Auf Hochmut folgt Realitätssinn

Apple goes Enterprise

17.07.2014
Von 
Steve Janata schreibt als Experte zu den Themen Cloud Markt & Wettbewerb, Cloud Security und Cloud Ecosystems. Als IT-Analyst beobachtet und bewertet er seit über 15 Jahren den IT-Markt. Er ist Vorstand bei der  Crisp Research AG und engagiert sich politisch im Managerkreis der Friedrich Ebert Stiftung zum Thema Digitale Wirtschaft und Gesellschaft.
Paukenschlag in der IT-Branche! Apple und IBM haben eine umfassende Partnerschaft angekündigt. In Zukunft werden IBM Apps und Services auf Apple Geräten verfügbar sein. Zusätzlich wird IBM auch die Endgeräte aus Cupertino vertreiben. Das wird die Kräfteverhältnisse im entstehenden Enterprise Mobility-Markt nachhaltig ändern.
Foto: IBM/Apple

In Washington D.C. wird man die Ankündigung von Apple und IBM aufmerksam und mit Argusaugen verfolgt haben. Allerdings weniger im Capitol, sondern vielmehr auf der gerade stattfindenden weltweiten Partnerkonferenz von Microsoft. Dort herrschte zum Thema Enterprise Mobility bis eben noch Hochstimmung, war man doch der einzige Anbieter, der ein komplettes Portfolio ("Devices & Services") zu dem Thema im Angebot hatte. Die Konkurrenz war bis vor kurzem schwach.

Blackberry ist nur noch ein Schatten seiner selbst und die Android-Plattform ist der Sicherheits- und Management-Albtraum eines jeden IT-Verantwortlichen. Und Apple? Apple fand sich bisher alleine schon sexy genug und sah es nicht als notwendig an, irgendwelche Kompromisse oder Zugeständnisse an Unternehmenskunden zu machen. Man ist einfach davon ausgegangen, dass die Geräte so begehrt sind, dass diese schon den Weg in die Unternehmen finden werden. Das hat nur zum Teil geklappt, denn der Unternehmenskunde hat Ansprüche. Er hätte gerne umfassenden Support und Service beispielsweise. Begriffe, die in Cupertino nur in Fremdsprachenlexika zu finden sind. Gleiches gilt für das Thema Security.

Apple: Pragmatismus schlägt Stolz

So wollte Apple eigentlich nie sein. Krawatte, Enterprise und Seriosität statt Sneaker, Jeans und Hipness. Aber was will man tun? Die Zeiten des großen Innovationsvorsprungs sind bei Apple vorbei und die Käufer sind in Zukunft wohl immer weniger bereit die hohen Preise zu zahlen. Also musste man wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und dem Markt ein Stück entgegenkommen.

Und so hat Apple - zwar wenig innovativ und magisch, aber dafür sehr pragmatisch - den Deal mit IBM ausgehandelt. Dieser wird folgende Eckpunkte umfassen:

  • IBM wird über 100 branchenspezifische Unternehmenslösungen exklusiv für iPhone und iPad entwickeln;

  • Für iOS optimierte IBM Cloud Services, bestehend unter anderem aus Komponenten wie Device Management, Security, Analytics und Mobile Integration werden integriert;

  • Apple wird einen Service und Support anbieten, der auf die Anforderungen der Unternehmenskunden abgestimmt ist;

  • IBM wird iPad und iPhone vertreiben.

Aus Sicht von Apple hat der Deal nur Vorteile, besteht doch jetzt die reelle Chance beim Thema Enterprise Mobility wirklich Fuß zu fassen. Es ist nämlich nicht damit getan ein Gerät zu haben, das von vielen Entscheidern genutzt wird. Die Geräte müssen vielmehr Teil der Mobility-Strategie der Unternehmen sein und tief integriert werden in Prozesse und Systeme.

IBM: Strategisch klug

Auch für IBM ist die Partnerschaft wirklich wertvoll und eine große Chance. Durch den Rückzug aus dem Endgerätegeschäft in den letzten Jahren und jetzt sogar aus Teilen des Server-Business war es für den IBM Vertrieb - und auch für die Partner - nicht einfach einen pragmatischen und einfachen Einstiegspunkt beim Kunden zu finden. Da musste man, wenn man nicht über simplen Storage sprechen wollte schon weit ausholen und die ganz große, aber komplexe, Geschichte der schönen neuen Daten- und Cloud-Welt erzählen. Als Vertriebler mit Apple-Produkten aufzutauchen ist da schon viel angenehmer und einfacher. Außerdem lässt sich das eigene Fokusthema Mobility jetzt viel klarer und konkreter umsetzen. Und dieser Markt steht noch ganz am Anfang, auch wenn die hohe Verbreitung von mobilen Endgeräten anderes suggeriert. IBM hat also alles richtig gemacht und wird von dem Deal nachhaltig profitieren.

Microsoft: Nur scheinbarer Verlierer

Und Microsoft? Für Microsoft klingt der Deal erstmal nach einer schlechten Nachricht. Allerdings ist dem wohl gar nicht so, denn zum einen zeigt es, dass der integrierte Ansatz von Microsoft der Richtige ist. Der Kauf von Nokia war und ist langfristig richtig, auch und vor allem im Umfeld von Unternehmenskunden. Zum anderen belebt Konkurrenz ja bekanntlich das Geschäft. Der Anwender hat nun zukünftig die Wahl zwischen zwei echten Alternativen bei der Umsetzung seiner Enterprise Mobility Strategie. Microsoft muss somit den Markt nicht mehr alleine machen. Und die Themen Security, Device Management und Integration stehen jetzt noch mehr im Fokus.

Google: Der eigentliche Verlierer

Was gut für Microsoft ist, bekommt wiederum Google nicht gut. Denn Google steht jetzt außen vor und darf nicht mitspielen. Die Android-Plattform ist durch die vielen Versionen und Derivate ein Sicherheitsalbtraum und nur schwer in einem ganzheitlichen Ansatz zu managen. Google hat zwar mit seinem Betriebssystem im Moment den größten Marktanteil. Dass Google aber eine ähnlich relevante Rolle im Markt für Enterprise Mobility spielen wird, ist aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich.

Fazit: Gut für den Anwender

Diese Partnerschaft ist strategisch klug und bietet substanzielle Vorteile für beide Partner. Sie ist aber auch eine gute Nachricht für die Anwender. Die Hersteller gehen den pragmatischen, partnerschaftlichen Weg um Mehrwerte zu schaffen und die Anforderungen der Anwender ernst zu nehmen. Der Anwender hat in Zukunft mehr Auswahl und der Druck auf die Anbieter in Sachen Innovation und Sicherheit wird zunehmen. Insbesondere Google wird kreativ werden müssen, falls man von dem großen, wachsenden "Enterprise Mobility- Kuchen" etwas abhaben will. (bw)