"Zurzeit wollen besonders viele CIOs die Stelle wechseln", sagt Hans Fröhlich. Er ist selbst ein erfahrener IT-Manager, der aber nicht mit seinem wirklichen Namen in der Zeitung erscheinen möchte. Etliche CIOs hätten sich in den vergangenen Jahren "dramatisch gut entwickelt" und wollten nun Spielräume haben, um für ihre Unternehmen die neuen digitalen Geschäftschancen zu nutzen.
Wenn dann aber "nur" von ihnen erwartet werde, als klassischer IT-Leiter den Betrieb am Laufen zu halten, seien sie frustriert und wollten weg. Nicht selten sollen sie auch: CIO-Stühle haben schon immer schnell gewackelt. 4,3 Jahre bleiben die IT-Chefs laut einer Studie von Korn Ferry durchschnittlich im Unternehmen. CFOs (5,1 Jahre) und CEOs (acht Jahre), mit denen sie oft Kämpfe ausfechten, halten sich länger.
Top-Zielgruppe für Headhunter
CIOs gehören wie alle C-Level-Manager zur wichtigsten Zielgruppe von Personalberatern. Viele Unternehmen besetzen solche Positionen fast ausschließlich über Personalberatungen. Für einen wechselwilligen CIO ist es also grundsätzlich sinnvoll, sich an einen Headhunter zu wenden. Konkret heißt das: ihm seinen Lebenslauf zu schicken. Danach kann der CIO nur noch warten. Die meisten Personalberatungen nehmen Suchaufträge ("Mandate") nicht von einzelnen Suchenden, sondern nur von Unternehmen entgegen. Sie werben damit, im Kundenauftrag umfassende Analysen anzufertigen, durch die dem Auftraggeber oft erst richtig klar werde, was für eine Persönlichkeit mit welchen Fähigkeiten und Kenntnissen er suchen sollte.
Der richtige Kandidat findet sich dann in hochkarätigen diskreten Netzwerken, die sich langjähriger Pflege verdanken - diese konservative Betonung der Erfahrung und des Bewährten zählt nach wie vor zum Anspruch und zur Selbstdarstellung vieler Personalberatungen. "Die Executive Search hat sich trotz aller neuen technischen Möglichkeiten in den letzten 25 Jahren nicht dramatisch verändert", sagt Wolfram Tröger, der seit 1991 in der Personalberatung tätig ist, 2013 die Beratung Tröger & Cie. gegründet hat und sich als Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) engagiert. "Das liegt daran, dass Führungskräfte auf dem C-Level sich in wichtigen Fragen nach wie vor persönliche Kontakte auf Augenhöhe wünschen."
Wird ein Kandidat erfolgreich "platziert", bezahlt in diesem Geschäftsmodell immer das auftraggebende Unternehmen. Der Betrag beläuft sich in der Regel auf etwa ein Drittel des Jahresgehalts, nicht selten in drei Tranchen. Auch mit dem schönsten Lebenslauf kann der einzelne CIO auf diesem Weg also nicht suchen, sondern nur gefunden werden. Indem er Kongresse besucht, Vorträge hält, Fachartikel veröffentlicht und an Diskussionen teilnimmt, macht er sich sichtbar.
Streit über Xing und LinkedIn
Sollte sich der wechselwillige CIO auch auf beruflich orientierten Plattformen wie Xing und LinkedIn zur Schau stellen, womöglich nicht nur mit einem Profil, sondern auch indem er Fähigkeiten anderer bewertet, Referenzen vergibt und einholt, Artikel schreibt und Gruppen beitritt oder welche gründet? Die Antwort
hat damit zu tun, ob der Antwortende sich von den Plattformen abgrenzen oder an ihnen verdienen will, also mit seinem Geschäftsmodell. Wolfram Tröger: "CIOs suchen nicht in sozialen Netzen oder indem sie mit Algorithmen irgendwelche Websites analysieren. Sie suchen klassisch." Als Personalberater könne man mit LinkedIn und Xing schnell mal etwas verifizieren. "Aber damit endet es eigentlich schon. Die persönlichen Netzwerke sind viel wichtiger." Dagegen Holger Ahrens, der sich zur Generation Y zählt und dessen Unternehmen "Die Profiloptimierer" sowohl einzelne Plattform-Mitglieder betreut als auch Unternehmen beim Employee Branding: "Personalberater haben kein Interesse an Transparenz. Wenn ihre Klienten Profile in Xing und LinkedIn unterhalten, kann jeder sie finden."
Gekündigt sucht sich's schwerer
Als CIO hat Hans Fröhlich selbst Suchaufträge vergeben und dabei Personalberater kennengelernt, auf deren Empfehlungen er sich "blind verlassen" konnte. Seinerseits als Kandidat musste er einmal im Bewerbungsgespräch feststellen, dass der Berater ihm die Aufgaben, die er nach dem Wechsel gehabt hätte, recht irreführend beschrieben hatte.
Manche CIOs stehen vor einem anderen Problem. Personalberatungen werben mit ihren Kontakten zu Führungskräften, die erstklassige Positionen innehaben. Ihr Kerngeschäft ist die Abwerbung. Die Grundsätze ordnungsgemäßer und qualifizierter Personalberatung (GoPB) des BDU geben vor, dass der Berater, wie es der Rechtslage entspricht, den Kandidaten nur zum Erstkontakt kurz am Arbeitsplatz anruft und danach nur noch anderswo. Stellungslose CIOs sind in diesem Prozedere nicht vorgesehen.
Sie haben trotzdem Chancen, schon weil die Auftragslage vieler Personalberatungen sehr gut ist, aber sie haben es schwerer. Manche gründen nach einer Kündigung schnell ein eigenes Ein-Personen-Unternehmen, um nicht als arbeitslos zu gelten, und geben es in neuer Festanstellung wieder auf oder lassen es ruhen.
Personalberater bezeichnen ihre Tätigkeit als "Platzierung" und legen großen Wert darauf, keine bloßen Personalvermittler zu sein. Letztere erbringen nach diesem Schema keine Beratungsleistung, sondern beschränken sich auf die reine "Vermittlung", oft auch in Zeitarbeit. In der Regel bezahlt auch diese Dienstleistung das auftraggebende Unternehmen, es kommt aber auch vor, dass der einzelne erfolgreiche Bewerber zur Kasse gebeten wird. Personalberater warnen Führungskräfte und solche, die es werden wollen, vor dem Weg zum Vermittler. Die Grenzen zwischen den zwei Konzepten sind aber nicht überall fest. CIO Fröhlich traut den größeren Vermittlern auf Dauer zu, im Geschäft der Berater zu wildern.