Internet-Dienste wie Google, Facebook, E-Mail oder Shopping-Angebote von Amazon und Zalando werden heute wie selbstverständlich genutzt. Doch Dienste rund um E-Government, E-Health, Smart Services oder Industrie 4.0 kommen nur schleppend voran. Aus Sicht des Vereins buergerservice.org e.V., einer Public-Private-Partnership, sind der neue Personalausweis (nPA) und der Kommunikationsstandard DeMail sicher genug, um loszulegen.
Seit 2010 gibt es den Personalausweis mit der elektronischen ID (eID) bereits, von "neu" kann also eigentlich keine Rede mehr sein. Viele Menschen haben die Chipkarte längst in ihrem Portemonnaie stecken, ohne allerdings die Online-Funktion aktiviert zu haben. Mit dem "Gesetz zum elektronischen Personalausweis" hilft das Bundesinnenministerium nun nach: Die Ausweise werden jetzt gleich mit aktivierter eID-Funktion herausgegeben.
Viele Bürger sind dennoch verunsichert, hieß es doch plötzlich, die Geheimdienste erhielten Zugriff auf die biometrischen Daten, die auf dem Ausweis gespeichert sind. Günter Weick, Sprecher von Bürgerservice.org, hält die Sorgen für unbegründet. Er stellt klar, dass die Behörden biometrische Daten aus Personalausweis und Pass künftig nur bei den Meldebehörden abgreifen dürften und nicht von der Chipkarte selbst auslesen könnten (Details dazu finden Sie hier).
Siehe auch: Identifikation im Netz - wer macht das Rennen?
Buergerservice.org wolle den Bürgern die Ängste nehmen und über die vielfältigen Möglichkeiten aufklären. Dafür setzt der Verein an verschiedenen Stellen an. Mitarbeitern in den Meldeämtern bietet er etwa ein "Mitmachpaket": Sie sollen die Menschen aus erster Hand darauf hinweisen, was mit der eID in ihrem Ausweis alles möglich ist. Bürger können beispielsweise Führungszeugnisse beantragen, Rentenauskünfte einholen, das Verkehrszentralregister nach dem Punktestand in Flensburg abfragen, BaföG und Kindergeld beantragen, ihr Auto ab- und demnächst auch anmelden und vieles mehr.
Versicherungen: Allianz-Kunden registrieren sich mit dem nPA im Kundenportal „Meine Allianz“, um dort ihre Vertragsdaten einzusehen und ihre Versicherungen zu verwalten. Sie können Bescheinigungen anfordern und ihre persönlichen Daten ändern. Ähnliche Dienste bieten auch Cosmos Direkt, HUK 24 und LVM Versicherungen an.
Anträge auf Unterstützung für ein Studium können seit August 2016 auch via elektronischer Antragstellung (eID oder De-Mail) eingereicht werden.
Nach Freischaltung durch den Arbeitgeber erhalten Nutzer postalisch einen Aktivierungscode und können das Portal „Datev Arbeitnehmer online“ nutzen. Sie erhalten dort Einblick in ihre Brutto-/Netto-Abrechnungen, Sozialversicherungsnachweise und Lohnsteuerbescheinigungen. So entsteht ein Überblick über alle Lohn- und Gehaltsdokumente.
Deutsche Post: Wer das Postident-Verfahren nutzen muss, um beispielsweise ein Bankkonto zu eröffnen, kommt mit dem nPA schneller ans Ziel. Kunden können sich bei der Bank mit ihrer eID, einem Kartenlesegerät und der Software AusweisApp2 schnell online identifizieren.
Deutsche Rentenversicherung: Sie möchten Einblick in Ihr Rentenkonto haben oder ihre Rentenauskunft online abrufen? Im Kundenbereich „E-Service“ werden Sie fündig.
ELSTER: Im Rahmen der Registrierung für ELSTER können sich Nutzer mit dem neuen Personalausweis identifizieren. Danach erhalten sie ein ELSTER-Zertifikat, mit dem der Login möglich ist, und können ihre Steuererklärungen über das Internet abwickeln.
Feinstaubplakette: Bürger können mit dem nPA Feinstaubplaketten für ihre Kraftfahrzeuge beantragen.
Führungszeugnis und Auskunft aus dem Gewerbezentralregister: Neben dem Führungszeugnis stellt das Bundesjustizamt Nutzern des nPA auch Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister online bereit. Die brauchen Unternehmen etwa, wenn sie sich in Ausschreibungsverfahren um öffentliche Aufträge bewerben.
