Reuters berichtet

China pumpt Milliarden in seine Chipindustrie

15.12.2022
Von Redaktion Computerwoche
Nachdem sich ein Handelskrieg zwischen China und den USA abzeichnet, haben sich die Chinesen nun offenbar vorgenommen, die Abhängigkeit von ausländischen Anlagen zur Chipproduktion zu senken.
Schulter an Schulter? US-President Joe Biden und der chinesische Staatspräsident Xi Jinping steuern auf einen Handelskrieg zu.
Schulter an Schulter? US-President Joe Biden und der chinesische Staatspräsident Xi Jinping steuern auf einen Handelskrieg zu.
Foto: Samrit Pholjan - shutterstock.com

Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge arbeitet die chinesische Regierung an einem 143 Milliarden Dollar schweren Unterstützungspaket für ihre Halbleiterindustrie. China plane, sich in dieser Hinsicht unabhängig von anderen Ländern zu machen, so die Agentur mit Bezug auf chinesische Quellen, die aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden wollten. Außerdem wolle man der US-Regierung etwas entgegensetzen, die mit ihren Sanktionen die chinesische Wirtschaft bedrohe.

Peking plant laut dem Bericht ein großes Anreizpaket, das über einen Zeitraum von fünf Jahren die Halbleiterforschung und -produktion im eigenen Lande mit Subventionen und Steuervergünstigungen unterstützen soll. Die Umsetzung der Pläne könnte bereits im ersten Quartal 2023 beginnen. Der größte Teil der Mittel soll in Subventionen für den Kaufs inländischer Halbleiterausrüstungen fließen. Die Fertigungsanlagen (Fabs) sollen künftig aus China kommen, dafür will die Regierung Anreize schaffen.

Reaktion auf US-Sanktionen

Laut Reuters haben sich die Chinesen zu diesem Vorgehen entschieden, weil das US-Handelsministerium im Oktober ein umfassendes Regelwerk verabschiedet hatte, das chinesischen Forschungseinrichtungen und Rechenzentren den Zugang zu fortgeschrittener Chiptechnologie verwehren soll. Die Vereinigten Staaten haben demnach auch bei einigen ihrer Partner, etwa in Japan und den Niederlanden, Lobbyarbeit betrieben, um die Ausfuhren von Anlagen zur Herstellung von Halbleitern nach China einzuschränken. Überdies unterzeichnete US-Präsident Joe Biden im August ein Gesetz, das Zuschüsse von 52,7 Milliarden Dollar für die amerikanische Halbleiterforschung und -produktion sowie Steuergutschriften für Chipfabriken im Wert von schätzungsweise 24 Milliarden Dollar vorsieht.

Pekings Plan soll auch eine bevorzugte Steuerpolitik für die Halbleiterindustrie des Landes beinhalten. Zu den Begünstigten werden wohl staatliche wie auch private Unternehmen der Branche gehören, darunter große Ausrüster wie NAURA Technology Group, Advanced Micro-Fabrication Equipment Inc. oder Kingsemi.

Das Erreichen von technologischer Eigenständigkeit stand im Mittelpunkt des Arbeitsberichts von Präsident Xi Jinping auf dem Parteitag der Kommunistischen Partei im Oktober. Der Begriff "Technologie" wird darin laut Reuters 40 Mal erwähnt. Xis Aufforderung an China, den "Kampf" in den Kerntechnologien zu gewinnen, ist nach Meinung von Beobachtern als Signal dafür zu verstehen, dass die Technologieindustrien insgesamt stärker gefördert werden sollen, um dem Druck aus den USA zu begegnen.

Welthandelsorganisation angerufen

Sanktionen der Amerikaner hatten dazu geführt, dass internationale Chipausrüster Unternehmen wie Yangtze Memory Technologies Co (YMTC) oder SMIC nicht mehr beliefern dürfen. Ebenso dürfen Hersteller spezieller Hightech-Halbleiter, etwa im Bereich der künstlichen Intelligenz, ihre Produkte nicht mehr an Unternehmen und Labors in China verkaufen. Wie das chinesische Handelsministerium am 12. Dezember mitteilte, hat China deshalb bei der Welthandelsorganisation (WTO) vorgesprochen.

China hinkt westlichen Ländern wie den USA, Japan oder den Niederlanden bei der Entwicklung fortgeschrittener Chips hinterher. Die Ätz- und Thermoprozessanlagen von NAURA etwa können nur Chips mit einer Größe von 28 Nanometern und größer herstellen. Shanghai Micro Electronics Equipment Group Co. Ltd., Chinas einziges Lithografie-Unternehmen, kann 90-Nanometer-Chips fertigen und liegt damit weit hinter dem niederländischen Wettbewerber ASML zurück, dessen Maschinen inzwischen Chips mit einer Strukturbreite von nur drei Nanometern produzieren können. (hv)