Eine erfolgreiche Karriere ist in unserer Gesellschaft meist mit Status verbunden. Geschafft hat es, wer Dienstwagen, ein geräumiges Büro in den oberen Etagen und vor allem ein möglichst großes Team vorweisen kann. Doch was ist mit hochqualifizierten Experten, die rein fachlich oder methodisch arbeiten und keine Mitarbeiter führen wollen - oder können? Oft bleiben ihnen Karrieren, wie sie Führungskräfte durchlaufen, und die damit verbundenen Anerkennungen verwehrt. Anders bei der Oldenburger BTC AG: Seit rund zwei Jahren gibt es dort der Führungskarriere gleichgestellte Fach- und Projektlaufbahnen.
Wie in vielen Unternehmen war es bis vor fünf Jahren auch beim IT-Beratungshaus BTC so, dass der Königsweg zu mehr Verantwortung und Anerkennung nur über die Führung von Mitarbeitern beschritten werden konnte. Als sich das Unternehmen dann für einen "Ausrichtungswandel" und damit eine Spezialisierung auf weniger Märkte entschied, war es der Anspruch des Managements, darin besonders gut zu sein. "Das hieß in der Konsequenz, dass wir dafür die besten Fachexperten brauchen, die uns inhaltlich immer voranbringen können", erläutert Dirk Thole, Personal-Vorstand bei BTC. Für den Erfolg seien Manager, die Menschen führen und weiterentwickeln, genauso wichtig wie die inhaltlichen Spezialisten, die ihre Märkte, Produkte und Technologien bestens kennen. Für diese Kollegen sei daher die Projekt- und Fachkarriere eingeführt worden, und man habe sie den Führungskräften auf der dritten und vierten Hierarchieebene gleichgestellt. Das neue Karrieremodell definiert laut Thole systematisch und transparent Funktionen und Entwicklungspfade. Daran könnten sich Mitarbeiter für ihr persönliches Fortkommen und die HR-Abteilungen bei der Personalentwicklung gleichermaßen orientieren.
Umdenken bei Führungskräften
Interessanterweise eröffnet das Laufbahnmodell nicht nur Spezialisten, die neu zum Unternehmen stoßen, eine attraktive Karrierealternative. Auch intern führt es bei etablierten Führungskräften zum Umdenken. Auch nach vielen Jahren in dieser Leitungsposition, die vor allem administrative Aufgaben bereithält, können Teamleiter und Senior Manager noch in die Projekt- oder Fachkarriere wechseln. Ein Grund für den Wechsel: Sie haben die Möglichkeit, wieder verstärkt inhaltlich zu arbeiten und ihre Markt-, Themen- und Technologiekenntnisse in die Waagschale zu werfen.
Rückkehr von der Administration zum Fachwissen
Eine der "Wechslerinnen" ist Gabriele Schumacher. Vor acht Jahren erklomm die studierte Wirtschaftsinformatikerin als Teamleiterin bei BTC die erste Stufe der klassischen Führungskarriere. Nach vier Jahren stieg sie zur Bereichsleiterin auf. Statt 15 Mitarbeitern führte sie nun vier Teams mit insgesamt rund 50 Mitarbeitern. "War ich als Teamleiterin noch recht nah an den inhaltlichen Themen dran, verschob sich der Aufgabenfokus auf Bereichsleiterebene immer mehr in Richtung Verwaltung und Personalführung. Am Schluss war das ein Fulltime-Job", beschreibt Schumacher ihren früheren Arbeitsalltag. Irgendwann merkte sie, dass sich bei ihr eine gewisse Unzufriedenheit entwickelte. Immer mehr vermisste sie das inhaltliche Arbeiten. Die Möglichkeit, in die Fachkarriere und damit die Perspektive zu wechseln, sei für sie deshalb zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Zusätzlich, so Schumacher, habe ihr der Rollentausch die Chance geboten, sich in einem neuen Umfeld weiterzuentwickeln.
