"Die Digitalisierung der Wirtschaft nimmt Fahrt auf", sagte Bitkom-Präsident Thorsten Dirks am ersten Tag der CeBIT in Hannover. Die meisten Manager hätten die Herausforderung erkannt, nun aber müssten die Unternehmen "Tempo machen und den digitalen Wandel aktiv vorantreiben." Dirks stützte sich auf eine repräsentative Umfrage unter 507 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern, die der Bitkom in Auftrag gegeben hatte.
Fast zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Unternehmen geben an, dass sich infolge der Digitalisierung ihr Geschäftsmodell verändert. Im Vorjahr waren es noch 55 Prozent. Geht es um die Fortschritte in Sachen digitale Transformation, geben sich die Entscheider aber selbstkritisch. Eine große Mehrheit (59 Prozent) sieht sich als Nachzügler; 7 Prozent glauben sogar, ihr Unternehmen habe den Anschluss verpasst. Immerhin 27 Prozent bezeichnen sich als Vorreiter.
Der Bitkom sieht zwei grundsätzliche Dimensionen, wenn es um die digitale Transformation geht. Zum einen die Digitalisierung bestehender Geschäftsprozesse, die sich vor allem darum dreht, Kosten zu senken und gleichzeitig die Effizienz und Produktivität zu erhöhen. Andererseits die Digitalisierung von Geschäftsmodellen, die die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen erfordere, um so den Umsatz zu steigern und Marktanteile zu gewinnen. Beim Optimieren von Prozessen seien die deutschen Unternehmen traditionell gut, so Dirks. "Die Digitalisierung von Geschäftsmodellen ist aber keine ausgeprägte Stärke der Deutschen."
Tatsächlich zeigt die Studie, dass etliche Unternehmen auf den digitalen Wandel schlecht vorbereitet sind. Gut ein Viertel (28 Prozent) hat noch immer keine Digitalstrategie. Allerdings zeige sich ein positiver Trend, so Dirks. Im vergangenen Jahr fehlte noch 37 Prozent der Befragten eine Digitalstrategie. In 27 Prozent der Fälle gibt es derzeit zumindest in einzelnen Unternehmensbereichen Strategien für den Einsatz digitaler Technologien (Vorjahr: 24 Prozent). Dagegen arbeiten 43 Prozent mit einer zentralen Strategie, die verschiedene Aspekte der Digitalisierung berücksichtigt und vom Topmanagement getrieben wird (Vorjahr: 39 Prozent). "Die Unternehmen brauchen für die Digitalisierung einen strategischen Ansatz und eine Verankerung in der Unternehmensspitze", forderte der Bitkom-Präsident.
Digitalkompetenzen sind Mangelware
Ein zentrales Problem sind nach wie vor die fehlenden Fachkräfte, auch dafür liefert die Studie Belege. So erklärt die große Mehrheit der befragten Unternehmen (87 Prozent), dass sie mehr Mitarbeiter mit Digitalkompetenzen benötigt. Aus der Sicht des Bitkom geht es dabei nicht nur um gängige Bürosoftware, sondern um spezielle Kenntnisse für die jeweiligen Arbeitsfelder. Zu diesen gehörten etwa betriebswirtschaftliche Anwendungen für Controlling, Marketing oder Finanzen, aber auch CAD-Software für Ingenieure oder Content-Management-Systeme für die Pflege von Webseiten. "Unternehmen müssen die Digitalkompetenz ihrer gesamten Organisation stärken", kommentierte Dirks die Ergebnisse. "Das reicht von Schulungen für die Mitarbeiter über ein geeignetes Recruiting bis zur Verankerung von IT-Know-how an der Unternehmensspitze."
Digital Hubs sollen die Kräfte bündeln
Um die vielfältigen Herausforderungen in den Griff zu bekommen, schlägt der Branchenverband den Aufbau von "Digital Hubs" für die Leitbranchen der deutschen Wirtschaft vor. Die Flaggschiffe der deutschen Wirtschaft sollten in diesen Hubs zusammen mit Mittelständlern, Startups, IT-Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein digitales Ökosystem bilden. Dirks: "Wir müssen unsere Kräfte bündeln und digitale Schwerpunkte mit internationaler Strahlkraft schaffen." Es genüge nicht, nur zu vernetzen, was schon da ist: "Wir brauchen einen Neuanfang in der Innovationspolitik, um zu den weltweit führenden Standorten der digitalen Wirtschaft aufschließen zu können." (wh)