Mit technologischer Hilfe zu besserem Talent Management

ChatGPT, Active Sourcing und Co. – was Arbeitgebern weiterhilft

24.11.2023
Von 
Carl Hoffmann ist Co-Founder und COO von CleverConnect.
ChatGPT & Co. halten auch im Talent Management Einzug. Wir zeigen, wie sich Arbeitgeber optimal auf die Technologie einstellen.
Arbeitgeber mit ihren Personalabteilungen müssen sich den neuen Recruiting-Herausforderungen stellen, wenn sich immer mehr Bewerber der KI bedienen.
Arbeitgeber mit ihren Personalabteilungen müssen sich den neuen Recruiting-Herausforderungen stellen, wenn sich immer mehr Bewerber der KI bedienen.
Foto: Andrey_Popov - shutterstock.com

Nach der Digitalisierung ist vor dem ChatGPT-Hype! Während sich das Suchen und Finden neuer Talente und die damit verbundenen HR-Prozesse bereits stark verändert haben, folgt nun eine neue Stufe der Innovation - ganz vorne dabei ChatGPT. Zwar ist KI für das Recruiting längst keine Neuheit mehr, doch nun muss sich die Branche darauf einstellen, dass die Technologie auch bei Bewerbern und Bewerberinnen immer beliebter wird.

Um herauszufinden, welchen Einfluss intelligente Sprachassistenten auf Talente in Deutschland haben und wie sich die Beziehung zwischen Recruiter und den Talenten verändert, hat CleverConnect in Zusammenarbeit mit YouGov eine Studie durchgeführt. Das Ergebnis: Recruiter können zwar aufatmen, doch es gibt auch noch einige Hausaufgaben nachzuholen.

Talent oder Bot: Wer schreibt mir?

Der erste schriftliche Eindruck in Form der Bewerbungsunterlagen spielt immer noch eine wichtige Rolle für Personalverantwortliche. Denn darauf basierend entscheiden sie, ob es zu einem persönlichen Gespräch mit dem Bewerber oder der Bewerberin kommt.

Während sich einige Unternehmen KI in diesem Prozess bereits zunutze gemacht haben und sogenannte Matching-Technologien für das automatisierte Scannen des CVs einsetzen, ist die Sorge vor dem sich anbahnenden Hype um ChatGPT weit verbreitet.

Gute Formulierungen helfen noch immer weiter

Denn wenn generative künstliche Intelligenz von Bewerbern eingesetzt wird, besteht die Gefahr, dass durch austauschbare Inhalte ein falsches Bild vermittelt wird. Dabei erfordert selbst der traditionelle Lebenslauf geschickte Formulierungen, insbesondere, wenn Persönlichkeit und Berufserfahrung neben den bloßen Fakten und Karrierestationen hervorgehoben werden sollen.

Für den Moment gibt es jedoch Entwarnung. Wie die Studie zeigt, haben lediglich elf Prozent der Deutschen bereits öffentlich zugängliche KI zur Erstellung ihrer Bewerbungsunterlagen, einschließlich Lebenslauf und Anschreiben, verwendet. Diese Zurückhaltung sollte Personalverantwortlichen vorerst Zeit zum Aufatmen geben, da die Entscheidung für oder gegen einen Bewerber oder eine Bewerberin noch nicht durch KI-generierten, austauschbaren Inhalt beeinträchtigt wird.

Videointerview als Ergänzung zum Lebenslauf

Es liegt auf der Hand: KI und intelligente Sprachbots sind auf dem Vormarsch. Denn insbesondere die jüngere Generation ist gegenüber dem Einsatz von KI aufgeschlossen. Fast ein Viertel der 25- bis 34-Jährigen setzt bereits KI bei der Jobsuche ein. Die Lösung hierfür ist, sich bereits jetzt auf den kommenden ChatGPT-Hype vorzubereiten und den Menschen in den Mittelpunkt zu setzen.

Das zeitversetzte Videointerview ist die ideale Ergänzung zum Lebenslauf und lässt sich nicht durch KI 'faken' oder ersetzen. Erst im nächsten Schritt folgt dann gegebenenfalls das persönliche Gespräch vor Ort. So können Zeit und Ressourcen gespart und Entscheidungen auf Basis von realen Fakten und der Persönlichkeit getroffen werden.

Talente wollen gefunden werden

Folgende Punkte sollten Arbeitgeber bedenken, wenn sie ihre Personalarbeit modernisieren wollen:

  • Wer abwartet, verliert. So lässt sich die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt am besten beschreiben. Aktiv auf Arbeitssuche sind derzeit nur 16 Prozent der Deutschen. Ein größerer Anteil (31 Prozent) der aktuell Erwerbstätigen schaut sich nur nebenbei nach neuen Möglichkeiten um, ohne wirklich aktiv zu werden.

