SAP-Veteranen suchen ihr Glück im Silicon Valley

Analytics-Startup Trufa gegründet

04.12.2013
Mit ihrem Analytics-Produkt „Scoop“ hatte die VMS AG mehrere Preise, darunter den zweiten Rang im Wettbewerb „Best in Big Data“ von der COMPUTERWOCHE, gewonnen. Jetzt lagern die Heidelberger die Software in das neu gegründete Startup Trufa Inc. aus, an dem ein Risikokapitalgeber sowie finanzkräftige Veteranen aus der Softwareindustrie beteiligt sind.

Die Zeichen stehen auf Wachstum. Ralph Treitz, der in den 90er Jahren am R/3-System der SAP mitentwickelt und später dann die VMS AG ins Leben gerufen hatte, will mit seinem Produkt Scoop ("Seeking Cash Opportunities in Operational Processes") auf die internationale Bühne. Dazu haben er und seine VMS-Vorstandskollegen Andreas Mielke und Günther Tolkmit sich die Unterstützung solventer, branchenweit bekannter Partner gesichert. Investoren und Board-Mitglieder bei Trufa sind der ehemalige US-Chef der SAP AG, Paul Wahl, sowie Alex Ott, der einst Mitglied des erweiterten SAP-Vorstands war und zudem als Investor - unter anderem beim Analytics-Aufsteiger Qliktech - viel Geld verdiente. Hinzu kommt der Venture Capitalist Accel Partners, der 4,5 Millionen Dollar investiert, um die Produktentwicklung und die Expansion in neue Märkte voranzutreiben.

Die VMS-Gründer Ralph Treitz (links) und Andreas Mielke wollen mit „Scoop“, ihrer Analytics-Software zur Analyse des Betriebskapitals in Unternehmen, weltweit Furore machen.
Die VMS-Gründer Ralph Treitz (links) und Andreas Mielke wollen mit „Scoop“, ihrer Analytics-Software zur Analyse des Betriebskapitals in Unternehmen, weltweit Furore machen.

Die Geschäftsidee: Trufa soll Unternehmen dabei helfen, ihr gebundenes Kapital zu optimieren und so Einsparungen zu realisieren. Allein in Europa seien 900 Milliarden Euro überschüssiges Betriebskapital freisetzbar, argumentieren die Gründer mit Verweis auf eine Studie von PwC.

Scoop sei derzeit bei fünf Pilotkunden im Einsatz, berichtet Treitz. "Wir stellen dem CFO Möglichkeiten zur Verfügung, mit einfacher Simulation festzustellen, welche Dinge Einfluss auf sein Betriebskapital haben". Er erhalte ein Dashboard auf dem iPad und könne dort auf einfache Weise anhand von Echtdaten herausfinden, was passiere, wenn er bestimmte Faktoren verändere. Die Datenbasis, aus der sich Scoop ausschließlich bediene, seien reale existierende Belege in SAP-Systemen - und keine überschlagenen, gerundeten oder sonst wie geschönten Daten. "Man hat einen konzentrierten Blick auf das, was im Unternehmen wirklich abgelaufen ist", sagt Treitz.

Am Frontend nutzt der Anwender das iPad, am Backend "SAP Hana One", das von Amazon.com als Cloud-Angebot im Rahmen der Amazon Web Services (AWS) bereitgestellt wird. Die Rohdaten landen also in Amazons HANA-Cloud und werden von dort zeitnah bereitgestellt. "Mit dem Cloud-Dienst sind wir schnell", so Treitz, "wir können Kunden binnen acht Tagen live setzen". Das hänge damit zusammen, dass man die Anwendung von Anfang an auf SAP-Prozesse abgestimmt habe und auch die prozessualen und semantischen Details berücksichtigen.

Warum die bei deutschen Kunden weniger beliebte Amazon-Cloud gewählt wurde, deutet Treitz an: Man könne sich vorstellen, Scoop auch in der "HANA Enterprise Cloud" der SAP bereitzustellen, hier gebe es aber noch einige technische Hindernisse zu überwinden. Grundsätzlich sei aber Cloud Computing hierfür der richtige Ansatz - man werde bei Trufa offen sein für die verschiedenen Cloud-Anbieter und -Ansätze. Grundsätzlich befinde sich der HANA-Markt noch in einem sehr frühen Stadium, die Kunden ließen ihre Business Suite noch nicht darauf laufen. Hier werde in den nächsten Jahren - bei SAP wie bei anderen Cloud-Providern - eine große Dynamik entstehen.

Treitz glaubt, dass es oberhalb der ERP-Systeme grundsätzlich schon bald eine Klasse neuer Systeme zur Entscheidungsunterstützung geben wird. Sie stützten sich auf echte "Performance-Daten", nicht auf die Ergebnisse etwaiger Data-Cleansing-Prozesse, wie sie von Datawarehouses geliefert würden. "Die Betriebswirtschaftler werden künftig die volle, ungeschminkte Wahrheit auf den Bildschirm bekommen", so Treitz, "und nichts Gefiltertes".

Trufa wird als Inc. in den USA gegründet und eine deutsche GmbH unterhalten. "In den Staaten wird sich entscheiden, ob eine Software im Markt bestehen kann oder nicht", sagt Treitz, der ebenfalls ins Silicon Valley umziehen wird. Ein großer Teil der VMS-Belegschaft werde zu Trufa wechseln, darunter auch die Manager Tolkmit und Mielke. Was dann allerdings aus der VMS AG wird, mag Treitz derzeit noch nicht mitteilen. (hv)