Jeder Personalchef oder Abteilungsleiter stellt den Bewerbern in der Regel die gleichen Fragen beim Vorstellungsbespräch. Darunter befindet sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine Lieblingsfrage. Unsere amerikanische Schwesterpublikation Computerworld hat IT-Experten zu ihren Lieblingsfragen im Bewerbungsgespräch befragt.
1.) Erzählen Sie mir von einem Vorgang, den Sie für andere dokumentiert haben
Diese Aufforderung nutzt Joe Schmitt von der U.S. Bank gern in Vorstellungsgesprächen, um mehr über einen Kandidaten zu erfahren. Die Antwort verrät dem Network Support Manager, wie wichtig dem Bewerber Teamwork ist und ob er sein Wissen anderen zugänglich macht. Generell möchte Schmitt in diesen Gesprächen herausfinden, ob Kandidaten den richtigen Mix an Neugierde, Leidenschaft und Einsatz mitbringen. Das lässt sich seiner Meinung nach mit Fragen wie der nach der Dokumentation viel besser herausfinden als mit Fragen zu den technischen Fähigkeiten.
2.) Erzählen Sie mir von einem Projekt
Stellt Thad Neal von der ERP-Beratung Junction Solutions einem Kandidaten diese Frage, geht es ihm nicht vorrangig um das Projekt. Neal bohrt mit Detailfragen nach und möchte genau wissen, wie sich der Bewerber im besagten Projekt an welcher Stelle verhalten hat. Den Kandidaten kann er dann gut einschätzen, wenn er detailliert auf seine Fragen antwortet und dabei auch auf persönliche Herausforderungen, komplexe Aufgaben und Einschränkungen eingeht.
Neal möchte damit herausfinden, ob Kandidaten wissen, an welchem Punkt sie die Hilfe anderer benötigen und ob sie so wenig selbstbezogen sind, dass sie diese Hilfe dann auch in Anspruch nehmen. Er rechnet es einem Bewerber zum Beispiel hoch an, wenn dieser im Gespräch sagt, dass er die Antwort nicht kennt, aber weiß, wo sie sich recherchieren lässt.
3.) Was könnten Sie mir über Details zur Programmierung von … sagen?
IT-Experte Joseph Morgan von Netsmart wird regelmäßig wegen seiner mehr als 25 Jahre Berufserfahrung gebeten, bei Bewerbungsgesprächen dabei zu sein. Anders als viele fragt er durchaus nach IT-Themen. Manchmal verpackt er in diesen Fragen Fallen, bei denen er gezielt nach etwas fragt, was technisch überhaupt nicht möglich ist. Damit möchte er herausfinden, ob Kandidaten zugeben, dass sie etwas nicht wissen, oder ob sie anfangen zu bluffen.
Generell findet er, dass man als Fragensteller nicht zu sehr auf eine einzige Antwort eingeschossen sein sollte, die man vom Kandidaten erwartet. So hat er einmal etwas zu einer Programmierung gefragt und mit einer kurzen, prägnanten Antwort gerechnet. Der Kandidat hat ausschweifend zur Architektur geantwortet. Das hatte Morgan überhaupt nicht erwartet, doch es war eine sehr gute Antwort, die viel über die Kompetenzen des Kandidaten verraten hat.
4.) Wie würden Sie das Thema einem Nicht-IT-Experten erläutern?
Diese Frage zählt für Aundrea Marchionna, die als Technical Architect bei der Agentur MRM Worldwide arbeitet, zu einem ihrer Favoriten. Sie versucht einen nicht in eine Falle zu locken, sondern ist klar verständlich und vorhersehbar.
Am angenehmsten hat die IT-Expertin ein Bewerbungsgespräch bislang empfunden, wenn bereits im Gespräch klar wurde, dass bei diesem Arbeitgeber das Verhältnis zwischen der IT und dem Business stimmt. Ihre bisher schlimmste Erfahrung hat sie bei einem Gespräch gemacht, in dem der Personaler ihr von Aufgaben und einer Unternehmenskultur berichtet hat, die sie so später überhaupt nicht vorgefunden hat. Das Unternehmen hat sie damals schnell wieder verlassen.
5.) Sie können ein Projekt rechtzeitig und unvollständig oder vollständig und verspätet abschließen. Wofür entscheiden Sie sich?
Die Frage ist die Lieblingsfrage eines Lesers, wie er in seinem Kommentar zum Artikel schreibt. Er stellt sie regelmäßig in Vorstellungsgesprächen und wundert sich, wie unterschiedlich die Antworten auf seine Frage ausfallen. Sehr viele, auch darüber wundert er sich, entscheiden sich schnell und ohne langes Nachdenken. Nur selten erhält er die Antwort, die ihn wirklich zufrieden stellt: Die wäre, dass der Kandidat sich mit dem Projektleiter und dem Team zusammensetzt und sie gemeinsam nach der besten Lösung suchen.
