TCL Communications, das seit 2016 Smartphones der Marke Blackberry fertigt und vertreibt, wird das Geschäft damit zum 31. August 2020 einstellen. Das hat das Unternehmen über den Twitter-Account BlackBerry Mobile mitgeteilt. Begründet wird das damit, dass man die Rechte nur bis dahin habe. Support und Garantieleistungen sollen jedoch noch bis mindestens 31. August 2022 oder so lange, wie die jeweiligen Gesetze des Verkaufsortes das vorschreiben, gewährt werden.
Ob ein anderer Fertiger die Marke übernimmt, ist derzeit nicht bekannt. Weder TCL noch Blackberry selbst haben dazu bislang Angaben gemacht. Angesichts der inzwischen verschwindend geringen Marktbedeutung ist das auch unwahrscheinlich. Blackberry-Smartphones rangieren in den Smartphone-Statistiken der Marktforscher längst nur noch in der Kategorie "andere".
In Deutschland und Europa gilt das schon länger. In traditionell für Blackberry starken Ländern wie Indonesien setzte der Verfall etwas später ein, traf den Anbieter dafür umso stärker. Zum Beispiel schrumpfte dort der Marktanteil von 43 Prozent im Jahr 2011 laut Zahlen von IDC auf lediglich 3 Prozent im Jahr 2011. Auch der Wechsel auf Android als Betriebssystem und damit auch die Möglichkeiten zur Nutzung des breiteren App-Angebots, konnten die verlorenen Marktanteile nicht zurückholen.
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Blackberry selbst hat sich aus der Fertigung von Hardware 2016 zurückgezogen. Damals übernahm das chinesische Unternehmen TCL, das schon die beiden damals aktuellen Modelle DTEK50 und DTEK60 im Auftrag fertigte, auch die Lizenzrechte an der Smartphone-Software- und Service-Suite von Blackberry inklusive der damit verbundenen Markenrechte.
Auch TCL mit der Marke Blackberry bei Smartphones glücklos
Das erste TCL-Blackberry, das "KEYone", wurde bereits im Februar 2017 vorgestellt und kam vor allem bei der loyalen Blackberry-Gemeinde gut an, weil es traditionelle Blackberry-Stärken wie Sicherheit, Zuverlässigkeit, lange Akkulaufzeit und vor allem eine physische Tastatur bot. Allerdings war die Fan-Gemeinde damals schon sehr klein, mit den folgenden Modellen, wie dem Blackberry Motion, setzte TCL dann wieder auf aktuelles aber eben auch austauschbares Design. Diese Disziplin beherrschen jedoch Konkurrenten wie Xiaomi, Oppo oder OnePlus besser, die in den vergangenen Jahren einen kometenhaften Aufstieg hinlegten.
Mit dem Abschied von TCL von den Blackberry-Lizenzen geht eine fast 36 Jahre lange Geschichte zu Ende. Am 7. März 1984 wurde im kanadischen Waterloo die Firma Research In Motion (RIM) gegründet, die dann mit ihren Blackberry-Mobiltelefonen weltweit bekannt wurde. Mike Lazaridis, einer der drei Mitgründer, war bis Januar 2012 Co-CEO des Unternehmens.
Der Sohn griechischstämmiger Einwanderer aus der Türkei hatte sich bereits in seiner Jugend für Physik begeistert. Neben seinen Managementaufgaben bei RIM ist er auch als Erfinder und als Förderer der Universität von Waterloo in Erscheinung getreten. Lazaridis spielte als Visionär und Technik-Enthusiast eine wichtige Rolle beim Aufstieg des Unternehmens. Ihm sind aber in den Jahren nach der Markteinführung des iPhone und dem dadurch herbeigeführten Wandel auch einige wichtige Fehlentscheidungen anzulasten.
Blackberry ließ damals eine klare Ausrichtung vermissen, hatte mit Flops bei Produkteinführungen wie beim eigenen Tablet "Playbook" zu kämpfen , geriet durch Ausfälle seines vor allem in Firmen beliebten Messaging-Dienstes in die Schlagzeilen und verlor das Vertrauen vieler Anwender durch nicht enden wollenden Streit um die Zugriffsmöglichkeiten stattlicher Organe in Ländern wie Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, in der sich der Hersteller lange wand und keine klare Position bezog.
Der schwierige Umbau von Blackberry unter John Chen
Das änderte sich auch nach der Ablösung des Führungsduos Mike Lazaridis und Jim Balsillie durch den zuvor für das Tagesgeschäft verantwortlichen, ehemaligen Siemens-CTO Thorsten Heins. Der fand zwar große Worte - etwa, dass das iPhone veraltet sei - und beschwor die eigene Betriebssystem-Plattform, konnte den Verfall des Unternehmens aber nicht aufhalten und musste nach nicht einmal zwei Jahren zurücktreten. Die von Bloomberg berechnete Abfindung in Höhe von rund 22 Millionen Dollar dürfte ihn jedoch über den unternehmerischen Misserfolg hinweggetröstet haben.
Sein Nachfolger, der ehemalige Sybase-Chef John Chen, benötigte zwar ebenfalls mehrere Anläufe, schaffte es jedoch, das Unternehmen auf einen neuen Kurs zu bringen. Nachdem die noch unter Lazaridis erfolgten Übernahme des deutschen Mobile-Device-Management-Spezialisten Ubitexx aufgrund der langen und mühsamen Integration kaum etwas brachte, verlieh er den Bereich mit dem Kauf des ebenfalls in diesem Segment tätigen Good Technology neuen Schwung.
Auch die Übernahme des deutschen Unternehmens Secusmart, das vor allem als Lieferant der Technologie bekannt wurde, mit der das Handy der Bundeskanzlerin abgesichert wurde, und zuletzt dem US-amerikanischen Security-Anbieter Cylance, stellte Chen das Blackberry-Geschäft komplett um. Der große Erfolg der Maßnahmen blieb bisher aus, aber sie sorgten zumindest für ein Überleben des stark gebeutelten Unternehmens. So blieb der Wert der Aktie mit einigen kleineren Ausschlägen nach oben zum Beispiel immerhin stabil. Heins hatte das nicht geschafft: In seiner Amtszeit sackte deren Wert von rund 25 auf etwa 5 Euro pro Aktie ab.