Agilität ist neben Digitalisierung gefühlt das am häufigsten verwendete Buzzword, wird aber mindestens genauso oft falsch verstanden. Was heißt Agilität eigentlich? Laut Wirtschaftslexikon Gabler: „Agilität ist die Gewandtheit, Wendigkeit oder Beweglichkeit von Organisationen und Personen bzw. in Strukturen und Prozessen. Man reagiert flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse und neue Anforderungen. Man ist, etwa in Bezug auf Veränderungen, nicht nur reaktiv, sondern auch proaktiv.“
Agilität lässt sich somit als Beweglichkeit mit rascher Reaktionsfähigkeit auf einen externen oder internen Impuls verstehen und das auf unterschiedlichsten Ebenen wie aus der Abbildung "Die sechs Formen der Agilität" hervorgeht:
Wie kommt es jedoch dazu, dass Agilität immer wieder mit Kicker im Foyer, Kreativräumen und Scrum Mastern gleichgesetzt wird? Warum meinen selbst angestaubte Behörden, jetzt agil werden zu müssen oder gar zu sein?
Auflösung: Das Thema Agilität wurde aus dem Schattenreich der IT ins Business überführt. Grundsätzlich kam der Begriff dank des "Manifests für Agile Softwareentwicklung" in die Trendlisten dieser Welt. Ein Manifest VON Softwareentwicklern FÜR Softwareentwickler. Natürlich lassen sich Analogien in die Fachbereiche dieser Welt finden und ziehen. Eine unkritische Übernahme von Terminologien würde ich jedoch nicht empfehlen. Genau dies ist aber leider ein häufiges Phänomen.
Denn IT und die damit einhergehenden Tätigkeiten sind eben von Grund auf anders, als in den Fachbereichen, weshalb oftmals der "Daily", um nur ein Beispiel zu nennen, die Veranstaltung "ich bin noch in der Ausarbeitung und habe daher kein Update" wird. Tag für Tag. Worthülsen als Blendwerk eines nicht adaptierbaren Vorgehens.
Lesetipp: Agile Softwareentwicklung - Fragil statt agil?
Voraussetzungen für Agilität schaffen
Wichtig ist es im ersten Schritt, Transparenz über das eigene Geschäftsmodell, Prozesse und Kunden - sowie Mitarbeiteranforderungen zu erzeugen. Denn, nur wenn ich weiß, wo der Feuerlöscher steht, bin ich bei einem Brand reaktionsschnell und wende damit größeren Schaden ab. Oder anders gesagt: Wenn ich meinen Laden hinsichtlich der relevanten Dimensionen kenne, kann ich auf externe oder interne Impulse schneller reagieren – also agil handeln.
Ein Beispiel: SAP ist für sehr viele Unternehmen mittlerweile fast eine Grundvoraussetzung ihrer Arbeit – zumindest gefühlt. Durch das neue SAP Hana und die technologischen Besonderheiten, lassen sich nicht alle im Altsystem befindlichen Daten ohne weiteres in neue Systeme überspielen. Daher muss entschieden werden, welche Daten mitkommen und welche archiviert werden. Viele Unternehmen tun sich hier besonders schwer, weil sie keine Datenagilität besitzen. Sie können auf diese Art der Anforderung kaum reagieren, weil keine Transparenz hinsichtlich Data Governance besteht und keinerlei Prozesse dafür existieren. Also wem gehören die Daten, wo werden die Daten wie von wem in welchem Rhythmus und für was verwendet? Wer kann also entscheiden, soll das bleiben oder kann das weg? Kurzum: Sie wissen nicht, wo der Feuerlöscher steht.
Es zeigt sich also auch bei der Agilität, dass es zu vermeiden ist, einem Trend blind zu folgen. Stattdessen sollten Trends im Detail verstanden, die Relevanz fürs das eigene Unternehmen identifiziert und die daraus folgenden Implikationen herausgearbeitet werden.
Dadurch lässt sich der potenzielle Mehrwert und die Einführungserfolge sogenannter Trends signifikant erhöhen und die potenziellen Frustrationen, basierend auf halbgaren Implementierungsversuchen, reduzieren. Dies hat ebenfalls positive Auswirkungen auf die Akzeptanz zukünftiger Trends, sollten diese als Erfolg und Mehrwert und nicht als "just another trend" erlebt werden. Sei also nicht einfach nur agil, sei auch ehrlich. (bw)