Meinung

Alle zurück ins Büro? Vertrauen ist besser!

Kommentar  08.09.2022
Von 
Uwe Peter ist General Manager Cisco Germany.
Back to the office statt Home-Office – so schallt es aus vielen Chefetagen. Unser Gastautor, Uwe Peter, Geschäftsführer Cisco Deutschland, fragt: Warum nicht das Beste aus beiden Welten kombinieren?
Menschen gehen vor allem für Teamwork und den kreativen Austausch ins Office, so Uwe Peter, Geschäftsführer Cisco Deutschland.
Menschen gehen vor allem für Teamwork und den kreativen Austausch ins Office, so Uwe Peter, Geschäftsführer Cisco Deutschland.
Foto: Cisco

Der Herbst steht vor der Tür - und damit auch die Diskussionen rund um den Arbeitsort: erneute Home-Office-Pflicht oder alle zurück in das Büro? Hierzulande stehen sich die beiden Positionen oft unversöhnlich gegenüber. Doch für mich sind die beiden Alternativen keine Dogmen, sondern lassen sich hervorragend miteinander verbinden. "Hybrid Work" lautet die Lösung.

Natürlich klingt das in der Theorie oft einfacher, als es sich in der Praxis umsetzen lässt. Denn die eigentliche Herausforderung für Arbeitgeber besteht nicht in den technischen Möglichkeiten, sondern in mittelmäßigen Büroausstattungen sowie in der notwendigen kulturellen Veränderung: Hybrid Work erfordert Loslassen, Vertrauenskultur und Bewegung hin zu neuen, anspruchsvolleren Arbeitsmodellen.

Also, warum diskutieren wir überhaupt die Rückkehr der Homeoffice-Pflicht? Ganz einfach, weil viele Arbeitgeber in Deutschland ihre Mitarbeitenden lieber im Büro sehen wollen. So haben sie diese vermeintlich besser im Griff. Doch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehen das ganz anders: 76 Prozent möchten mindestens einen Tag von zu Hause aus arbeiten, 20 Prozent komplett im Homeoffice und nur 16 Prozent wieder dauerhaft im Büro. Das ergab eine Umfrage von Civey und Cisco im März 2022 noch unter den damals erschwerten Bedingungen der Pandemie.

Vorteile durch Homeoffice

Ich glaube, dass viele Menschen die Vorteile von Hybrid Work aber erst nach Ende der härtesten Pandemie-Einschränkungen richtig erkannt haben. Sie kamen erst in diesem Sommer so richtig zum Tragen, als die entsprechenden Technologien und Arbeitsweisen nach zwei Jahren Corona stabil etabliert waren. So sagen laut einer Studie von Cisco und MIT Sloan Management Review 68 Prozent von weltweit 1.561 Mitarbeitenden in Unternehmen, dass die freie Wahl des Arbeitsorts das Engagement und Wohlbefinden erhöht. Mehr als 90 Prozent erkennen dabei positive Auswirkungen auf die Unternehmenskultur. Zudem hat sich gezeigt, dass in den meisten Fällen eine vollständige Rückkehr ins Büro nicht nötig ist, um die Aufgaben zu erledigen. Im Gegenteil, häufig arbeitet man im heimischen Arbeitszimmer konzentrierter und effizienter. Vor diesem Hintergrund klingt vollständige Büro-Rückkehr nicht mehr überzeugend.

Ein einfaches "Back to the office" wird nicht mehr funktionieren.
Ein einfaches "Back to the office" wird nicht mehr funktionieren.
Foto: WD Stock Photos - shutterstock.com

Entsprechend sollten sich Unternehmen gut überlegen, ob sie wirklich wieder alle Mitarbeitenden zurück ins Büro bestellen. Mit einer kompromisslosen Rückkehranweisung macht sich der Arbeitgeber seine Unternehmenskultur, Talente und die Attraktivität am Arbeitsmarkt nachhaltig kaputt. Das zeigen deutlich einige aktuelle Kündigungswellen bei Top-IT-Firmen im Silicon Valley, die ihre Belegschaft wieder zurück ins Büro zwingen wollten.

Ich freue mich auch über volle Büros

Bin ich nun also Verfechter der Home-Office-Fraktion? Mitnichten! Ich liebe es, meine Kolleginnen und Kollegen im Büro zu sehen, die Energie zu spüren und neuen, spontanen Input aufzuschnappen. Mit dem CIO eines deutschen Softwarekonzerns sprach ich kürzlich über das Thema. Sein Fazit: Codieren können seine Programmierer am besten zu Hause. Aber die Struktur, Planung und Kreation dazu funktioniert nur zusammen live in einem Raum.

Am Beispiel der Programmierer zeigt sich exemplarisch, dass wir beides brauchen. Mitarbeitende möchten selbstbestimmt entscheiden, wie oft sie ins Büro kommen. Gleichzeitig hat das Unternehmen ein berechtigtes Interesse, sie für bestimmte Tätigkeiten auch im Büro zu erwarten. Für Unternehmen bedeutet das heutzutage, dass sie die Belegschaft nicht "blind" zurück beordern können - sie müssen die Gründe erklären und vor allem gute Angebote machen.

Neue Lösungen für die neue Arbeitswelt

Seien wir ehrlich, wenn Unternehmen wieder mehr Menschen im Büro sehen wollen, dann sollten sie vor allem neue Arbeitserlebnisse bieten. Nur ins Büro zu gehen, um nebeneinander zu sitzen und E-Mails zu schreiben, gehört nicht dazu. IT-Security ist heute auch kein triftiger Grund mehr. Menschen gehen vor allem für Teamwork und den kreativen Austausch ins Office.

Demnach müssen Unternehmen auf Basis intelligenter Netzwerke geeignete Umgebungen schaffen, die neue Formen der Kollaboration unterstützen. Moderne Meeting-Räume und -Flächen erlauben den intuitiven Zugriff auf Informationsportale, Umfragen oder digitale Lernangebote. Aber auch In-Room Navigation ist wichtig, um Kollegen und Räume schnell zu finden. Zudem sollten Unternehmen die Flächen und Räume umgestalten, damit sich die Menschen zwanglos treffen und Informationen austauschen können.

Kurzfristigist am wichtigsten: Gleichzeitig kann man mit der eingesetzten Technologie auch die Risiken einer Corona-Infektion eindämmen, indem die Luftqualität überprüft wird oder es Warnungen gibt, wenn zu viele Personen in einem kleinen Raum sind. So wird das Office wieder attraktiv und die Mitarbeiter kommen quasi von allein.