ID-Safe: Die Landkreise Würzburg, Kitzingen und Ostallgäu bieten weitgehende Bürgerdienste in Verbindung mit elektronischen Antragsformularen an. In Kitzingen betrifft das etwa das An-, Ab- und Ummelden von Gewerben, den Fischereischein, verkehrsrechtliche Anordnungen, Sondernutzungen, Parkerleichterungen und Mängelmeldungen. In Ostallgäu können Bauanträge über solche Formulare gestellt, Sperrmüllabholungen organisiert oder Bote zugelassen werden. Bürger können dabei über ihren ID-Safe elektronische Antragsformulare automatisch mit hinterlegten Daten befüllen und vieles mehr.
Kindergeld: Bei der Bundesagentur können sich Bürger über den Antragstatus und die Berechnungsgrundlage für ihren Kindergeldbezug informieren. Sie können ihre persönlichen Daten online ändern und papierlos Änderungen an die Familienkasse übermitteln.
Kraftfahrtbundesamt: Mit der Online-Ausweisfunktion können Bürger Auskunft über Ihren Punktestand in Flensburg erhalten und etwaige Eintragungen im Fahreignungsregister (FAER) beantragen.
Petitionen: Anwender können sich am Petitionsportal des Bundestags registrieren und Petitionen einreichen oder zeichnen.
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL): Bei der Versorgungseinrichtung für Beschäftigte im Öffentlichen Dienst können sich Inhaber des nPA am Kundenportal Meine VBL registrieren und anmelden. Im Kundenkonto können sie persönliche und Vertragsdaten einsehen und Dienste nutzen wie Rentenantrag stellen, Beitragserstattung beantragen oder Kontaktdaten ändern.
Techniker Krankenkasse: Kunden können sich im Kundenportal „Meine TK“ registrieren und so online Anträge stellen und ihre Unterlagen anfordern sowie ihre Daten verwalten.
Schufa: Wer eine Schufa-Auskunft braucht, um seine Bonität gegenüber Dritten zu belegen, registriert sich am Kundenportal „Meine Schufa“ und erhält seine Auskunft unmittelbar und direkt. Wahlweise kann er sie sich oder einem Geschäftspartner auch postalisch zusenden lassen.
Auch viele Unternehmen unterstützen die Online-Ausweisfunktion, darunter Versicherungen wie Allianz und HUK24, die Techniker Krankenkasse oder die DeMail-Anbieter. Diese Angebote sind von der Bundesregierung überprüft worden. Die Betreiber haben eine zertifizierte Berechtigung zum Auslesen von Ausweisdaten erhalten.
Was Lehrkräfte, Behörden und Unternehmen tun können
Wer als Lehrkraft im Unterricht die Möglichkeiten, die sich mit dem neuen Personalausweis und DeMail ergeben, thematisieren möchte, kann von buergerservice.org unterstützendes Unterrichtsmaterial und eine Einweisung bekommen. Für besondere Aktionen werden auch Endgeräte zur Verfügung gestellt. Auch für Berater, Wirtschaftsförderer und andere Experten in Bereichen wie E-Health, E-Government, Smart Services, Industrie 4.0 etc. stellt der Verein Unterstützung bereit.
Behörden, Institutionen und Unternehmen, die sich mit dem nPA und/oder DeMail auseinandersetzen und diese Dienste ihren Kunden oder Klienten andienen möchten, können sich ein Bürgerterminal einrichten. Ein ausrangierter PC lässt sich mit der Secure-ID-Box (SID-Box) von buergerservice.org in ein solches Bürgerterminal verwandeln. Dort können sich Bürger identifizieren, authentifizieren und die entsprechenden Dienste in Anspruch nehmen, wenn sie selbst zu Hause kein Kartenlesegerät haben.
Ein Bürgerterminal ist schnell gebaut
Die SID-Box wird mit einem Basis-Kartenlesegerät, einem optionalen UMTS-Datenstick und einem schreibgeschützten USB-Stick geliefert, auf dem das Linux-Live-System der sogenannten Buerger-DVD gespeichert ist. Dabei handelt es sich um die Software, mit der Bürgerterminals einfach eingerichtet werden können. Durch die Einstellung "Booten von USB" verwandelt sich der Standard-PC zu einem solchen Bürgerterminal für alle Dienste mit Online-Ausweisfunktionen. Vor jeder Nutzung wird die Software aus einem schreibgeschützten Speicher neu gestartet, sämtliche Spuren der Nutzung werden beseitigt. Wird das Bürgerterminal nicht direkt genutzt, kann eine Slide-Show darauf laufen, die Informationen zur Online-Ausweisfunktion gibt.
Wer dem Verein buergerservice.org beitreten möchte, zahlt als "Fördermitglied" 150 Euro im Jahr und/oder bringt Arbeitsleistung ein. Für die Dauer der Fördermitgliedschaft wird dem Mitglied die SID-Box zur Herstellung eines Bürgerterminals zur Verfügung gestellt. "Ordentliche Mitglieder" zahlen eine jährliche Gebühr von 1000 Euro. Sie gestalten die Aktivitäten des Vereins aktiv mit. (hv)