Schnelle Ergebnisse und überschaubare Budgets für einzelne Projektschritte - mit diesen Merkmalen haben agile Projektmethoden in den vergangenen Jahren eine wachsende Zahl von Unternehmen überzeugt. Möglich wird das durch sogenannte "Sprints". Diese kurzen Abstimmungszyklen fördern eine intensive und klar strukturierte Kommunikation zwischen Kunden und Projektteams, lassen Raum für fachliche Veränderungen und erlauben schnelle Ergebnisüberprüfungen.
- Das fertige Puzzle
So sieht das fertige Puzzle aus: neun Teile, die sich in drei inhaltlich definierte Reihen fügen. - Die obere Reihe
Bei Strategien und Zielen sind die Anwender signifikant weiter als anderswo. Anders gesagt: Die linke obere Ecke des Puzzles haben die meisten bereits richtig platziert. - Die mittlere Reihe
Tückisches Teil: Am schwersten fällt es den Unternehmen, für kulturelle Harmonie in der IT zu sorgen. - Die untere Reihe
DevOps benötigt die richtigen Tools sowie Sicherheits- und Compliance-Instrumente. Die Analysten nennen als ein Beispiel Lösungen für Release Automation. - Performance im Markt
Anwender, die einen großen Teil des Puzzles zusammengesetzt haben, erweisen sich auf dem Markt als leistungsstärker. Das zeigt diese Grafik. - Effekt in der Scorecard
Ganzheitliche DevOps-Anwender profitieren auch bei den KPIs der Business Scorecard. Das zeigt sich in dieser Grafik. Überraschend ist allerdings der geringe Abstand zwischen DevOps-Abstinenzlern und Anwendern mit limitiertem Einsatz.
Genau diesen Projektansatz hat Peter Lorenz, Leiter der Abteilung Dokumentenmanagement (DM) bei der Concordia, für die Entwicklung einer "DM-App" in Zusammenarbeit mit dem Hamburger IT-Dienstleister direkt gruppe gewählt. Lorenz erklärt: "Die Methodik ergab sich aus der Tatsache, dass der ganze Umfang des Projektes bei seinem Start nicht klar umrissen werden konnte." Denn anders als der Name DM-App vermuten lässt, ging es bei dem Projekt nicht um eine Smartphone-Anwendung mit begrenzter Funktionalität. Vielmehr sollte ein Bestellportal entstehen, das die interne Vermarktung, Bestellung und Abrechnung der angebotenen Waren und Dienstleistungen von Lorenz' Abteilung unterstützt.
Die Unternehmensgruppe Concordia mit Hauptsitz in Hannover bietet seit 150 Jahren Versicherungslösungen für Privatkunden, Gewerbebetriebe und die Landwirtschaft. Bundesweit zirka 1200 Mitarbeiter und ein dichtes Netz von Concordia Vertretungen und Geschäftspartnern betreuen mehr als 1,3 Millionen Kunden. Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit stellt mit seinen Tochtergesellschaften eine Gemeinschaft mit etwa 2,4 Millionen Verträgen und rund 824 Millionen Euro Beitragseinnahmen dar (Stand 2015).
Angebotsvielfalt - Stärke und Problem zugleich
Die Abteilung DM arbeitet als interner Dienstleister für die Fachabteilungen der Concordia. Kernaufgabe ist die Dokumenten-Logistik des Unternehmens. Dazu gehören die digitale Ablage und Weiterleitung von zirka 92 Prozent aller Posteingänge an Folgeprozesse in den Fachabteilungen. Im Jahr 2015 verteilten sich die Anteile bei etwa sieben Millionen Seiten Post wie folgt: 33 Prozent Papier, 17 Prozent Faxe, 32 Prozent E-Mails und 18 Prozent für Archivdaten.
DM sorgt beispielsweise dafür, dass bei der Bearbeitung eines bestimmten Kundenschreibensautomatisch das passende Template beim Sachbearbeiter geöffnet und mit den relevanten Daten aus dem Kundenschreiben vorausgefüllt wird. Die Mitarbeiter der Abteilung entwickeln Formulare, unterstützen Kampagnen und digitalisieren Aktenarchive.
