Bevor Sie sich in einer Abschieds-E-Mail alles von der Seele schreiben, was Sie in den letzten Jahren belastet hat, gehen Sie noch einmal in sich: Wir haben C-Level-Entscheider und HR-Spezialisten gefragt, wie ein vorbildlicher Jobwechsel vonstatten gehen sollte - und wie nicht.
Job wechseln: Das sollten Sie beachten
1. Intakte Brücken
"Reden Sie nicht schlecht über Ihren alten Arbeitgeber, Ihren Chef oder Ihre Abteilung bevor Sie den Job wechseln. Das könnte zum Bumerang werden", empfiehlt Kathleen Spillane, Talent Acquisition Lead bei Duck Creek Technologies.
Legen Sie stattdessen Wert auf einen reibungslosen Abgang und stellen Sie so sicher, dass Sie als Profi wahrgenommen werden, für dessen Rückkehr eine Tür offenbleibt.
2. Offenheit
Wenn möglich, sollten Sie - wenn Sie ein interessantes Jobangebot bekommen - in einen offenen Dialog mit Ihrem Vorgesetzten eintreten. Hierbei sollten Sie die Gründe für Ihren Wechsel darlegen und ihre Hilfe für die Zeit des Übergangs anbieten. Idealerweise haben Sie während Ihrer Zeit beim aktuellen Arbeitgeber Ihr Knowhow an junge Talente weitergegeben - falls nicht, ist jetzt der beste Zeitpunkt dafür.
"Die besten Führungskräfte bemühen sich um einen Nachfolger - unabhängig davon, ob Sie planen, den Arbeitgeber zu wechseln", weiß Somer Hackley, CEO des Recruiting-Spezialisten Distinguished Search.
3. Kollegialität
Wenn Sie einen neuen Job antreten, ist es sehr wahrscheinlich, dass Ihre Kollegen Ihre Pflichten übernehmen, bis ein Nachfolger gefunden ist. Deshalb sollten Sie Ihren Kollegen gegenüber fair agieren und Ihre sämtlichen Aufgaben und Verantwortlichkeiten offenlegen - das könnte ihnen auf lange Sicht zugutekommen.
"Nach mir die Sintflut ist der einfachste Weg. Ihre Kollegen werden Sie dann allerdings nicht in guter Erinnerung behalten. Das könnte Ihnen im Verlauf Ihrer weiteren Karriere auf die Füße fallen", meint Spillane.
4. Kommunikation
Ein detaillierter Übergangsplan sei das Optimum für einen geordnete Übergabe an Ihren Nachfolger, ist Colleen Berube, CIO bei Zendesk, überzeugt: "Dazu gehören beispielsweise etwaige Extraaufgaben, die Sie übernommen haben und das Zusammenstellen wichtiger Dokumente. Letztendlich geht es darum, maximale Transparenz zu schaffen, um einen professionellen Übergang zu absolvieren."
5. Gerüchte
Wenn Sie sich entschieden haben, den Arbeitgeber zu wechseln, sollte Ihr Chef zuerst davon erfahren, nicht Ihre Kollegen, empfiehlt Alex Strathedee, Mitbegründer des Recruiting-Unternehmens InPerson: "Wenn Ihr Chef erst über Umwege von Ihrem Wechsel Wind bekommt, ist es mit dem Vertrauensverhältnis meist dahin. Zudem befeuert ein solches Vorgehen häufig die Gerüchteküche, wenn es dann um den Grund des Wechsels geht."
6. Leistung
Wahre Größe zeigt sich dann, wenn Sie Ihren Jobwechsel bereits in die Wege geleitet haben - wenn die Leistung dann kontinuierlich nachlässt, gibt das kein gutes Bild ab, wie Strathdee weiß: "Geben Sie sich die letzten zwei Wochen ganz besonders viel Mühe in Ihrem alten Job - auch wenn Sie sicher genügend andere Dinge im Kopf haben. An ihre letzten Tasks wird man sich in jedem Fall erinnern, also geben Sie alles - das zeigt, dass Sie nicht nur an Ihren eigenen, sondern auch den Erfolg der anderen denken."
7. Vorbereitung
Gespräche, die Sie im Rahmen Ihres Jobwechsels führen müssen, können mitunter unangenehm werden. Deshalb ist es sinnvoll, sich auf diese vorzubereiten, wie Hackley empfiehlt.
