Business Process Management

Compliance mit standardisierten Prozessen sichern

19.09.2016
Von 
Wie transformieren sich Unternehmen und modernisieren ihre IT? Seit über 15 Jahren begleitet Dirk Pohla Unternehmen bei der Optimierung ihrer Geschäftsprozesse durch Technologien wie BPM und Case Management. Seit 2013 verantwortet der Diplom-Kaufmann als Managing Director den Markterfolg von Appian in der DACH-Region.
Compliance-Verstöße können Unternehmen teuer zu stehen kommen. Rechtskonform aufgesetzte und automatisierte Prozesse können dies verhindern. Dabei helfen Business-Process- und Case-Management.

Zunächst musste Sepp Blatter zurücktreten, kurz darauf verzichtete sein potentieller Nachfolger Michel Platini gleich ganz auf seine Kandidatur. Im Zuge der Abgas-Affäre trat VW-Chef Winterkorn zurück und die Panama-Papers werden wohl auch den ein oder anderen Chefsessel freimachen. Was diese drei Beispiele gemeinsam haben? Compliance-Verstöße. Unter das Thema Compliance fällt die Einhaltung von nationalen und internationalen Gesetzen, Vorschriften und freiwilligen Selbstverpflichtungen sowie internen Richtlinien.

Doch obwohl der Druck durch zunehmende Regulierung und strafrechtliche Konsequenzen bei Compliance-Verstößen stetig wächst, bleiben nach wie vor viele Unternehmen in Sachen Compliance Management auf halber Strecke stehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung von 169 deutschen Unternehmen nach dem Status Quo ihres Compliance-Management-Systems (CMS), die Recommind, ein Anbieter von E-Discovery-Lösungen und Suchmaschinentechnologie, gemeinsam mit einem Studienprojekt der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt durchgeführt hat.

Selbst dort, so die Umfrage, wo die Befragten in einem ersten Schritt Compliance-Standards in Form von Kodizes und anderen Richtlinien festgelegt und dokumentiert (82 Prozent) und ihre Mitarbeiter durch Präventionsmaßnahmen geschult haben (79 Prozent), mangelt es an notwendigen Kontrollen. Lediglich 69 Prozent überwachen die Einhaltung der verabschiedeten Compliance-Richtlinien durch regelmäßige Kontrollmaßnahmen. Prozesse, wie sie mit aufgedeckten Regelverstößen umgehen, hat sogar nur rund jedes zweite der befragten Unternehmen festgelegt.

Ob Fifa, DFB oder VW - Compliance entscheidet über den Erfolg.
Ob Fifa, DFB oder VW - Compliance entscheidet über den Erfolg.
Foto: garagestock - shutterstock.com

Fehlende Kontrolle & Unkenntnis: Explosive Mischung

Zu den fehlenden Kontrollmechanismen gesellt sich die Unkenntnis der Mitarbeiter. Denn viele Mitarbeiter wissen nicht oder zumindest nur ungenügend darüber Bescheid, welche Regeln ihr Arbeitgeber aufgestellt hat, um gesetzlichen und ethischen Anforderungen Genüge zu tun. Das hat eine ergänzende Umfrage unter 1000 Arbeitnehmern gezeigt. Lediglich 36 Prozent der Befragten gaben an, von bestehenden Compliance-Regeln im Unternehmen zu wissen und sich auch daran zu halten. Jeder vierte Arbeitnehmer gab zu, dass es zwar ein Regelwerk gäbe, sich aber aufgrund mangelnder Kontrollen ein eher lockerer Umgang mit bestehenden Vorschriften eingeschlichen habe. 17 Prozent gaben an, dass es in ihrem Unternehmen keine Compliance-Richtlinien gäbe; 23 Prozent konnten sich unter dem Begriff Compliance noch nicht einmal etwas vorstellen.

Dass diese Ergebnisse keine Ausnahme sind, zeigt der "CMS Compliance Barometer 2015", für den das Marktforschungsinstitut Ipsos 175 zufällig ausgewählte Compliance-Verantwortliche in deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern befragt hat. Der Umfrage zufolge weist der "CMS Compliance-Index", der sich aus 25 verschiedenen abgefragten Variablen aus den Bereichen Organisation, Ausstattung, Bedarf, Vorsorge und Kultur der Compliance in den Unternehmen berechnet, aktuell einen Wert von 64 von 100 möglichen Zählern auf. Die deutsche Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle, mit über 600 Rechtsanwälten und Steuerberatern eine der führenden Anwaltssozietäten auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts in Deutschland, nennt dies "eine moderate Durchdringung der Unternehmen mit Compliance".

