Teil 4: Betriebsrat? - Ja, bitte!

Arbeiten in Netzwerkstrukturen

21.08.2015
Von 
Siegfried Lautenbacher ist seit 1989 unternehmerisch in der IT-Branche tätig. Zur Jahrtausendwende übernahm er die Geschäftsleitung für die Beck et al. Services GmbH – einem international agierenden IT-Services Unternehmen – das seine Leistungen an der Schnittstelle zwischen IT und Business ausrichtet. Social Collaboration und dessen Auswirkungen auf den Arbeitsplatz der Zukunft  sind zentrale Säulen des Leistungsprofils sowie der eigenen Unternehmenskultur von Beck et al. Services. Siegfried Lautenbacher ist Mitgründer des Start-ups Valuescope. Es bietet Services im Bereich von Social Media Analysis und Sales Intelligence an.
Wenn es darum geht, die Beschäftigten über Communities und Enterprise Social Networks in Arbeitsprozesse und Entscheidungsstrukturen zu integrieren, ist die Einbindung ihrer demokratisch legitimierten Interessenvertretungen eine notwendige Voraussetzung.

Alles klar mit den Beschäftigten? Die Führung ist ebenfalls schon auf Netzwerkkurs? Gut - dann kann ein nächstes großes Kapitel angepackt werden. Nun geht es darum, die legitimen und demokratisch gewählten Vertretungen der Beschäftigten - ihre Betriebsräte - für das Netzwerken zu gewinnen. Zeitlich gesehen, sollte dieser Schritt bereits vor den anderen beiden gemacht werden. Doch spätestens wenn Unternehmen mit vernetztem Arbeiten, wie beispielsweise der Projektorganisation über Communities, starten, sollte die Mitarbeitervertretung ins Boot geholt werden. Da es um eine Veränderung der Arbeitsbedingungen geht, wird die Mitbestimmung des Betriebsrates obligatorisch. Gut ist, wenn das Management versucht, die Interessensvertreter als aktive Player für die Einführung einer digitalen Plattform zu gewinnen. Denn Betriebsräte können durch das eigene Verhalten einen enorm positiven Einfluss auf die Aktivierung der Mitarbeiter nehmen. Um das zu erreichen müssen sie jedoch von Anfang an und transparent an der Einführung digitaler Plattformen beteiligt werden.

Vernetztes Arbeiten gewinnt in zahlreichen Unternehmen an Bedeutung. Dabei sollten Entscheider jedoch nicht den Betriebsrat vergessen.
Vernetztes Arbeiten gewinnt in zahlreichen Unternehmen an Bedeutung. Dabei sollten Entscheider jedoch nicht den Betriebsrat vergessen.
Foto: Arthimedes - shutterstock.com

Bosch: Management & Betriebsrat kollaborativ vereint

So verheißungsvoll das vernetzte Arbeiten auch klingen mag: um das Einhalten gesetzlicher Schutzbestimmungen kommt auch die digitale Welt nicht herum. Und die Verantwortung, dass neue Arbeitsstile auch im Sinne des Mitarbeiters ausgestaltet werden, hat der Betriebsrat. Bei der Robert-Bosch GmbH sind aus diesem Grund Betriebsräte und Führungskräfte von Anfang an gemeinsame Wege gegangen: Sie haben aus den Anforderungen des digitalen Arbeitsplatzes die künftigen Arbeitsbedingungen abgeleitet und in eine entsprechende Vereinbarung gegossen. Das hatte den großen Vorteil, dass der Betriebsrat von Anfang an verstand, worum es ging und welches Ziel verfolgt werden sollte. Doch es war noch mehr drin: Durch die frühzeitige und aktive Beteiligung übernahm der Betriebsrat auch die Verantwortung für die Diskussion in den jeweiligen Bereichen und spielte eine aktive Rolle bei der Umsetzung. Er wurde quasi selbst zum Treiber und konnte dabei situativ gestaltend eingreifen. Diese Form der Mitgestaltung war auch für ihn eine neue Erfahrung.