"Überlegen Sie sich genau, wie viele Informationen Sie preisgeben wollen. Manche Führungskräfte berichten von Ihrem neuen Arbeitgeber, andere nicht - das hängt ganz vom Verhältnis zu Ihrem Vorgesetzten ab. In jedem Fall sollten Sie ehrlich bleiben und das Gespräch in positive Bahnen lenken - es gibt schließlich einen Unterschied zwischen 'neue Möglichkeiten erkunden' und 'flüchten'. Darüber hinaus sollten Sie sich auch überlegen, wie Sie auf mögliche Gegenangebote reagieren."
8. Kontrolle
Haben Sie bei Ihrem Vorgesetzten die Katze aus dem Sack gelassen, sollten Sie erst einmal kleine Brötchen backen, wie Recruiting-Spezialistin Hackley weiß: "Keine Frage, Sie sind aufgeregt und begeistert wegen Ihres neuen Jobs, aber Sie sollten diese Begeisterung noch ein wenig für sich behalten. Sehen Sie davon ab, Ihren Status auf Social-Media-Plattformen wie LinkedIn zu früh zu ändern oder mit Ihren Kollegen über Einzelheiten Ihrer neuen Stelle zu sprechen."
9. Mindset
So verlockend es auch sein mag: Verkneifen Sie sich Äußerungen über negative Erfahrungen an Ihrem alten Arbeitsplatz. Sie sollten alles daransetzen, sich mit Ihrem alten Arbeitgeber gut zu stellen - dazu gehört unter Umständen auch, Kompromisse zu machen.
"Es zahlt sich aus, diplomatisch zu bleiben. Gerade im Tech-Bereich zählt Reputation - und Sie wissen nie, welche Jobchancen sich in Zukunft noch durch Ihre Ex-Kollegen oder Ihren ehemaligen Arbeitgeber ergeben", meint Tom Winter, Mitbegründer von DevSkiller.com.
10. Liste
Führungskräfte, die auch bei einem anstehenden Jobwechsel einen guten Eindruck machen wollen, empfiehlt Leroy Ware, Mitbegründer des HR-Spezialisten Knack for Engineers, das Anfertigen einer To-Do-Liste.
"Eine solche Liste ist eine kleine Geste mit großer Wirkung: Nur so weiß Ihr Team aus erster Hand, welche Aufgaben in der Übergangsphase zu erledigen sind."
11. Zeitmanagement
Neue Job-Möglichkeiten ergeben sich unter Umständen ziemlich plötzlich. Dennoch ist es unabdingbar, im Sinne der Fairness ein gutes Zeitmanagement an den Tag zu legen. Wie wichtig das ist, weiß Carolyn Regan, Senior HR-Spezialistin bei Racepoint Global, aus erster Hand: "Ich kann mich an einen Mitarbeiter erinnern, der vor kurzem zu einem anderen Arbeitgeber gewechselt ist. Dieser Mitarbeiter war in seiner Kommunikation sehr offen und hat im formalen Exit-Interview auch wertvolles Feedback abgegeben. Dieser Mitarbeiter hat den bestmöglichen Abgang hingelegt - wir würden ihn jederzeit wieder anstellen."
12. Trennfähigkeit
Mitarbeiter wissen in der Regel, wann es Zeit ist, ein Unternehmen zu verlassen. Die Anzeichen dafür sind meist auch nicht sonderlich schwer zu erkennen.
"Solche Mitarbeiter arbeiten unmotiviert, sind leicht reizbar und haben wenig Interesse daran, sich neue Skills anzueignen", weiß Regan. "Wenn Mitarbeiter zu lange in einem solchen Zustand verharren, wirken sie nicht nur auf ihr Unternehmen, sondern auch auf sich selbst toxisch."
Sowohl für den Mitarbeiter, als auch für das Unternehmen sei es in einem solchen Fall besser, getrennte Wege zu gehen, meint die Expertin. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.
