mit freigegebenen Namen zurück. Es schien eine endlose Reihe von Meetings und Genehmigungen erforderlich zu sein - als ob der Name tatsächlich von Bedeutung wäre. Kim wollte, dass wir die Freigabe aufschieben, damit wir etwas Besseres als Java finden, aber sie wurde von den Ingenieuren überstimmt - insbesondere von James und Arthur van Hoff und mir.
Irgendwann sagte James, dass wir uns für Java und HotJava entscheiden würden, und Kim schickte eine E-Mail, in der sie uns bat, auf andere Namen zu warten, die sich anbieten würden. James lehnte ab und sagte ihr, dass wir mit dem arbeiten würden, was wir hatten. Wir haben dann einfach den Quellcode schnell umbenannt und die Version herausgegeben. Ich glaube, die Marketing-Experten und das Management hatten am Ende weit weniger mit der Namensgebung zu tun, als die Softwareingenieure, die unbedingt etwas herausbringen wollten. Ich glaube, Kim schreibt die Geschichte ein wenig um, wenn sie behauptet, diesen Namen aus Marketing-Gründen gewählt zu haben. Wir haben uns für 'Java' entschieden, weil uns die Möglichkeiten ausgingen und wir unser Produkt auf den Markt bringen wollten. Die Marketing-Rechtfertigungen kamen erst später hinzu.
Schlaflos in Palo Alto
Warth: Ich behaupte nicht, dass ich derjenige war, der den Namen als erster vorgeschlagen hat. Aber wir haben definitiv 'Peet's Java' getrunken. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, wer es zuerst ausgesprochen hat. Ich und James und die anderen Engineers waren der Meinung, dass wir es 'xyzzy' nennen könnten und es trotzdem beliebt wäre. Letztendlich ist es egal, wer den Namen ursprünglich vorgeschlagen hat, denn es war letztlich eine Gruppenentscheidung - unterstützt von reichlich Koffein.
Timothy Lindholm: Die Namensgebung von Java wurde nicht von einem Individuum vorgenommen, sondern war das Produkt einer kreativen und engagierten Truppe, die sich sehr bemühte, ihre Ziele zu erreichen. Lassen Sie sich nicht davon täuschen, wie Einzelpersonen und die Medien viele Elemente der Entstehung von Java im Nachhinein für ihre eigenen Zwecke gefiltert haben. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation InfoWorld.