Neben der oben erwähnten digitalen Zustellung versendet DM monatlich fast 28.000 Briefe an durchschnittlich 6900 Partner und Agenturen auf dem Postweg. Zudem berät die Abteilung 15 Fachbereiche beim Erstellen und Ändern von Formularen und sonstigen Dokumenten. Auch der personalisierte Versand an Endkunden gehört zum Portfolio. Die Vielfalt des Angebots ist eine der großen Stärken des internen Dienstleisters - neben der hohen Flexibilität, Qualität und Termintreue.
Sie ist aber auch ein Problem. Denn in der historisch gewachsenen Abteilungsstruktur hatte zwischenzeitlich niemand mehr Zugriff auf alle Informationen über alle Produkte und Dienstleistungen, weil sie sich über die E-Mail-Postfächer der Mitarbeiter verteilten. "Wollten wir die Informationen zusammentragen, war das Ergebnis oft eine Excel-Datei, die schon beim Versand nicht mehr aktuell war, weil es mehrere Tage gedauert hatte, sie zusammenzustellen", beschreibt Lorenz die Ausgangssituation.
"Keiner wusste, was herauskommen soll"
Künftig sollten alle Waren und Dienstleistungen von DM in einem Warenkorb zusammengefasst und in einem unternehmensweiten Bestellportal angeboten werden. Dazu waren Katalogisierung und Digitalisierung aller für die interne Vermarktung, Bestellung und Abrechnung notwendigen Informationen erforderlich. Lorenz und sein Team wollten die DM-Prozesse mit einer maßgeschneiderten Fachanwendung vereinfachen, beschleunigen und transparenter machen.
Das hieß: Daten strukturieren, zentral speichern und allen Mitarbeitern und Abteilungen sofort dezentral zur Verfügung stellen. Dadurch haben die DM-Kunden einen Überblick über Stammdaten und Geschäftsvorgänge. Mit digitalen Laufzetteln lassen sich zudem Workflows abbilden, Zuständigkeiten eindeutig delegieren und Abteilungsvorgänge besser messen.
Ein System von der Stange erschien Lorenz für die anstehenden Aufgaben nicht geeignet: "Damit hätten wir uns zu einem Zeitpunkt festlegen müssen, an dem die Prozesslandkarte noch gar nicht klar gezeichnet war." Hinzu kam: Die begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen ließen keine Einführung einer fertigen Lösung nach der Big-Bang-Methodezu. Das DM-Team brauchte deshalb maximale Flexibilität und die Möglichkeit, mit kleinen Schritten schnell vorzeigbare Ergebnisse zu produzieren. Vieles sprach also für einenagilen Ansatz. Für Lorenz blieb die Frage: "Wie gewinnt man Vertrauen in ein Vorgehen, bei dem am Anfang nicht klar ist, was am Ende tatsächlich herauskommt? Zumal wir ja nicht einmal exakt wussten, was herauskommen soll."
Der Leiter der DM-Abteilung löste das Dilemma, indem er externes Know-how hinzuzog. Nach kurzer, aber intensiver Beratung mit Sebastian Schulze, Senior Software Developer und Leiter des E-Commerce-Teams bei solutions direkt, einem Tochterunternehmen der direkt gruppe, stand fest: "Wir müssen beweisen, dass es funktioniert". Binnen weniger Tage erarbeiteten die Spezialisten der direkt gruppe ein Grobkonzept und entwickelten einen Prototyp. "Das war der ausschlaggebende Moment, der uns überzeugt hat, den agilen Weg zu gehen", erinnert sich Peter Lorenz.
Neuerungen schnell in den Projektfahrplan aufnehmen
Auf Basis des Grobkonzepts verabschiedete das Team dann die Roadmap für die Umsetzung. Im vierzehntägigen Rhythmus wurden der aktuelle Projektstatus präsentiert und etwaige Kurskorrekturen eingearbeitet. Dabei sah sich das Team schon früh mit einer grundlegenden Änderung konfrontiert: Die Ausweitung des Maklervertriebs führte dazu, dass der Vertrieb einen Relaunch seines Bestellportals startete, in dem Außendienstler und Makler beispielsweise verkaufsfördernde Artikel wie Kugelschreiber, Post-its oder Eiskratzer fürs Auto mit Werbeaufdruck anfordern können. Oder auch komplette Büroausstattungen für Außendienstfilialen.