- 1. Kommunikative Kompetenz
Ihre Kommunikationsfähigkeit hilft Ihnen, Konsens herzustellen und Verständnis für Ihre Ziele und Wünsche zu erzeugen. - 2. Selbstbewusstsein
Selbstbewusst bedeutet unter anderem, sich selbst bewusst wahrzunehmen, die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen. - 3. Einfühlungsvermögen
Wer empathisch ist, kann andere leichter von seiner Sache überzeugen. - 4. Teamfähigkeit
In jeder Stellenanzeige ist Teamfähigkeit gefordert. Teamfähig zu sein bedeutet unter anderem, seine Rolle im Team zu erkennen und sich entsprechend der an diese geknüpften Erwartungen zu verhalten. - 5. Kritikfähigkeit
Kritikfähig zu sein bedeutet nicht nur, Kritik zu üben (fair, sachlich), sondern auch Kritik annehmen, reflektieren und entsprechend umsetzen zu können. Besonders in Teams, Projekten und in Führungssituationen spielt der Umgang mit Kritik eine entscheidende Rolle. - 6. Analytische Kompetenz
Wenn Sie Ihre analytischen Fähigkeiten trainieren, sind Sie in der Lage, Situationen rasch zu erfassen und entsprechend schnell zu reagieren. - 7. Vertrauenswürdigkeit
Vertrauen ist die Erwartung, sich in kritischen Situationen auf den anderen verlassen zu können. - 8. Selbstdisziplin/Selbstbeherrschung
Wer sich nicht selbst beherrscht, bleibt immer Knecht. Nur wer sich selbst im Griff hat, kann andere überzeugen. - 9. Neugierde
Neugierde ist die Voraussetzung für Kreativität. - 10. Konfliktfähigkeit
Nur wenn Sie andere Auffassungen akzeptieren können und sich offen mit Ihren Mitmenschen auseinander setzen, leben Sie ein selbstbestimmtes Leben. - 11. Durchsetzungsvermögen
Sich angemessen durchzusetzen bedeutet zu überzeugen, statt zu überreden - oder zu zwingen. Überzeugt folgen Ihnen andere gern auf Ihrem Weg. - Mehr zum Thema Soft Skills ...
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Im Mitarbeitergespräch Entwicklungspotenzial ausloten
Die Entscheidung für das dreigleisige Karrieremodell im Unternehmen fiel zunächst zwar auf Vorstandsebene, allerdings wurden die Mitarbeiter zügig in den Change-Prozess einbezogen. Für die Entwicklung des Modells beziehungsweise die Ausgestaltung der Profile ging die Personalentwicklung auf unterschiedliche Mitarbeiter- und Führungsgruppen zu und erarbeitete gemeinsam mit ihnen und dem Betriebsrat die Orientierungsprofile für die verschiedenen Laufbahnen und Stufen. "Wir haben bewusst hierarchieübergreifend Mitarbeitermeinungen eingeholt, um von Anfang an alle ins Boot zu holen", beschreibt Rüdiger Theobald, bei BTC für Human Resources verantwortlich, das Vorgehen. "In einem breit angelegten Kommunikationsprozess sei das Thema dann ins gesamte Unternehmen getragen worden. In den Mitarbeitergesprächen loteten die Führungskräfte mit jedem Mitarbeiter nicht nur wie gewohnt das Entwicklungspotenzial aus, sondern auch, welche Laufbahn die passende ist. Was in einigen Fällen erst noch unscharf war, wurde in den letzten eineinhalb Jahren immer wieder nachjustiert, so dass alle Beschäftigten inzwischen ihre neuen Funktionen und ihre Competence Groups gefunden haben.
