Schon als die Familie Albrecht vor mehr als 100 Jahren in Essen-Schonnebeck den Discount erfand, ging es im Kern bei diesem neuen Geschäftsmodell um Einfachheit. Einkaufen sollte vor allem schnell und unkompliziert von statten gehen. Bei diesem Anspruch ist es auch mit mittlerweile 5.000 Filialen in neun Ländern und über 80.000 Mitarbeitern geblieben. Das Problem dabei: Je einfacher der Einkauf für den Kunden abläuft, desto größer ist der IT-Aufwand dahinter. "Der Kunde erwartet immer, genau das zu bekommen, was auf seiner Einkaufsliste steht", so Sinanudin Omerhodzic. Deshalb gebe es nichts schlimmeres als leere Regale.
Immer alles Gewünschte in ausreichender Menge parat zu haben, ist aber durchaus eine Herausforderung. Lieferanten liefern nicht immer, das Wetter schlägt Kapriolen. Auch Vorlieben und Gewohnheiten der Zielgruppe wandeln sich, und die Kunst liegt darin, möglichst schnell darauf reagieren zu können. "Wir müssen uns natürlich immer auch mit der Frage beschäftigen, was der Kunde morgen kaufen wird", so der Aldi-Nord-CTO, "deshalb sind Prognosemodelle für uns so wichtig."
Und die funktionieren nur mit mithilfe der intelligenten Analyse von Daten. Beides - sowohl das zuverlässige Nachfüllen der Regale über das Jahr als auch Prognosen für die Zukunft - sind deshalb bei Aldi-Nord KI-gestützt. Mit Erfolg: Die Vorhersehbarkeit von Bestellungen liegt bereits heute bei mehr als 90 Prozent. Das Unternehmen arbeitet bei diesem Thema mit einem Partner zusammen - den der CTO aber nicht namentlich nennen wollte.
Transformation als permanenter Prozess
Und der Kunde will nicht nur alles finden, was er erwartet, er will seinen Einkauf auch möglichst schnell abwickeln. Dort setzt Omerhodzic für die Zukunft auf automatisiertes Erfassen und Bezahlen der Produkte. Ziel sei es, "dass der Kunde physisch gar keinen Kontakt mehr zur Kasse hat." Beziehungsweise dass er von diesem - elektronischen - Kontakt nichts bemerkt. Aldi spricht von einer "New Generation of Discount".
Um dieses und weitere Ziele zu erreichen, benötigt das Unternehmen nach Ansicht seines CTOs vor allem eine starke, wettbewerbsfähige IT-Organisation, die sich ihrer Umgebung anpassen kann. Als Voraussetzung dafür nennt er "Operative Excellenz", also die richtige Auswahl sowohl exzellenter Prozesse als auch exzellenter strategischer Partner und den Aufbau eines entsprechenden Eco-Systems.
Ziel sei es, Aldi Nord zu einer datengetriebenen Organisation zu machen, die sich zugleich der Agilität verschreibt. "In der IT ist heute nichts mehr endgültig", so Sinanudin Omerhodzic. "Deshalb brauche ich agile Strukturen, die schnelle Veränderungen ermöglichen. Transformation ist ein andauernder Prozess, an diese Tatsache muss ich meine Organisation anpassen."
Produktorientierte Teams, die unternehmerisch denken
Damit das gelingt, gilt es natürlich vor allem die Mitarbeiter mitzunehmen. Neue Strukturen lassen sich nur gemeinsam erarbeiten. Bei Aldi Nord gibt es deshalb produktorientierte Teams, die unternehmerisch denken. Product Owner beschäftigen sich intensiv mit der Performance eines Produkts - und wie man es dauerhaft besser machen kann.
Für noch mehr gewinnbringende Gemeinsamkeit schuf das Unternehmen den Aldi Nord Campus, der in Kürze im Essener Stadtteil Kray eröffnet wird. Eine offene Shared-Desk-Architektur soll dort für das einer erfolgreichen Transformation so zuträgliche kreative Umfeld sorgen.
"Bei uns passiert aktuell auf allen Ebenen sehr viel", so der CTO. "Langfristig wollen wir uns zu einem durch und durch technologiegetriebenen Unternehmen entwickeln. Wir wollen ein Tech-Unternehmen werden." Dazu brauche man in Zukunft noch mehr Talente als in der Vergangenheit. "Aber bei der Suche danach sind unser guter Ruf und unsere lange Tradition wirklich hilfreich."