Für sein Portal nutzt der Vertrieb die Lösung Marketing One des niederländischen Anbieters Paragon. "Damit hatten wir plötzlich eine neue Zielsetzung", berichtet Lorenz. Nun ging es darum, das eigene Leistungsangebot so aufzubereiten, dass es in das Bestellportal des Vertriebs integriert werden konnte. Dank desagilen Vorgehens konnte diese Neuerung jedoch einfach in den Projektfahrplan aufgenommen werden. Als Meilensteine auf der Roadmap definierte das Team:
Konsolidierung des Angebots durch Zusammenstellen des Warenkorbs und Abbilden in einer Datenbank,
Implementierung von Funktionen für interne Angebote und Rechnungen,
Verknüpfung mit dem zentralen Bestellwesen in Marketing One.
Bei der Entwicklung ihrer DM-App verwendet die Concordia "Behaviour Driven Development" (BDD) mit der Domänensprache "Gherkin". Die damit verfassten Anforderungen werden mithilfe des Softwaretools "Cucumber" in automatisierte Tests überführt. Der wichtigste Grund für den BDD-Ansatz war, dass die beschränkten Ressourcen keinen täglichen Kontakt mit dem Fachbereich erlauben, sodass es sinnvoll erschien, die Akzeptanzkriterien für Storys zumindest teilweise ohne direkten Kontakt zum Fachbereich prüfen zu können. Generell richtet das Projekt-Team seine Abläufe an Scrum aus (iteratives Vorgehen mit Sprint Reviews). Das hat sich bereits in anderen Softwareprojekten bei der Concordia bewährt.
"Mehr Transparenz geht nicht"
Die ersten beiden Meilensteine sind erreicht und die Anwendung ist bereits seit Herbst 2015 im produktiven Einsatz. Doch schon bald mussten Lorenz und sein Team aufgrund eines anderen Projektes nochmals eine Modifikation der Zielsetzung vornehmen: "Die zusätzliche Anforderung bestand darin, ein neues Leistungsverrechnungsverfahren einzuführen und in einer Preisliste zu dokumentieren, die direkt in die interne Leistungsverrechnung einfließt."
Bei der Umsetzung habe es dem Team geholfen, dass der Warenkorb durch das agile Vorgehen so schnell fertiggestellt worden war und die Anwender bereits Angebote über die DM-App erstellen konnten, so Lorenz: "Dadurch waren wir in der Lage, schnell umzuschwenken und zwei Ziele auf einmal zu erreichen: Wir können interne Angebote und Rechnungen erstellen - und gemäß den neuen Anforderungen der internen Leistungsverrechnung an unsere Kunden übergeben."
Mit der Integration der Leistungsverrechnung konnten Lorenz und sein Team den Nutzen der DM-App erheblich steigern. Dauerte die Zusammenstellung der abrechnungsrelevanten Daten über erbrachte Leistungen und gelieferte Produkte in der Vergangenheit bis zu drei Tage im Monat, nimmt sie künftig nur noch wenige Stunden in Anspruch.
Neben den Ergebnissen bewertet Lorenz auch den bisherigen Verlauf des Projekts ausgesprochen positiv: "Wir wussten zu jedem Zeitpunkt, wie viel Budget verbraucht ist und wie viel Weg bis zum Erreichen des nächsten Meilensteins noch zu gehen ist. Mehr Transparenz geht nicht", erklärt der Abteilungsleiter. Er hat jetzt den dritten Meilenstein, die Integration in das zentrale Bestellwesen im Blick. Verzögerungen durch weitere Zusatzanforderungen fürchtet er nicht: "Wir haben ja ein Vorgehen gewählt, mit dem wir nicht nur unsere Ziele erreichen, sondern ganz nebenbei auch noch Zusatzaufgaben lösen - wie etwa die Reorganisation der Leistungsverrechnung unserer Abteilung."