Die Ubuntu-Maintainer bauen am heutigen 9. März 2015 die Codebasis für die nächste Ubuntu-Version so um, dass sie für zentrale Initialisierungsaufgaben und die Verwaltung von System-daemons künftig die umstrittene Tool-Sammlung systemd nutzt. Das bedeutet, dass mit Erscheinen von Ubuntu 15.04 voraussichtlich im April alle neuen Ubuntu-Installationen systemd verwenden - vorausgesetzt, die Anpassungen und das anschließende Testing fördern keine Showstopper zutage.
Als das besonders puristische Debian im vergangenen Jahr auf systemd umschwenkte, gingen diverse Old-school-Admins deswegen auf die Barrikaden und forderten, Debian solle gefälligst bei der an Unix System V angelehnten Software "init" bleiben. Letztlich führte der Streit zur Abspaltung des systemd-freien Debian-Forks "Devuan".
Bei Ubuntu stellt sich die Lage ein wenig anders dar - das von Canonical gesponserte Projekt hat bereits die modernisierte init-Alternative "upstart" im Einsatz. Was allerdings nicht heißen soll, dass ein Wechsel auf systemd deswegen weniger umstritten wäre. Generell polarisiere systemd, schreibt der Branchendienst "The Register" - Admins liebten oder hassten es.
Als Kritikpunkte an systemd werden häufig angeführt, es versuche zu viel vom System zu kontrollieren, sein monolithisches Design widerspreche der traditionellen Unix-Philospophie und es versuche last, but not least Dinge zu reparieren, die gar nicht kaputt seien. Aufgrund der Abhängigkeiten werde es immer schwieriger, systemd zu entfernen oder zu ersetzen; irgendwann würde Linux und systemd Synonyme werden, ob das den Usern nun gefalle oder nicht.
Die Entwickler von systemd sind darüber hinaus auch nicht ganz einfach zu handhaben. Der Linux-Erfinder und oberste Kernel-Hüter Linus Torvalds nannte den systemd-Coder Kay Sievers einmal eine "fucking prima donna"; systemd-Erfinder Lennart Poettering will mit der "furchtbaren" Community der Kernel-Entwickler am liebsten gar nichts zu tun haben.
Debian, das Ubuntu in wesentlichen Teilen als Unterbau verwendet, nutzt systemd wie gesagt aber schon (aktuell in Form einer Tech Preview), auch die kommerziellen Distributionen von Red Hat und Suse sind bereits umgestellt. Bei Ubuntu sollen alle Distributionen, die auf Version 15.04 "Vivid Vervet" basieren, in systemd booten. Eine Ausnahme macht "Ubuntu Touch" für mobile Geräte, dessen Kernel-Version derzeit schlicht zu alt ist.