Das betrifft insbesondere die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen, hier ist der Anteil mit 35 Prozent am höchsten. Um eine Vakanz zu besetzen, bedarf es daher mehr als den klassischen Post-and-Pray-Ansatz - also weg von Stellenanzeige schalten und abwarten. Unternehmen müssen sich aktiv bei potenziellen neuen Talenten ins Spiel bringen und sich bei ihnen bewerben.

Active Sourcing bleibt wichtig

Somit gewinnen alternative Rekrutierungsmethoden immer mehr an Bedeutung - allen voran Active Sourcing, Talent Pools oder Talent Marketing (Nuturing). HR-Verantwortliche in Deutschland haben sich diesem Wandel scheinbar aber noch nicht angenommen.

Aktuell finden potenzielle Talente in Deutschland am häufigsten über persönliche Empfehlungen aus ihrem sozialen Netzwerk (29 Prozent) einen neuen Job, während andere Ansätze wie Active Sourcing (20 Prozent), Talent Pools (12 Prozent) oder Nurturing (14 Prozent) bislang wenig genutzt werden.

  • Künftige Trends im Auge behalten und früh adaptieren. Neue Recruiting-Methoden sind besonders bei der jungen Generation, der Gen Z, weit verbreitet. Die im Talent Pool gespeicherten hoch qualifizierten Kandidat:innen sollten vorrangig angesprochen werden. Durch ein Mitarbeiterempfehlungsprogramm können die Chancen zusätzlich steigen, schneller eine Vertrauensbasis aufzubauen und Talente zu finden, die dem Cultural Fit entsprechen.

Stolperstein Bewerbung: Wo IT helfen kann

Der Rekrutierungsprozess spielt eine entscheidende Rolle bei der Gewinnung von Talenten. Allerdings verlieren viele Unternehmen potenzielle Kandidaten aufgrund lückenhafter Stellenausschreibungen, komplexer Verfahren und nicht miteinander verbundener Systeme. Laut der Studie gab ein nicht zu verachtender Anteil von 38 Prozent an, dass sie sich nicht auf eine offene Stelle bewerben würden, wenn das Stellenangebot nicht ausführlich beschrieben ist.

Darüber hinaus erwarten 35 Prozent Angaben zur Vergütung in der Ausschreibung, wenn sie sich auf eine Stelle bewerben. Weitere 31 Prozent würden ebenfalls auf die Einreichung ihrer Bewerbungsunterlagen verzichten, wenn die Benutzeroberfläche der Website unzureichend ist und der Bewerbungsprozess dadurch umständlich wird.

  • Technologie erweist sich als ein wertvoller Verbündeter. Intelligente Karriereseiten, die auf KI-gestütztem Matching basieren, ermöglichen die Personalisierung von Inhalten und leiten Website-Besucher schnell zu den benötigten Informationen. Dies kann beispielsweise durch eine geführte Suche, das Auswerten von hochgeladenen Lebensläufen oder die Interaktion mit einem Chatbot erfolgen.

Und so schließt sich der Kreis, denn generative KI wie ChatGPT kann bei der Erstellung von maßgeschneiderten Inhalten für spezifische Zielgruppen unterstützen. Lösungen wie ein Candidate Relationship Management tragen schließlich mit Automatisierungen dazu bei, die Kommunikation mit Kandidaten aufrechtzuerhalten und Datenschutzprozesse im Hintergrund, ohne zusätzlichen Aufwand, zu verwalten.

Neue Recruiting-Methoden sind ein Muss

Der große ChatGPT-Hype lässt vorerst auf sich warten. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis sich Bewerber dem Potenzial von generativer KI bewusst werden und diese Technologie im großen Stil einsetzen. Für HR-Verantwortliche also kein Grund, sich auf Altbewährtes zu verlassen und darauf auszuruhen. Der HR-Bereich befindet sich, ebenso wie der Arbeitsmarkt, in einem stetigen Wandel.

Jetzt neue Recruiting-Methoden zu etablieren ist der einzige Weg, um auch in Zukunft geeignete Talente zu finden. In diesem Zuge haben der Auf- und Ausbau eines Talent Pools, die Etablierung eines Mitarbeiterempfehlungsprogramms sowie Active Sourcing oberste Priorität für HR-Verantwortliche. Mit optimaler technologischer Unterstützung und dem sinnvollen Einsatz von KI meistern Recruiter die künftigen Hürden im Talent Management.

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