Berufsgenossenschaft Holz und Metall

BGHM CIO über die Vorteile der Digitalisierung

30.10.2020
Von Andrea König
Die BGHM hat sich in den vergangenen Jahren durchgängig digitalisiert. Davon profitieren die 3.700 Beschäftigten nicht nur im täglichen Verwaltungsgeschäft, sondern auch im Zuge der Corona-Krise.

Mit etwa 5,4 Millionen Versicherten aus etwa 227.000 Mitgliedsbetrieben und einer Umlage von 2,3 Mrd. Euro ist die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) einer der größten Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Beschäftigten sowie freiwillig versicherten Unternehmer:innen aus holz- und metallverarbeitenden Betrieben sind in der BGHM gegen Unfälle und Berufskrankheiten versichert. Die BGHM fusionierte in den Jahren 2005, 2007 und 2011 aus ursprünglich sechs Berufsgenossenschaften. Bereits vor den Fusionen - im Jahr 2002 - wurde die Vereinigte IT-Abteilung (VITA) als gemeinsame Organisationseinheit aller bis dahin selbständigen IT-Abteilungen gegründet.

Michael Heyder, CIO der Berufsgenossenschaft Holz und Metall: "Mit der Entscheidung der Geschäftsführung schloss die BGHM am 20.03.2020 alle Standorte und ging komplett ins Homeoffice. Möglich wurde dies, weil alle ca. 3.700 Beschäftigten ein Notebook besitzen und alle Geschäftsprozesse digital zu bearbeiten sind."
Michael Heyder, CIO der Berufsgenossenschaft Holz und Metall: "Mit der Entscheidung der Geschäftsführung schloss die BGHM am 20.03.2020 alle Standorte und ging komplett ins Homeoffice. Möglich wurde dies, weil alle ca. 3.700 Beschäftigten ein Notebook besitzen und alle Geschäftsprozesse digital zu bearbeiten sind."
Foto: Berufsgenossenschaft Holz und Metall

Mit ca. 200 Mitarbeiter:innen an fünf Standorten war es von Anfang an Ziel der VITA, sich als Softwarehaus zu etablieren, stets die neueste Software und Hardware zum Einsatz zu bringen und mindestens unter den gewerblichen Berufsgenossenschaften die beste Informationstechnik anzubieten. Es galt für die VITA, nicht nur das Bild eines Papier-orientierten behäbigen Verwaltungsapparats zu reformieren. Ziel war es vor allem, eine Kultur und ein Vorgehen zu etablieren, welches Fortschritt als Chance, IT als notwendiges und gutes Werkzeug versteht und Schnelligkeit begrüßt. Mit dieser Initiative hat sich die Berufsgenossenschaft Holz und Metall beim DIGITAL LEADER AWARD 2020 beworben.

Drei strategische Ziele

Bei ihren strategischen Zielen setzt die VITA auf Standardisierung, Fokussierung und Automatisierung:

  • Standardisierung: Bei der Basis-Infrastruktur nutzt die Berufsgenossenschaft ausschließlich Microsoft-Produkte, bei internen Geschäftsprozessen wie Personalverwaltung und Gehaltsabrechnung SAP-Produkte.

  • Fokussierung: VITA konzentrierte sich auf die Softwareentwicklung einer ERP & CRM Software für alle Belange einer modernen Unfallversicherung. Denn durch die geringe Anzahl potentieller Kunden gab es auf dem freien Markt kein Produkt, welches auf die Belange eines Unfallversicherungsträgers zugeschnitten ist.

  • Automatisierung: Um eine interne Vorgabe zu gewährleisten, jedes Jahr mit dem gleichen Personalbestand und einem identischen Sachkostenaufwand (2002 bis 2020) auszukommen, ist eine umfassende Automatisierung unerlässlich, beispielsweise das automatische Patchen von Clients und Servern.

Unter anderem halfen die folgenden Schritte dabei, die Berufsgenossenschaft digital neu aufzustellen:

  • Anforderungsanalysen, Pflichtenhefte und Dokumentationen fielen weg. Heute arbeitet die BGHM mit User-Stories, User-Aufgaben sowie Vorstudien und Projekten.

  • Der letzte Mainframe wurde ab 2007 extern gehostet und 2011 endgültig abgeschaltet. Eine weitere Infrastruktur-Maßnahme ist die sogenannte 4-2-4-Regel: Updates im Client-Umfeld (Windows 10, Oce, etc.) werden vier Wochen nach Herstellerfreigabe in einer Testgruppe evaluiert, dann zwei Wochen in der IT-Abteilung produktiv gestellt und anschließend über max. vier Wochen an die 3.700 Beschäftigten der BGHM verteilt.

  • Software muss nicht nur funktionieren und keine Fehler beinhalten, sie muss vor allem auch "schön" und schnell sein. Das User-Interface orientiert sich daher ausschließlich an MS Office, aktuell an Office 365.

Vorteile einer digitalisierten Berufsgenossenschaft

Die BGHM ist heute durchgängig digitalisiert, was Vorteile auf mehreren Ebenen mit sich bringt. Da alle Verwaltungsakten ausschließlich in digitaler Form vorliegen, ist die Verwaltungsarbeit an jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit möglich. Dies hat zu einem sehr hohen Anteil an Telearbeit und zur Zertifizierung "Audit berufundfamilie" geführt. Auch im Recruiting verschafft dies der BGHM Vorteile bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter.

Der Einsatz elektronischer Formulare hat zu einer zeitlichen Beschleunigung geführt, die zuvor für undenkbar gehalten wurde. Die automatische Rechnungsprüfung sowie die elektronische Integration der Beteiligten im Gesundheitswesen haben darüber hinaus den Personalbedarfs deutlich reduziert, wodurch neue Planstellen, etwa für Reha- und BK-Management, geschaffen werden konnten. Von 1,8 Mio. Rechnungen pro Jahr sind ca. 1,2 Mio. für die automatische Rechnungsprüfung geeignet. Bisher werden bereits zehn bis 15 Prozent vollständig automatisiert verarbeitet. Die BGHM ist zudem der einzige Unfallversicherungsträger in Deutschland, der eine elektronische Versichertenakte anbietet.

Welche weiteren Vorteile eine durchgängige Digitalisierung mit sich bringt, hat die BGHM ganz aktuell durch die Corona-Krise erfahren: Im März 2020 wurden alle Standorte geschlossen. Die Mitarbeiter*innen wechselten komplett ins Homeoffice und konnten dort alle Geschäftsprozesse digital bearbeiten.

Über die BGHM

Die gewerblichen Berufsgenossenschaften in Deutschland betreuen rund 42 Millionen Versicherte in etwa drei Millionen Unternehmen. Als eine von neun gewerblichen Berufsgenossenschaften übernimmt die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) die Haftpflicht von rund 227.000 Betrieben des Holz und Metall verarbeitenden Gewerbes und versichert 5,4 Millionen Arbeitnehmer. 2022 steht der nächste Digitalisierungsschritt vor der Tür: Die BGHM wird ihre komplette Infrastruktur und weitgehend alle Anwendungen bis 2022 in die Cloud verlagern.