- Tipps für Kündigung und Trennung
Wenn Mitarbeiter entlassen werden müssen, sollte dies möglichst schmerzfrei erfolgen. Frank Adensam sagt, wie Sie dabei vorgehen sollten. - Sorgfältig vorbereiten
Das setzt eine sorgfältige Vorbereitung voraus. Diese gelingt Unternehmen am besten, wenn sie, sobald feststeht, dass Mitarbeiter entlassen werden müssen, ein Drehbuch für den Kündigungs- und Trennungsprozess schreiben. - Ruhig und sachlich bleiben
In der Regel sollte der unmittelbare Vorgesetzte die betroffenen Mitarbeiter über ihre Kündigung informieren - selbst wenn diese von der Personalabteilung versandt wird. Auf dieses Gespräch muss er sich vorbereiten. Unter anderem, indem er sich im Vorfeld fragt: Teile ich in dem Gespräch dem Mitarbeiter nur die Kündigung mit und setze ich mich mit ihm anschließend nochmals zusammen, um zu vereinbaren, wie die Trennung gestaltet wird? - Nicht um den heißen Brei reden
Oft wollen Führungskräfte das Kündigungsgespräch möglichst schnell hinter sich bringen. Die Folge: Sie stoßen den Mitarbeiter vor den Kopf, indem sie ihm unvermittelt die Nachricht "Sie sind entlassen" entgegenschleudern. Zuweilen scheuen sie sich aber auch, die unangenehme Botschaft auszusprechen und reden um den heißen Brei herum. Beides ist unangebracht. - Emotionen akzeptieren
Auf diese Nachricht reagieren Mitarbeiter unterschiedlich - manche geschockt, manche gelassen, manche wütend. Lassen Sie zu, dass Ihr Mitarbeiter Emotionen zeigt. Äußern Sie hierfür Verständnis. Und geben Sie ihm ausreichend Zeit, die Fassung wiederzugewinnen. Gelingt ihm dies nicht, sollten Sie das Regeln der Trennungsmodalitäten vertagen - zum Beispiel, indem Sie vorschlagen: "Herr/Frau Müller, sicher müssen Sie den Schock erst verdauen. Was halten Sie davon, wenn wir uns übermorgen nochmals zusammensetzen und darüber reden ..." - "Sie haben doch gesagt, ..."
Ein Vorwurf, mit dem Führungskräfte bei Kündigungen oft konfrontiert werden, ist: "Aber vor einem Monat planten Sie mit mir doch noch ..." Oder: "Bei der Weihnachtsfeier sagten Sie, unsere Arbeitsplätze seien sicher." Dann sollten Sie zu Ihren Worten und Taten stehen. Bedauern Sie Ihren Irrtum. Sagen Sie, dass Sie zum damaligen Zeitpunkt die Situation anders einschätzten, diese sich aber in der Zwischenzeit aufgrund der Faktoren A, B, C geändert hat. - "Warum gerade ich?"
Dessen ungeachtet werden die zu kündigenden Mitarbeiter stets fragen: Warum gerade ich? Geben Sie dem Mitarbeiter eine inhaltlich verständliche Erklärung. Auf keinen Fall sollten Sie sich aber auf eine Diskussion über die Auswahlkriterien einlassen. Denn wer die Gründe für die Kündigung diskutiert, diskutiert die Kündigung selbst. - Kündigung begründen, ohne zu kränken
Entlässt ein Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern betriebsbedingt eine größere Zahl von Mitarbeitern, dann muss deren Auswahl meist gemäß den gesetzlichen Vorgaben anhand von Kriterien wie Alter, Familienstand und Dauer der Betriebszugehörigkeit erfolgen. Auch dann ist das Begründen vergleichsweise einfach, denn die Auswahl basiert auf objektiven Kriterien. Deshalb kann der Mitarbeiter eine solche Auswahl leichter akzeptieren als eine personenbezogene. - Die Zeit bis zum Ausscheiden regeln
Ist die Kündigung ausgesprochen und begründet, geht es darum, die Zeit zwischen der Kündigung und dem Austritt aus dem Unternehmen zu regeln. Hierfür können Sie einen separaten Termin vereinbaren. Im Trennungsgespräch selbst sollten Sie Ihrem Mitarbeiter einen Weg aufzeigen, wie der Trennungsprozess gestaltet werden kann. Außerdem sollten Sie ihm Hilfe beim Suchen einer neuen Stelle anbieten. - Den Blick wieder in Richtung Zukunft wenden
Oft ist eine bezahlte Freistellung bis zum Ausscheidetermin für beide Parteien die sinnvollste Lösung. Für die Gekündigten hat dies den Vorteil: Sie können sich voll auf das Entwickeln einer neuen Perspektive konzentrieren.