Ungewöhnliche Fragen stellen
Doch auch das Stellen ungewöhnlicher Fragen im Bewerbungsgespräch erfreut sich bei vielen Unternehmen großer Beliebtheit. Personaler fragen dann zum Beispiel
"Wie viele Kühe gibt es in Kanada?" (Google)
"Auf welche fünf Arten kann man ein Loch in Blech bohren?" (Apple)
"Welche Songs beschreiben Ihre Arbeitsmoral?" (Dell)
"Wie würden Menschen in einer perfekten Welt kommunizieren?" (Novell)
Ob solche Fragen tatsächlich Aufschluss darüber geben, wie geeignet jemand für eine Stelle ist, ist umstritten. Bei Google sind so genannte Brainteaser in Vorstellungsgesprächen mittlerweile verboten. Stellen Unternehmen diese Aufgaben nach wie vor, ist fraglich, was ihnen die Antwort über die Eignung des Kandidaten verrät.
Gerade bei IT-Positionen vertreten viele Personalexperten die Meinung, dass technische Fähigkeiten im Bewerbungsgespräch keinen Schwerpunkt bilden sollten. In der Regel sollte sich das Unternehmen vor der Gesprächseinladung davon überzeugt haben. Im Gespräch wolle man mehr über die Einstellung und die Sozialkompetenz des Kandidaten wissen und herausfinden, ob derjenige zur Unternehmenskultur passt.
- Haarsträubende Bewerbungsfehler
IT- und Software-Spezialisten sind gefragt. Aber trotz der guten Berufsaussichten heißt es auch für diese Klientel, haarsträubende Bewerbungsfehler zu vermeiden. - Öffentliche Jobsuche
Wer als IT-Spezialist in seinem Xing- oder LinkedIn-Profilen angibt, dass er auf Stellensuche ist, wird mit Stellenangeboten zugeschüttet, wovon die wenigsten auf sein Profil passen. Daher ist es ratsam, sich auf Plattformen oder Reverse-Recruiting-Portalen anzumelden, die auf einzelne Branchen spezialisiert sind. - Technologie-Geprotze
Die Lebensläufe von IT-Bewerbern strotzen oft von Namen und Abkürzungen sämtlicher jemals benutzten Programmiersprachen und Technologien. Weniger ist aber mehr. Von Vorteil ist es, nur für die Stelle relevanten Kenntnisse in den Vordergrund zu stellen. - Print-Bewerbung
Nur ein Viertel der Personalverantwortlichen ist noch gewillt, ausgedruckte und per Post geschickte Bewerbungen anzunehmen. Speziell für IT- oder Softwareexperten gilt entsprechend: Bewerbungen in Papierform werden meist aussortiert. - Zu wenig Fakten
Der Lebenslauf sollte übersichtlich und aussagekräftig sein. Nur die vorherigen Arbeitgeber und Stellenbezeichnungen zu nennen, reicht nicht aus. Drei bis fünf Stichpunkte unter jeder ausgeübten Tätigkeit, mit Angaben über Rolle, Aufgaben, Projekte und angewandte Technologien sind ein Muss. Der Recruiter kann sich so schnell einen guten Überblick verschaffen. - Massenbewerbung
Das offene Versenden der Bewerbung an mehrere Adressaten ist eine Todsünde. Betriebe reagieren in der Regel allergisch auf Massenbewerbungen per E-Mail. Mit anderen Worten: eine Bewerbung muss individuell an das Unternehmen und die offene Stelle angepasst sein. - Zu viele Einzeldokumente
E-Mail-Bewerbungen mit vielen unterschiedlichen Einzeldokumenten sowie zu großen Dateien lassen Personaler schnell an der Kompetenz des ITlers zweifeln. Alle Dokumente sollten kompakt in einer nicht zu großen PDF-Datei (nicht mehr als 3MB) versandt werden. - Keine Manieren
Der Bewerber sollte den normalen Grad an Persönlichkeit, Höflichkeit und Respekt zeigen, auch wenn er gerade als Technikexperte stark umworben wird. Die kommentarlose Versendung eines Links zum eigenen Social-Media-Profil auf Xing, LinkedIn, Github, Facebook, etc. ohne begleitende Worte ist keine passende und zielführende Kommunikation. - Bewerbungs-Homepage
Die Idee der Bewerbungs-Homepage ist grundsätzlich gut. Das Problem ist nur, dass die Schwerpunkte für den spezifischen Job und das Unternehmen, dem die Bewerbung gilt, nicht herausgehoben werden können. Ein sehr gutes Begleitschreiben kann das ausgleichen – sofern es gelesen wird. - Forderungen stellen
Es wird als No-Go angesehen, direkte Forderungen à la „Wenn-dann“ in der Bewerbung zu stellen. Die Formulierung von Wünschen und Vorstellungen in überschaubarem Maß ist dagegen meist unproblematisch. - Zu private Bewerbungsfotos
Die Anforderungen an das Bewerbungsfoto haben sich gerade in der IT-Branche stark gelockert. Authentizität und Sympathie stehen im Vordergrund. Auch Bilder aus der Freizeit können das gut transportieren. Zur Vorsicht ist aber geraten, wenn es zu Partybildern oder Aufnahmen vom unordentlichen Schreibtisch zu Hause kommt.