Aktuell "googlen" wir, wenn wir etwas wissen wollen - das ist so etwas wie eine stille Frage an die Maschine. Daraufhin erstellt uns der Suchanbieter eine Auswahl der besten Suchergebnisse und ein paar geeignete Werbehinweise. Die Antwort der Maschine besteht also aus einer Liste zur Auswahl. Und die endgültige Wahl aus dieser Liste treffen wir Menschen mit unserem Klick.
Egal wie weit wir durch Filterblasen oder geschickte Anordnung gelenkt werden, wir glauben zumindest eine Auswahl zu treffen. Das entspricht unserem Bild des souveränen Individuums, das seine Entscheidungen selbst und in Freiheit trifft.
Wir haben die Wahl - oder?
Aber offensichtlich werden wir gerade daran gewöhnt, dass wir gar nicht mehr wählen wollen. Ein Beispiel sind Playlisten in den üblichen Streaming-Diensten von Spotify, Google Music oder Amazon Music. Im Zeitalter der Schallplatten, CDs, aber auch noch bei iTunes Download, musste man eine eigene Vorstellung davon haben, welche Musik aus der eigenen Sammlung zum Candle-Light-Dinner, zum Feiern oder zum Einschlafen passte. Mit dieser Vorstellung haben wir eine (Aus)Wahl getroffen. Wir mussten uns entscheiden.
Heute hingegen wählen wir "Konzentration und Lernen mit Klassik", oder "Entspanntes Sonntagsfrühstück" als Playlist aus und alles ist erledigt. Wir brauchen keine Wahl mehr zu treffen, wenn uns die Situation, in der wir Musik hören möchten, klar ist.
Suchmaschine 2.0: Die Sprachassistenten übernehmen
Aber auch der Suchleiste geht es mit der Künstlichen Intelligenz (KI) unserer Sprachassistenten an den Kragen. Wir bekommen von "Alexa" oder "Hey Google" keine Liste zur Auswahl. "Ich suche einen netten Italiener mit einem freien Tisch für 6 Personen heute Abend in Aachen" führt zu einem bestimmten Ergebnis. Keine Liste. Keine Auswahl.
Das Ziel von Chatbots und Assistenzsystemen ist es, aus dem Kontext und unserer Präferenz "die richtige" (Voraus)Wahl für uns zu treffen. Die Anbieter werben damit zu wissen, was wir wollen.
Die Verlockungen, was diese Zauberer uns alles abnehmen können, sind groß. Die Gefahren für unsere Souveränität sind offensichtlich. Aber natürlich ist diese ethische Diskussion schon längst verloren bevor sie anfängt, weil man uns Menschen mit augenscheinlicher Bequemlichkeit seit ehedem locken kann.
- AI Bots
Chatbots als virtuelle Kommunikationsroboter können Abläufe optimieren, die Kommunikation mit Kunden und Partnern unterstützen und neue Einsichten in die Kommunikationspartner verschaffen. - Facebook
Chatbots sind auch innerhalb des Facebook Messenger aktiv. Nutzer können dort Meldungen von Chatbots abonnieren, aber auch blockieren. - Microsoft
Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, eigene Chatbots zu entwickeln, wie zum Beispiel das Microsoft Bot Framework. - News-Bot Novi
Nicht immer sehen Chatbots so deutlich nach einem Roboter aus wie im Fall des Nachrichten-Bots Novi. Oftmals machen die Bilder bei Chatbots den Eindruck, als kommuniziere man mit einem Menschen. - Bots beantworten Fragen
Dem Nachrichten-Chatbot Novi konnte man Rückfragen zu den News stellen. Allerdings waren die Rückfragen vorgegeben. Andere Chatbots arbeiten bereits mit „freien“ Fragen. - Chatbots lernen dazu
Einem Chatbot wie Novi kann man sagen, ob ein Thema interessant ist oder nicht. Generell sollen Chatbots daraus lernen und die Kommunikation zunehmend personalisieren.
Der Preis der Bequemlichkeit: Unsere Privatsphäre
Doch wir verlieren nicht nur unsere Souveränität und Autonomie bei Entscheidungen durch intelligente Assistenz-Systeme. Per Definition verlieren wir auch einen weiteren Raum unserer Privatheit und Intimität. Denn wie soll uns ein Assistent helfen können, wenn wir so verrückt sind, unsere Daten und Nachrichten zu verschlüsseln.
Beim neuen intelligenten Messenger von Google ("Allo") wird das deutlich: Die KI kann nur mitlesen und uns optimal beraten und helfen, wenn wir die nach Snowden mühsam erkämpfte Verschlüsselung ausschalten. Technisch ist das logisch. Aber es zeigt die Richtung.
Wer die Hilfe der smarten neuen Helfer in Anspruch nimmt, verzichtet nicht nur auf seine Souveränität, indem er die lästige Qual der Wahl an die Maschine delegiert. Er verzichtet auch auf den Schutz seiner Privatsphäre, damit der Hintergrundintelligenz genügend Daten für ihre Empfehlungen zur Verfügung stehen.
Schon ein wenig shocking! Aber diese Informationen werden den Lauf der Dinge nicht aufhalten - schließlich geht es um unsere Bequemlichkeit. So sind wir Menschen. (mb)