Bei einer 2002 gegründeten Firma mag man eigentlich mehr von Startup reden. Jedenfalls hat Atlassian dem Vernehmen nach den Gang an die Börse in den USA beantragt, wie das "Wall Street Journal" berichtet. Details sind allerdings nicht bekannt - Atlassian nutzte das Gesetz Jumpstart Our Business Startups Act, um seinen IPO-Prospekt vertraulich einzureichen (möglich ist dies bei unter 1 Milliarde Dollar Jahresumsatz). Bankseitig hat sich die Firma aus Sydney, die bereits über eine starke Präsenz im Silicon Valley verfügt, der Hilfe von Goldman Sachs und Morgan Stanley versichert.
In diesem Jahr haben erst drei von 120 "Unicorn"-Tech-Firmen mit einer Bewertung größer 1 Milliarde Dollar den Gang an die Börse gewagt, und nur ein paar weitere haben diesen 2015 noch vor. Häufig scheuen die Unternehmen den Aufwand und die Prüfungen, die mit einem Going Public verbunden sind; gleichzeitig ist ausreichend Geld von unter anderem Mutual und Hedge Funds sowie Banken zu bekommen. Zusammen mit der schlechten Performance einiger Abschlüsse habe das Besorgnis geschürt, der IPO-Markt könne womöglich nicht das Volumen von Deals aufnahmen, die für Exits dieser Startups vonnöten seien.
Öffentliche Investoren werden daher nach Einschätzung des "WSJ" gepannt verfolgen, ob noch Leben im IPO-Markt steckt. Neben Atlassian stehen noch die Börsengänge des Flash-Storage-Herstellers Pure (der gerade seine Roadshow für potenzielle Investoren veranstaltet) und vom Payment-Dienstleister Square an.
Die von den beiden Co-CEOs Scott Farquhar und Mike Cannon-Brookes gegründete Firma Atlassian entwickelt Software, mit der unter anderem IT-Abteilungen und Software-Developer online zusammenarbeiten können. Farqhar hatte verganges Jahr in einem Interview gesagt, in den vergangenen fünf Jahren sei der Umsatz von Atlassian im Schnitt um jährlich 40 Prozent gestiegen und die Umsatz-Run-Rate für die folgenden zwölf Monate liege über 200 Millionen Dollar.
Atlassian stellt unter all den "Einhörnern" eine ziemliche Ausnahme dar, weil es seine Expansion ausschließlich aus eigenen Gewinn finanziert. Die meisten Tech-Startups sammeln erst einmal hunderte Millionen Dollar Venture Capital ein, bevor sie Gewinn machen (falls überhaupt) oder gar über ein IPO nachdenken. Bislang gelang es nur einer Handvoll Investoren, Anteile an Atlassian zu ergattern, und zwar über Secondary Share Sales von Accel Partners im Jahr 2010 und T. Rowe Price Group mit Dragoneer Investment Capital 2014 - seinerzeit wurde Atlassian privat mit 3,3 Milliarden Dollar bewertet.
Die beiden Co-CEOs Farqhar und Cannon-Brookes halten jeweils noch so große Teile ihrer Firma, dass sie mit dem Börsengang möglicherweise jeweils Milliardäre würden und den Verwaltungsrat fest unter ihrer Kontrolle hätten. Anders als Cloud-Anbieter wie Box kommt Atlassian außerdem ohne vielköpfige Vertriebsmannschaft aus. Es gibt recht wenig für Sales und Marketing und dafür umso mehr für Forschung und Entwicklung aus, damit seine Produkte so gut werden, dass sie sich allein durch Mundpropaganda verkaufen.
In Vorbereitung des Börsengangs hat sich Atlassian mit dem neuen Finanzchef Erik Bardman verstärkt, der zuvor unter anderem beim Streaming-Settop-Boxenbauer Roku und bei Logitech arbeitete. Dem Board sitzt seit 2012 Doug Burgum als Chairman vor, der frühere Chef von Great Plains Software und später Leiter der Sparte für ERP-Software bei Microsoft.