Compliance durch Business-Process- und Case-Management-Plattformen

Entscheidungsträger, die sich und ihr Unternehmen schützen wollen, stehen vor einer großen Herausforderung: Sie müssen Mittel und Wege finden, um die Einhaltung externer sowie interner Regelungen und Gesetze sicher zu stellen. Eine effiziente Methode ist der Einsatz einer BPM- (Business Process Management) und Case-Management-Plattform. Denn auf einer solchen Plattform können Unternehmen alle notwendigen Compliance­-Prozesse vollständig und rechtssicher definieren, ausführen und ihre Einhaltung dokumentieren.

Nehmen wir als Beispiel die Einhaltung der Compliance beim Antrag einer medizinischen Studie sowie einer anschließenden Medikamentenzulassung in der pharmazeutischen Industrie. Compliance hat hier einen besonders großen Stellenwert. Schließlich geht es bei der Einhaltung der Compliance-Prozesse nicht nur darum, das Unternehmen zu schützen, sondern immer auch um den Schutz und die Gesundheit der Patienten.

Antrag auf medizinische Studie leicht gemacht

Beginnen wir mit dem Antrag auf eine medizinische Studie - ein hochkomplexer Prozess. Zunächst benötigt das Pharmaunternehmen für jede Studie die Zustimmung der zuständigen nationalen Behörden und der Ethik-Kommission. Gestützt auf vorherige Untersuchungen wägt die Ethik-Kommission ab, ob und unter welchen Voraussetzungen die Studie aus ethischer, medizinischer und rechtlicher Sicht durchgeführt werden kann. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei stets dem Schutz der Studienteilnehmer. Die Kommission prüft unter anderem, welche medizinischen Einrichtungen und Ärzte für die Studie geeignet sind.

Eine BPM- und Case-Management-Plattform kann dabei helfen, den Antragsprozess effizient zu gestalten. Beispielsweise können Mitarbeiter aus den Fachabteilungen des Pharmaunternehmens alle notwendigen Prozesse auf einer grafischen Benutzeroberfläche via "Drag & Drop" modellieren und in eine Anwendung integrieren. Über ein Social-Collaboration-Tool können sich zudem Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen - zum Beispiel der Rechts- und der Forschungsabteilung - an der Entwicklung beteiligen, etwa indem sie Kommentare hinterlassen und Verbesserungsvorschläge hinzufügen. Sind erst sämtliche Prozesse definiert und alle Fachabteilungen mit der Anwendung zufrieden, reicht ein Knopfdruck. Sogleich erstellt die Anwendung in Echtzeit einen Bericht, in dem alle notwendigen Unterlagen und Dokumentationen zur beantragten klinischen Studie zusammengeführt sind.

Berichte für Medikamentenzulassung auf Knopfdruck

Auch nachdem das Pharmaunternehmen die Studie erfolgreich beendet hat und schließlich einen Antrag auf Medikamentenzulassung stellt, kann eine BPM- und Case-Management-Plattform die Effizienz deutlich erhöhen. Denn auch diese Antragsstellung ist ein Compliance-Thema und mit zahlreichen komplexen Prozessen verbunden. Unter anderem müssen Pharmaunternehmen beispielsweise Unterlagen zur Reinheit und Haltbarkeit des Arzneimittels sowie sämtliche vorklinischen und klinischen Studienergebnisse einreichen. Schnell ist so ein Antrag eine halbe Millionen Druckseiten stark - weswegen die Anträge bei den entsprechenden Stellen mittlerweile in der Regel meist auf physischen Datenträgern oder über eine geschützte Internetverbindung eingereicht werden.

Mit einer entsprechenden BPM- und Case-Management-Plattform kann das Pharmaunternehmen auch hier eine Anwendung entwickeln, die sämtliche benötigten Unterlagen automatisch zusammenstellt und in ein standardisiertes Format bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Plattform über eine Funktionalität verfügt, die auf alle notwendigen, internen und externen IT-Systeme bei Dienstleistern zugreifen kann und Daten aus diesen Systemen zu einem einzigen, übersichtlichen Datensatz zusammenführt. Haben die Zulassungsbehörden Rückfragen, kann das Pharmaunternehmen sämtliche Unterlagen schnell durchsuchen und der Behörde die Antwort unverzüglich und rechtskonform übermitteln.

Compliance? Sicher doch!

Viele Unternehmen haben in Sachen Compliance Nachholbedarf. Eine explosive Mischung, die Unternehmen teuer zu stehen kommen kann, sind fehlende beziehungsweise nicht ausreichend kontrollierte Compliance-Richtlinien in Kombination mit der Unkenntnis von Mitarbeitern. Eine BPM- und Case-Management Plattform kann Unternehmen dabei helfen, Prozesse rechtssicher aufzusetzen und zu automatisieren. Das bringt Sicherheit und spart - wie das Beispiel aus der Pharmabranche zeigt - nicht nur Nerven, sondern obendrein auch noch Zeit und somit Geld. (fm)