Mit einem Umsatz von knapp drei Milliarden Dollar im Jahr 2013 fliegt Citrix derzeit noch leicht unter dem Radar, der globalen Top-10 Softwarefirmen. Übersehen wird dabei oft, dass Citrix im Hinblick auf die Cloud-Transformation seines Portfolios und Business-Modells einer der führenden Player ist. Und das war bis vor kurzem so noch nicht absehbar. Der ehemalige IT-Infrastrukturanbieter mit einem Fokus auf Terminal Services und Virtualisierungstechnologien, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt.
Cloud-Umsatz von über 20 Prozent im Jahr 2014
In den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2014 hat Citrix 317 Millionen Dollar Cloud-Umsatz in seiner "Online Services Division" generiert. Sprich mit echten Cloud-Diensten wie Online Meeting und Collaboration. Die Umsätze mit Cloud-Technologien für den Bau und Betrieb von Private und Hybrid Cloud sowie cloud-basierten Desktops ist hier noch nicht mit eingerechnet. Hier hat sich das frühzeitige und kontinuierliche Investment in Dienste wie Go-to-Meeting und Netviewer nun ausgezahlt.
Nach Einschätzungen von Crisp Research wird Citrix den Anteil seiner Cloud-Umsätze in den kommenden Jahren bis 2016 von derzeit 22 Prozent auf rund 30 Prozent im Jahr 2016 steigern können. Falls Citrix in der Lage sein sollte, auch sein Momentum zu behalten und weiter mit rund 15 Prozent jährlich zu wachsen, würde in 2015 die Cloud-Umsatz-Milliarde überschritten. Und damit liegt Citrix - auch im Reigen der ganz großen Software-Firmen - sehr weit vorne. Selbst eine SAP tut sich derzeit schwer, solche Wegmarken zu erreichen.
Citrix-Strategie - vieles richtig gemacht und Glück dazu
Die Strategie von Citrix sah vor einigen Jahren noch etwas verwegen und wenig klar aus. Neben Investitionen in Cloud-Management Tools standen parallel die Initiativen im Kontext Mobile Collaboration und Onlines Services. Zu konstatieren ist, dass die ausbalancierte Strategie langsam aufzugehen scheint. Zumindest im Bereich der Cloud-Dienste und mobilen Lösungen. Auf der RZ- und Server-Infrastrukturseite tut sich Citrix noch schwer, was einerseits an starken Wettbewerbern (VMware, Microsoft, IBM) und neuen Technologien (zum Beispiel OpenStack) liegt.
Dafür spielen Citrix auf der Client-Seite beziehungsweise Nutzerseite viele Trends gleichzeitig in die Karten. So verlagert sich die Cloud-Diskussion derzeit immer stärker in Richtung Anwendungen, Collaboration und die Bereitstellung nutzerfreundlicher, einfacher Desktop-Services. "User First" könnte man sagen. Zwar kann Citrix Anwendern mittlerweile ein recht komplettes Portfolio anbieten, um auch hybride Cloud-Umgebungen aufzubauen. Die Stärke liegt derzeit aber klar auf den Services für das mobile und kollaborative Arbeiten. Und solange der Markt für SaaS mit über zwei Milliarden Euro in Deutschland noch immer mehr als sechs mal so groß ist, wie der Markt für Public IaaS, ist das auch kein Problem.
Innovation Management - Ernst genommen
Lebt man, wie Citrix, lange Jahre gut von stabilen "Cash Cows" (Terminal Services) und in festgefügten Partnerschaften (Microsoft), dann verliert man die Herausforderungen der Zukunft schnell aus dem Blick. Und wird leicht von der nächsten Innovationswelle weggeschwemmt. So geschehen bei Novell. Hier hat das Citrix-Management die Zeichen der Zeit wohl besser erkannt und entsprechend gehandelt. Der frühe Einstieg bei Go-to-Meeting, weitere cloud-zentrierte Akquisitionen und ein ernsthaft betriebenes Innovations-Management zeichnen Citrix heute aus. Zwar ist hier noch nicht alles Gold was glänzt, aber Citrix ist sehr bemüht über sein neues Start-Programm, offene Labs und die Einbindung der Executives (viele als Autoren auf "Innovation Blog") eine echte Innovation Culture zu etablieren. Die Zeiten, in denen die unsexy (aber wichtigen) Terminal Services im Vordergrund standen, scheinen vorbei.
Herausforderungen der kommenden Jahre
Trotz dieser positiven Bestandsaufnahme und Prognose, steht Citrix in den kommenden Jahren einigen Herausforderungen gegenüber. So muss Citrix:
· Ein hochkomplexes Partner-Ökosystem managen und ausbalancieren, in dem es aufgrund der unterschiedlichen Partner auch wiederstrebende Interessen und intensiven Wettbewerb gibt ("Managing CoopetitionCoopetition").
· Das SaaS-Business weiter skalieren und vor allen in Europa seine Positionierung im Markt stärken und sein Partner-Enablement verbessern. So macht Citrix erst 16 Prozent seiner Cloud-Service-Umsätze außerhalb der USA.
· In den kommenden Monaten eine Weichenstellung für sein Cloud-Infrastrukturgeschäft vornehmen. Eingekeilt zwischen den Wettbewerbern Microsoft und VMware einerseits und attackiert von aufstrebenden Technologien wie KVM und OpenStack andererseits, steht Citrix hier auf verlorenem Posten. Vor allem sollte man sich fragen, wie lange man noch an der eigenen auf Apache Cloudstack-basierenden Cloud Management-Plattform festhält, obwohl sich die relevanten Akteure der Branche schon auf OpenStack als neuen Standard geeinigt haben. Hier alleine gegen den Druck des Marktes (Anwender, Partner, Wettbewerber) zu arbeiten wird Citrix mittel- und langfristig überfordern.
Ausblick - Citrix mit dem Potenzial für die Champions League
Sofern Citrix das Wachstum der letzten Jahre halten und sein Cloud Service-Geschäft weiter ausbauen kann, steht dem Weg in die Top-10 der Software-Anbieter wenig entgegen. Als Barrieren kommen wohl nur strategische Fehlentscheidungen oder ein konjunktureller Einbruch in Frage, bei dem Collaboration-Lösungen und neue mobile Anwendungen wohl zu den ersten Streichposten im IT-Budget zählen würden. Denn selbst wenn viele Argumente für neue, cloud-basierte Team- und Collaboration-Lösungen sprechen, ist der ROI in harten Fakten nur schwer nachzuweisen. Bei einem gleichbleibenden Markttrend über die kommenden Jahre wird Citrix mit seinem aktuellen Portfolio wohl weiter zu den Gewinnern zählen. (jha)