- Top 10 Faktoren der Jobmotivation
Die Studie der ManpowerGroup hat die zehn wichtigsten Faktoren der Motivation im Arbeitsalltag identifiziert. - 1. Gutes Arbeitsverhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten
Der menschliche Faktor zählt: 65 Prozent der Befragten sind motivierter im Job, wenn sie mit Kollegen und Chefs gut auskommen. 2014 waren es noch 77 Prozent. - 2. Flexible Arbeitszeiten
Gleitzeit oder ein Arbeitszeitkonto bleiben wichtige Motivatoren, sind allerdings auf dem Rückzug. Nur jeden zweiten Arbeitnehmer (50 Prozent) spornt flexibles Kommen und Gehen an. Im Vorjahr war dies noch bei 67 Prozent der Fall. - 3. Freundschaftliches Verhältnis zu Kollegen
Für 42 Prozent der Deutschen ist es wichtig, auch nach Feierabend den Kontakt zu anderen Kollegen zu pflegen und gemeinsam etwas zu unternehmen. Letztes Jahr war es 45 Prozent. - 4. Kostenlose Getränke vom Arbeitgeber
Geringer Aufwand, große Wirkung: Für 33 Prozent Arbeitnehmer sind kostenlose Getränke am Arbeitsplatz motivierend für den Job – ein Prozent mehr als bei der Vorjahresbefragung. - 5. Teamarbeit
33 Prozent der Arbeitnehmer haben mehr Spaß im Job, wenn sie häufig in Gruppen arbeiten. „Die Arbeitnehmer schätzen zwar den Kontakt zu ihren Kollegen – doch ständige Meetings und Arbeitsgruppen empfinden zwei Drittel eher lästig als motivierend“, sagt Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung der ManpowerGroup Deutschland. - 6. Ansprechende Raumgestaltung
Die Büroatmosphäre hat auf ebenso wenig Befragte eine motivierende Wirkung. 32 Prozent arbeiten aus eigener Sicht produktiver, wenn die Optik im Büro stimmt. Das bedeutet drei Prozentpunkte Einbuße im Vergleich zum Vorjahr. - 7. Betriebliche Gesundheitsförderung
Beratung durch den Betriebsarzt und vom Arbeitgeber bezahlte Präventionskurse sind gut für die Motivation. 31 Prozent der Mitarbeiter arbeiten befreiter, wenn sie wissen, dass ihr Unternehmen die Gesundheit der Angestellten fördert. 2014 waren es 38 Prozent. - 8. Guter Kaffee
Augen auf beim Kaffeekauf: Für 28 Prozent der Mitarbeiter fördert die Qualität des Koffeingetränks die Motivation am Arbeitsplatz. Guter Kaffee rutscht damit in die Top 10 der Arbeitsmotivatoren und holt im Vergleich zu 2014 fünf Prozentpunkte auf. - 9. Pflanzen im Büro
Grünpflanzen heben die Stimmung und sorgen für ein besseres Raumklima. Ein Prozent mehr als letztes Jahr, nämlich 27 Prozent der Befragten, können besser arbeiten, wenn Zimmerpflanzen im Büro stehen. - 10. Motivation durch Büromöbel
Mit Investitionen in moderne Bürowelten können Arbeitgeber punkten: 25 Prozent der Arbeitnehmer lassen sich durch zeitgemäßes, ergonomisches Design motivieren – vier Prozent mehr als 2014.
Fachkarriere muss kein Rückschritt sein
Schumacher, die inzwischen den Titel Senior Management Consultant trägt, hat ihre neue berufliche Heimat in einem Team gefunden, das sich um digitale Strategien kümmert. Dort erarbeitet sie Projektangebote für die Beratung und die Umsetzung von Projekten in Sachen Industrie 4.0. Die Verantwortung, die sie trägt, ist mit der neuen Position nicht weniger geworden. Und das ist ihr auch wichtig. "Ich bin nicht statusgetrieben und brauche keinen wohlklingenden Titel, aber Anerkennung ist wichtig", erklärt Schumacher. Die erfahre man im Beruflichen eben auch über das Gehalt oder einen Geschäftswagen. Als ehemalige Führungskraft kann sie bestätigen, dass Mitarbeiter in der Fach- oder Projektkarriere keine Abstriche bei Privilegien, Anerkennung und Verantwortung machen müssen - all das genießt die Digitalstrategin des IT-Beratungshauses weiterhin in gleichem Maße: "Die Fachkarriere ist kein Rückschritt, sondern eröffnet andere spannende Entwicklungsmöglichkeiten."
Die Manager aller Laufbahnen stehen laut Theobald in engem Austausch. Etwa beim Manager Talk diskutieren sie gemeinsam mit dem Vorstand aktuelle Themen oder erarbeiten neue Ansätze. Letztendlich geht es immer darum, alle Kompetenzen zusammenzuführen. "Natürlich gab es anfangs auch einzelne Führungskräfte, die mit den Rollen der neuen, gleichgestellten Fach- und Projektkollegen etwas gefremdelt haben", gibt Vorstand Thole offen zu. Schließlich habe sich aber auf beiden Seiten die Erkenntnis durchgesetzt, dass man gemeinsam am erfolgreichsten sei - als Spezialisten mit fachlichen oder methodischen Qualitäten und als Manager, die Menschen führen. (pg)