Fit für den digitalen Arbeitsplatz

In den Unternehmen in denen Betriebsräte dafür gewonnen werden können die Vernetzung proaktiv anzugehen, klappt die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Interessengruppen sehr gut. Das hilft, die gewaltigen Herausforderungen kreativ zu bewältigen und transparente Vereinbarungen zu erzielen. Schließlich führt es dazu, dass Betriebsräte sich in Communities organisieren und engagieren sowie selbst ihre Erfahrungen mit dem Einsatz kollaborativer Werkzeuge sammeln. Das Nutzen von Blogs und Wikis auch durch die Betriebsräte ist besonders hilfreich, wenn es um die Gestaltung des digitalen Arbeitsplatzes der Zukunft geht. Dieser Aspekt wird Schwerpunkt des nächsten Teils unserer Reihe Arbeiten in Netzwerkstrukturen sein.

So vernetzen Unternehmen den Betriebsrat aktiv

  1. Nicht ohne ihn: Die erste Empfehlung hat schlicht damit zu tun, den Betriebsrat aktiv am Gestalten von Arbeitsprozessen und -bedingungen zu beteiligen. Das ist seine ureigene Aufgabe. Besonders wichtig ist dabei der Aspekt der Gruppenarbeit, die im Betriebsverfassungsgesetz gesondert geregelt ist. Im Grundsatz stellt das vernetzte Arbeiten in Communities so eine Gruppenarbeit dar. Unternehmen sollten daher ihrem Betriebsrat anbieten, gemeinsam die Grundsätze zur Gruppenarbeit zu gestalten.

  2. Von Beginn an: Der Betriebsrat muss bereits in der Planungsphase eingebunden werden, wenn er eine Chance haben soll, die Veränderungen richtig beurteilen zu können. Konkret sollte er gleich bei Analyse und Bewertung involviert werden, denn schließlich geht es darum,die Arbeit für den Beschäftigten zu erleichtern. Im Anschluss daran solllte die Entscheidung darüber, welche Kollaborationsplattform eingeführt wird, gemeinschaftlich mit ihm getroffen werden, nicht etwa nur aus der IT heraus.

  3. Einwandvorwegnahme: Betriebsräte sind quasi per Gesetz dazu verpflichtet, Bedenken zu äußern, denn sie haben darüber zu wachen, dass die bestehenden Vereinbarungen und Regeln zu Gunsten der Beschäftigten angewendet werden. Je eher das im Zuge der Einführung einer Kollaborationsplattform bedacht wird, desto früher können Schwierigkeiten erkannt werden. Einwände des Betriebsrats sollten unbedingt ernst genommen werden. Sie sind meist frühe Signale auf spätere Schwierigkeiten. So können in beiderseitigem Einvernehmen kreative Lösungen gefunden werden.

  4. Entgrenzung regeln: Viele Probleme, die mit der Einführung von vernetzter Zusammenarbeit erst zutage treten, liegen nicht in der Einführung einer Kollaborationsplattform an sich begründet. Vielmehr an den Begleitumständen. Diese schreien aber geradezu nach einer Regelung. Damit die vernetzte Arbeit schließlich auch produktiv wird. Eine sehr zentrale Aufgabe ist dabei die zuverlässige Regelung der Entgrenzung der Arbeitszeit. Und genau das sollte dem Betriebsrat angeboten werden: Eine beiderseitige Regelung mit zwei Ausprägungen - Von der Arbeit in die Freizeit und von der Freizeit in die Arbeit hinein.

  5. Für klare Verhältnisse sorgen: Grundanliegen des Abschlusses einer (oder mehrerer) Betriebsvereinbarungen ist die transparente und nachvollziehbare Regelung für alle Beschäftigten. Unternehmen tun gut daran ihrem Betriebsrat sofort zu signalisieren, dass sie in dieser Hinsicht klare Verhältnisse schaffen wollen und sollte ihm daher gleich einen entsprechenden Entwurf vorlegen. Damit steht allen unterschiedlichen Parteien ein Instrument zur Verfügung, das auch im Konfliktfall Handlungssicherheit gibt. Oft auch zum Vorteil der Führungskräfte bzw. des Managements. (fm)


Teil 1: Was in Netzwerken arbeiten bedeutet
Teil 2: So werden Mitarbeiter überzeugt
Teil 3: Das macht der Chef

Teil 5: So entsteht der digitale Arbeitsplatz
Teil 6: Nicht ohne meinen Kunden