Eine Reihe von Softwareanbietern und Technologieunternehmen hat eine Non-Profit-Organisation ins Leben gerufen, um Bewerbungsprozesse mithilfe eines Identitätsdienstes für Arbeitnehmer zu beschleunigen. Arbeitnehmer sollen ihre Zeugnisse und Lebensläufe sicher in einer Blockchain abspeichern und unkompliziert in einem Bewerbungsprozess freischalten können. Der Vorteil für die Arbeitgeber besteht im geringeren Verwaltungsaufwand: Sie haben schnellen Zugriff auf nachweislich korrekte Unterlagen.
Die Velocity Network Foundation wird von zahlreichen Unternehmen unterstützt, darunter Oracle, SAP, UKG, AON und Randstad. Ziel ist es, den Zeit- und Kostenaufwand für die Überprüfung von Bewerbern in einem globalisierten Arbeitsmarkt zu reduzieren. Die Organisation arbeitet dazu an einem Blockchain-basierten System, das bereits von einigen der beteiligten Unternehmen getestet wird. Es soll Arbeitgeber in die Lage versetzen, Diplome, Zertifizierungen und Firmenzeugnisse viel schneller zu überprüfen als bisher. Die Lösung soll sich in gängige HR-Software einbinden lassen, so dass Unternehmen die Prozesse rund um die Verarbeitung von Bewerbungsunterlagen optimieren können.
Sichere Karriere-Wallet für Bewerber
Bewerber, die das Velocity-Netzwerk nutzen, erhalten im Gegenzug eine digitale Karriere-Wallet, die durch Kryptographie über den Digital Ledger gesichert ist und auf dem PC oder mobilen Endegrät abgelegt und verwaltet werden kann. Sie können potenziellen Arbeitgebern über einen öffentlichen Schlüssel verifizierte Informationen ihrer Wahl anbieten.
Die Velocity Network Foundation bezeichnet sich als gemeinnützige Organisation mit Sitz in Delaware. Sie hat es sich generell zur Aufgabe gemacht, Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, Ausbildungs-, Lizenzierungs- und Erfahrungsnachweise online sicher zu speichern und mit potenziellen Arbeitgebern zu teilen. "Heute dauert die Überprüfung von Bewerbungen manchmal Wochen oder sogar Monate", sagt Dror Gurevich, Gründer und CEO der Stiftung. Die Einstellungsmethoden seien veraltet und begünstigten Schwindeleien. Das alles mache den Recruiting-Prozess unsicher und langsam.
"Es gibt heute buchstäblich keine andere Möglichkeit der Überprüfung von Unterlagen als Telefonanrufe und die Beschaffung von Informationen aus verschiedenen Quellen", sagte Gurevich. "Das befeuert einen bereits 17 Milliarden Dollar schweren Markt für Screening-Dienste, der von professionellen Drittanbietern betrieben wird." Doch nicht nur die hohen Kosten seien ein Problem, sondern auch die langen Zeiträume für Einstellungen. Sie blockierten die Innovationen, die auf dem Arbeitsmarkt benötigt würden.
Fälschungssicherer Datensatz
Der Ablauf sieht vor, dass potenzielle Bewerber sich an autorisierte Aussteller ("Issuer") wenden und darum bitten, Zeugnisse und Zertifikate von Schulen, Universitäten, früheren Arbeitgebern oder Regierungsbehörden freischalten zu lassen (siehe Video unten). Die Aussteller signieren dann die ihnen vorliegenden, verifizierten Unterlagen mit einem privaten Schlüssel, um einen fälschungssicheren Datensatz daraus zu machen, der in die digitale Karriere-Wallet des Arbeitnehmers zurückgespielt wird.
So halten Bewerber in ihrer digitalen Wallet signierte Nachweise über ihren Beschäftigungsverlauf, ihren Bildungshintergrund oder ihre Fähigkeiten und Qualifikationen vor. Für jede Wallet schreibt die Ausstellungsinstanz einen kryptografischen Schlüssel in die Blockchain von Velocity Network, wodurch die Wallet überprüfbar und vertrauenswürdig wird. Die persönlichen Daten werden privat auf dem Gerät der jeweiligen Person gespeichert, und die Verifizierungsschlüssel enthalten keine Informationen, die eine persönliche Identifikation ermöglichen würden.
"Auf diese Weise können Einzelpersonen die Nachweise über ihren beruflichen Werdegang, ihren Bildungshintergrund, ihre Fähigkeiten und Qualifikationen sammeln, privat speichern und bei Bedarf mit Arbeitgebern teilen", sagt Gurevich. Die Arbeitnehmer seien alleinige Eigentümer ihrer validierten Daten im Velocity Network und könnten entscheiden, welchen potenziellen Arbeitgebern sie einen öffentlichen kryptografischen Schlüssel anbieten wollen.
Kryptogeld für Kontributoren
Über das Blockchain-Ledger will das Velocity-Netzwerk auch Geldbeträge in Kryptowährungen auszahlen. Organisationen, die Zeugnisse und andere Karriereinformationen ausstellen, sollen mit "Velocity Credits" motiviert werden. Umgekehrt können sich Unternehmen den Zugang zum Blockchain-Ledger auf dem Velocity Credit Marktplatz in einer virtuellen Währung erkaufen, um Referenzen von Bewerbern schnell überprüfen zu können.
"Wir verlassen uns derzeit zu stark auf ungeprüfte Lebensläufe, LinkedIn-Profile und ähnliches als Quellen für Bewerber- und Mitarbeiterdaten", sagt Gurevich. Wer irgendwo auf der Welt Entwickler anheuern wolle, könne kaum herausfinden, mit wem er es zu tun habe und ob die regulatorischen Voraussetzungen in dessen Land ausreichten. "Für die meisten Arbeitgeber bedeutet das, dass sie die Qualifikationen der Person mühsam überprüfen müssen, oder sie riskieren, für fahrlässiges Verhalten im Recruiting-Prozess verantwortlich gemacht zu werden."
Ein Netzwerk funktioniert nur mit Teilnehmern
Der Erfolg oder Misserfolg des Velocity Network wird weitgehend davon abhängen, wie viele Organisationen mitziehen und Daten mit dem Netzwerk austauschen. So müssen sich beispielsweise Hochschulen und Tech-Bootcamp-Dienste mit dem Netzwerk verbinden und verifizierte Daten freigeben. Und die Personalverwaltungssysteme der Unternehmen müssen eine Verbindung mit dem Dienst ermöglichen.
Alex Chudnovsky, Vice President of Product Strategy bei SAP, ist Gründungsmitglied im Verwaltungsrat der 2019 gegründeten Velocity Foundation. Seinen Ausführungen zufolge testet SAP das Blockchain-basierte Netzwerk derzeit intern und mit einigen Partnern. Ziel sei es, Mitarbeitende und das HR-Personal heranzuführen und zu informieren. Laut Chudnovsky dauert bei SAP die Überprüfung eines Bewerbers fünf bis 14 Tage und kostet 75 bis 200 Dollar.
Ein Schlüssel zum Erfolg werde die API-Integration des Velocity-Netzwerks in bestehende HR-Systeme sein, um den Einstellungsprozess nahtlos zu gestalten. "Die meisten HR-Systeme haben heute Probleme mit der Interoperabilität", sagt Chudnovsky. (hv)