Rund neun Monate wurde an der Richtlinie mit Fachleuten in den Räumen des Bonner Innenministeriums gearbeitet. Vertreter von Open-Xchange haben ebenso mitgewirkt wie unser Partner Heinlein Support. Das Ergebnis kann sich meiner Meinung nach sehen lassen.
Die Richtlinie fordert nichts, was Provider nicht bereits heute erfüllen können. Sie enthält nichts revolutionär Neues, aber eben auch keinen faulen Kompromiss in der Sache. Die Messlatte liegt angemessen hoch: Technisch genau auf dem Stand der Zeit. Fakt ist dennoch, dass einige Anbieter die Anforderungen der Richtlinie noch nicht erfüllen und sich entsprechend strecken müssen - und dies ist durchaus gewollt.
Kein Rocket Science - aber auch kein fauler Kompromiss
Richtline BSI TR-03108 fordert unter anderem:
Den Einsatz vertrauenswürdiger Zertifikate entsprechend Richtlinie TR-03145
Das Vorliegen einer ISO27001-Zertifizierung oder eines IT-Sicherheitskonzeptes nach TKG, sowie die Erfüllung der gesetzlichen Datenschutzvorgaben entsprechend BDSG/GDPR
Den Einsatz von DNSSEC
Die Sicherung des SSL-Zertifikats durch DANE (TLSA-Records im DNSSEC)
Eine aktive Informationspolitik über IT-Sicherheit gegenüber den Usern, u.a. soll offengelegt werden, welche E-Mails mit SSL versendet werden/wurden.
DNSSEC verpflichtend - das erfüllen noch nicht viele
In der Arbeitsgruppe wurden die verschiedenen Anforderungen durchaus kontrovers diskutiert. So wurde lange Zeit DNSSEC nur als wünschenswert erachtet. Erst in der finalen Arbeitsgruppe am 12. April konnte sich unsere Auffassung durchsetzen, dass DNSSEC verpflichtend für sicheren E-Mail-Transport sein muss. Tatsächlich bieten bereits heute sowohl kleinere Anbieter wie mailbox.org als auch große E-Mail-Anbieter wie web.de und GMX dieses Sicherheits-Feature.
- E-Mail-Netiquette
Als das Internet beziehungsweise die E-Mail-Kommunikation laufen lernte, gehörte es zum guten Ton, einige Benimmregeln zu beachten. Diese sind im Lauf der Jahre ein wenig aus der Mode gekommen. Im Internet gibt es aber nach wie vor unzählige Verhaltensempfehlungen. Hier ist eine Auswahl. - 1) Freundliche Anrede und Grußformel
Eine allgemein gültige Formel gibt es nicht, übliche Anreden in der Geschäftskommunikation sind heute "Hallo Herr XX" oder "Sehr geehrte Frau YY". Wichtig sind eine freundliche und respektvolle Anrede zu Beginn der Kommunikation und eine ebenso gestaltete Grußformel zum Abschluss. - 2) Signatur und Footer
Hier stehen vollständiger Name samt Titel sowie sämtliche Kontaktdaten. Geschäftliche Korrespondenz benötigt zudem laut Gesetz formelle Angaben, etwa zu Geschäftsleitung oder Handelsniederlassung. - 3) Betreffzeile
Sie sollte den Anlass der E-Mail knapp und verständlich darstellen, so dass der Empfänger sogleich die Relevanz der Nachricht einschätzen kann. Als dringend gekennzeichnete E-Mails müssen wirklich dringend sein. - 4) Verteiler
Die cc-Funktion ist nützlich, um weitere Kommunikationspartner über aktuelle Entwicklungen in Kenntnis zu setzen, sollte aber immer zurückhaltend genutzt werden. - 5) Antwort
Gehen Sie sparsam mit der Funktion "Antwort an alle" um. - 6) Schreibweise
Hier gelten die üblichen Rechtschreibregeln. Viele Schreibfehler signalisieren Nachlässigkeit. Textpassagen in Großbuchstaben wirken aufdringlich. Durchgängig Kleingeschriebenes gilt als Hinweis auf eine geringe Wertschätzung des Adressaten. - 7) Länge der E-Mail
Gute E-Mails sind kurz gehalten. Die gesamte Kommunikationshistorie hängt nur an, wenn sie notwendig ist. Ganz bestimmt sollten Mails keine alten Diskussionen enthalten, die nichts mit dem aktuellen Thema zu tun haben. - 8) Format
Bunte E-Mails sind in der geschäftlichen Kommunikation überflüssig. Im Zweifel wird nur Text ohne HTML-Code verschickt. Emoticons sollten der privaten Korrespondenz vorbehalten sein. Längere Textpassagen mit Absätzen gliedern. - 9) Anhänge
Die Zeiten knapper Speicherressourcen und schlechter Verbindungen sind passé. Anhänge mit mehreren Gigabyte Volumen sollten dennoch die Ausnahme sein. Auch die Zahl der Anhänge sollte im niedrigen einstelligen Bereich bleiben. - 10) Kettenbriefe
An die geschäftliche E-Mail-Adresse zugestellte Kettenbriefe wandern in den Mülleimer.
Aufwändige, teure Zertifizierung könnte kleine Provider abhalten
Unklar ist aktuell noch, wie die E-Mail-Anbieter an die - aus Marketingsicht erstrebenswerte - Zertifizierung durch das BSI gelangen können. Die entsprechenden Richtlinien liegen aktuell noch nicht in der finalen Fassung vor. Die Arbeitsgruppe kritisiert, dass für die Zertifizierung ein aufwändiger und damit teurer Prüfprozess eines Gutachters vor Ort stattfinden soll. Dagegen argumentieren verschiedene Experten, dass sich 95% der für die Zertifizierung notwendigen Kriterien auch durch automatisierte Tests prüfen lassen.
Entsprechend befürchten vor allem die kleineren E-Mail-Anbieter, dass Aufwand und Kosten kleine und mittelständige Anbieter von der Zertifizierung abhalten, während Großprovider angesichts des zu erwartenden Marketingeffekts die Kosten gerne und problemlos tragen.
Wenn dem BSI an einer flächendeckenden Verbreitung neuer Sicherheitsstandards bei der E-Mail-Kommunikation gelegen ist, muss die Richtlinie nicht nur am technischen Wert, sondern auch daran gemessen werden, ob eine entsprechende Zertifizierung für alle Provider leistbar ist. (mb)