Alan Feeley hat schon viele Fusionen und Trennungen erlebt. Der CIO gehört zum IT-Urgestein bei Siemens. Er hat unter anderem sieben Jahre seines Lebens bei der Siemens AG verbracht, um das SAP-Projekt Spiridon auf Spur zu bringen. Er hat mit vielen Group-CIOs zusammengearbeitet, bis hin zu Friedrich Fröschl, dem Konzern-CIO kurz nach der Jahrtausend-Wende. Er kennt noch BS2000, das Siemens Betriebssystem des letzten Jahrtausends. Er hat bei Nixdorf in Paderborn angefangen: "Ich war dabei, als Nixdorf Siemens gekauft hat", erzählt der Ire augenzwinkernd. Kurz: Feeley kennt den Konzern.
Ein Megawatt hat neun Nullen.
Windradbauer drücken darin die Nennleistung ihrer Anlagen aus, also das, was die Kunden an Strom bei einer steifen Brise erwarten dürfen. Auf 15 MW kommt die neue "SG 14-236 DD" von Siemens. Das ist ungefähr das fünfzehnfache eines Windrads, das die rot-grüne Regierung zur Jahrtausendwende mit Rückenwind durch das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) angeschoben hat.
"115 Meter Länge hat ein Rotorblatt dieser Monster", sagt Feeley. "Die können Sie nur noch im Meer aufbauen." - Feeley denkt groß. Vielleicht rührt daher sein Greenfield-Approach mit dem er die IT von Siemens Gamesa Renewables von Anfang an (2017) führt.
Harte Effizienzziele
Dabei mussten genau genommen vier alte Unternehmen zusammengeführt werden: Siemens Windpower, Gamesa Corporation, Adwen und etwas später Senvion. Keine einzige dieser Firmen hatte eine IT, die für das neue, größere Unternehmen skalierbar war. Darüber hinaus bekam Feeley härtere Effizienzziele gesetzt: 2017 lag der Anteil des IT-Budgets am Umsatz noch über zwei Prozent, und der Ausstieg aus dem bisherigen IT-Setup der Siemens AG bis Oktober 2021 war beschlossene Sache. "Vor diesem Hintergrund war von Anfang an klar, dass eine Migration auf eine der bestehenden Legacy-Umgebungen nicht möglich ist", sagt Feeley.
Einige Millionen Euro hat der CIO für den Aufbau der neuen IT-Landschaft bekommen. Einige hundert Mitarbeiter arbeiten seit 2018 daran, davon die Hälfte von Feeleys internem IT-Team. Fertig ausgerollt wird das Projekt erst 2024 sein, aber Feeley ist sich jetzt schon sicher, dass er in Zeit und Budget bleiben wird.
Schließlich habe das Team ja schon die Feuertaufe bestanden: Ein Jahr nach Projektstart kam Corona. Mitten in der Transformation - und den damit verbundenen Überzeugungsprozessen - drohten die Lockdowns, das ganze Projekt zu zerstören. "Zusammen mit Infosys haben wir den gesamten Ansatz noch mal geändert", erzählt Feeley: "Mit einer Mischung aus Remote Work und der Unterstützung durch lokale Teams haben wir dann weitergemacht - und dabei vermieden, die Mitarbeiter durch die Regionen und 22 großen Produktionsstätten reisen zu lassen".
92 Prozent Zielerreichung schon jetzt
13 alte ERP-Systeme sind bereits verschwunden. 1300 Applikationen sind auf 200 Kern-Systeme zusammengeschrumpft: "92 Prozent unserer Ziele haben wir jetzt schon erreicht", sagt der CIO. Und die restlichen acht Prozent in einzelnen Lokationen werde man auch noch schaffen. SAP sieht das ähnlich und hat schon mal einen ihrer Innovation Awards an Siemens Gamesa vergeben.
SAP kann überhaupt sehr zufrieden mit Siemens Gamesa sein. Fast alle SAP S/4 HANA Module haben die Windbauer im Einsatz (SAP Ariba, SAP FSM, SAP Treasury, GRC & BPC). Feeley ist aber auch glücklich, weil er gute Verträge vor allem für Ariba und FSM abschließen konnte: "Da hatten wir einfach Glück mit dem Timing. SAP hat gerade nach guten Anwendungsfällen gesucht."
Microsoft ist ebenfalls zufrieden mit der Azure-Nutzung. "Die waren nur etwas sauer, weil wir ein bisschen weiniger on-premise behalten haben", sagt Feeley. Weiterhin ist an Software im Einsatz: Salesforce, Workday, Teamcenter, ServiceNow and Primavera, um nur die wichtigsten Produkte aufzuzählen. Infosys, TCS und Siemens Digital Industries nennt Feeley als größte Dienstleister. Einzelne Berater von Atos seien noch im Haus, aber keine größeren Atos Services.
Finalist beim CIO des Jahres 2023
Die Jury vom CIO des Jahres hat beeindruckt, mit welcher Gradlinigkeit Feeley seinen Greenfield-Approach durchgezogen hat und dass Siemens Gamesa jetzt nur noch einen geringen Bruchteil vom Umsatz für IT ausgibt.
Letzteres findet natürlich auch der Vorstand überzeugend. "Dadurch haben wir Respekt und Stabilität erworben", kommentiert Feeley. "Die Möglichkeiten einer stärkeren Automatisierung durch IT stellt hier keiner in Frage." Rund 60 Prozent vom IT-Budget fließen in Operations, 40 Prozent sollen auch weiter in die Projekte fließen.
Ist Greenfield besser?
Abschließende Frage an den CIO, ob der Greenfield-Approach grundsätzlich die bessere Lösung ist? (Alte und langsam gewachsene IT kann ja auch Wettbewerbsvorteile bringen.) Dazu mag Feeley kein Urteil abgeben: "Ich kann auch nicht sagen, ob es Genie oder Glück war, dass wir bei Siemens Gamesa mit Greenfield Erfolg hatten. Ich kann aber sagen: Es braucht einen starken Willen, um Veränderung zu probieren. Und Change zu akzeptieren, erlaubt auf lange Sicht die schnellere Anpassung." (kf)
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