"Wir haben früh erkannt, dass die Bundesverwaltung eine zukunftsgerichtete Cloud-Landschaft benötigt, um nicht in die Falle der Legacy-Anwendungen zu geraten", sagt Christine Serrette, technische Vizedirektorin beim Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund). Cloud-First gehört deshalb zu den drei strategischen Zielen des Zentrums, neben der Einführung des "Bundesclient" und agiler Arbeitsmethoden.
Das ITZBund agiert als zentraler IT-Dienstleister für die Bundesverwaltung und betreibt eine ganze Reihe kritischer Verfahren, beispielsweise in den Bereichen Verkehr, Haushalt, Steuern, innere Sicherheit und Integration.
Bundescloud und Betriebsplattform Bund
Der Weg in die Cloud begann bereits 2016 mit dem Aufbau der "Bundescloud", wie Serrette berichtet. Die Bundesverwaltung nutzt sie etwa für die E-Akte Bund, für Collaboration-Szenarien sowie als Projekt-Management- und Entwicklungsplattform.
Im Zuge dessen entstand die "Betriebsplattform Bund", eine in vier Sicherheitsstufen aufgeteilte Private-Cloud-Umgebung, auf die Serrette durchaus stolz ist: "Für diese Cloud haben wir 2022 die weltweit erste VS-NfD-Freigabe sowie die Grundschutzzertifizierung vom BSI erhalten." Das Kürzel VS-NfD steht für Verschlusssachen - nur für den Dienstgebrauch und ist die unterste von vier Geheimhaltungsstufen für Behörden. Die nächste Entwicklung heißt "Bundescloud 2.0" und sieht unter anderem das Upgrade auf neue Private-Cloud-Plattformen vor, ohne dabei die BSI-Zertifizierung zu verlieren.
"Wir sind aber auch realistisch und wissen, dass wir unsere private Cloud auf Dauer nicht so weiterentwickeln können, wie sich der Markt entwickelt", erläutert die IT-Chefin. Vor diesem Hintergrund entstand ein Programm, dass das ITZBund zum Multicloud-Manager weiterentwickeln soll. Diesem Programm sind mehrere Schlüsselprojekte zugeordnet: BC Business Transformation, Multi-Cloud Platform, Bundescloud 2.0 und MS Souveräne Cloud. Im Rahmen des ersten Projekts will Serrette sowohl die internen Prozesse als auch die Interaktion mit Kunden anpassen und neu gestalten: "Bestell-, Beschaffungs-, Bereitstellungs- und Abrechnungsprozesse müssen grundlegend verändert werden", erklärt sie die anspruchsvolle Aufgabe.
Im Projekt Multi-Cloud-Plattform würden die technischen Voraussetzungen für ein Multi-Cloud-Management geschaffen. Neben der bereits bestehenden Bundescloud baut das ITZBund zudem eine externe Cloud in den eigenen Rechenzentren auf, die von Dienstleistern betrieben und weiterentwickelt wird. Last, but not least will Serrette künftig auch auf Services einer sogenannten "souveränen Cloud" zurückgreifen, die von externen Anbietern wie etwa SAP bereitgestellt wird: "Für Daten und Anwendungen, die keinen besonderen Schutzbedarf haben, werden wir die Public Cloud nutzen."
Die Hürden dafür sind allerdings hoch. So muss das ITZBund etwa ein ausgefeiltes System für das Management der unterschiedlichen IT-Ebenen entwickeln und öffentliche Ausschreibungen erstellen. Für das Programm zum Multicloud-Management hat Serrettes Team zudem eine Marketing- und Kommunikationsstrategie erarbeitet.
Wertbeitrag, Cyber Resilience und KI
"Wir bieten unseren Kunden einen schnellen Weg in die Digitalisierung", beschreibt die Managerin den Wertbeitrag des Cloud-Projekts in Ihrer Bewerbung zum CIO des Jahres 2023. "Wir können schnell und flexibel agieren, Services kurzfristig zur Verfügung stellen und genauso schnell wieder abbauen." Auf dieser Grundlage biete man Ministerien und Behörden eine Reihe wichtiger Leistungen an, darunter die E-Akte Bund, Schulungssysteme, Entwicklungs- und Projektmanagement-Plattformen. Mithilfe von Container-Plattformen unterstützt das ITZBund zudem Projekte im Kontext des Onlinezugangsgesetzes (OZG).
Auf Serrettes To-Do-Liste stehen noch weitere Großvorhaben. Dazu gehören eine breit angelegte IT-Konsolidierung mit diversen RZ-Migrationen und das Bereitstellen des Bundesclients aus der Cloud. Eine wichtige Rolle spielt auch das Thema Cyber Resilience. Das ITZBund baut unter anderem ein Security Operations Center (SOC) auf und etabliert Security-by-Design- und Zero-Trust-Konzepte. Die IT-Chefin beschäftigt sich zudem intensiv mit künstlicher Intelligenz. So stellt der Dienstleister der Bundesverwaltung zwei KI-Tools zur Verfügung und hat diverse Chatbots entwickelt.
Diversity und Leadership
Besonders am Herzen liegt Serrette das Thema Diversity. Schon 2017 habe das ITZBund die Charta der Vielfalt unterschrieben, betont sie. Dabei handelt es sich um eine Arbeitgeberinitiative zur Förderung von Diversity in deutschen Unternehmen und Institutionen. "Fördern, Fordern und Befähigen" - so beschreibt sie auch ihren Führungsstil: "Für mich als CIO und dem kompletten Management Team steht offene Kommunikation an erster Stelle. Ich unterstütze die Teams, ohne ihnen zu sagen, was die machen sollen."
Das sagt die Jury vom "CIO des Jahres 2023"
Die Jury zum CIO des Jahres lobt vor allem die mittel- und langfristigen Auswirkungen ihrer Arbeit: "Frau Serrette hat mit ITZBund schon früh die Initiative für dieses ehrgeizige Cloud-Projekt ergriffen, das die Grundlage für weitere digitale Innovationen bildet", kommentiert Jurymitglied Stefanie Kemp, Chief Transformation Officer der Sana Kliniken. "Sie ist damit ein Enabler für die Digitalisierung im großen Stil in Deutschland." Ein Platz unter den Finalistinnen und Finalisten in der Kategorie Public Sector ist ihr damit sicher. (kf)
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