MetaDocsNFT

Ärzte im Metaverse - Konzept mit Fragezeichen

27.04.2022
Von 
Beate Wöhe leitete als Director Experts Network das IDG Experten-Netzwerk für alle Online-Portale der IDG Tech Media GmbH. Sie hatte diese Position nach über zehnjähriger Tätigkeit als Redakteurin und leitende Redakteurin des IDG-Titels ChannelPartner im Juli 2014 übernommen. 
Für 0,2 Ethereum (rund 543 Dollar) bietet MetaDocsNFT Arztleistungen im Web3 an, die als NFT-Cartoon zu kaufen sind. Geplant ist in dem umstrittenen Projekt sogar eine Klinik im Metaverse.
Die Darstellung von MetaDocs auf Twitter.
Die Darstellung von MetaDocs auf Twitter.

Die Plattform MetaDocs NFT startete im Dezember 2021. Wie das amerikanische Online-Magazin BuzzFeed berichtet, verfolgt der Gründer Dr. Sina Joorabchi nicht weniger als das Ziel, die Medizin zu revolutionieren und irgendwann sogar eine virtuelle Klinik im Metaverse einzurichten, die auch für Menschen in unterversorgten Ländern zugänglich sein sollen. Würde der Plan Wirklichkeit, könnten am Ende sogar Patienten, die mit haptischen Spezialanzügen ausgestattet wären, in der digitalen Parallelwelt eine Fernuntersuchung von Ärzten anhand ihres Avatars erhalten.

Ärzte in den Sozialen Medien

Doch so weit ist es noch nicht, bislang will MetaDocs NFT seinen Kunden über den Verkauf eines NFT-Cartoons erst einmal den Zugang zu einem der angeschlossenen Mediziner ermöglichen. Dabei handelt es sich vor allem um Ärzte, die sich in Sozialen Medien wie TikTok und Instagram bereits einen Namen gemacht haben. Insgesamt bringen es die MetaDocs-Ärzte auf immerhin 70 Millionen Follower in den Sozialen Medien. Sie sind dort unter Nicknames wie Dr. Pimple Popper oder TheRealTikTokDoc aktiv. MetaDocs stellt sie als NFT (Non-fungible Token) im Cartoon Style dar.

Auf seiner Website bietet das durchaus umstrittene Startup seinen Nutzern Zugang zu Einzel- oder Gruppensitzungen mit ihren Ärzten und bietet auch eine direkte Kommunikation per E-Mail an. Unter den Spezialisten sollen Plastische Chirurgen, Dermatologen, Notfallmediziner und andere sein. MetaDocs versieht die Angebote allerdings mit dem Hinweis: "Keine medizinische Beratung." Das ist aus rechtlichen Gründen wichtig, da das Projekt bislang nicht als telemedizinischer Dienst lizenziert wurde. Deshalb sind die Ärzte juristisch gar nicht befugt, den NFT-Käufern Diagnosen zu stellen, Rezepte zu schreiben oder medizinische Ratschläge zu erteilen.

Ein fixer Preis für diese Art von medizinischen Leistungen steht noch nicht fest. BuzzFeed bezieht sich auf ein Whitepaper, in dem MetaDocs die Vorverkaufskosten für ein NFT mit 0,2 Ethereum (ETH) (aktuell 543 Euro) angibt. Joorbachi, dem auf TikTok 1,9 Millionen Menschen folgen, sagte dazu, dass er sich erst seit kurzem mit Kryptowährungen beschäftige, nachdem er in die Stoner-Cats-Sammlung investiert habe. Seine Frau habe vorgeschlagen, ein eigenes NFT-Unternehmen zu gründen, und so habe er sein Interesse an der Medizin mit den Möglichkeiten der Kryptowährungen kombiniert.

Lesetipp: Non-Fungible Tokens - NFT rockt nicht nur den Kunstmarkt

Projekt ist umstritten

Das MetaDocs-Projekt steht also rechtlich auf äußerst wackeligen Beinen, da das Unternehmen, wie oben beschrieben, keine telemedizinische Lizenz besitzt und die Ärzte offenbar nicht immer über eine Zulassung verfügen. Den Buzzfeed-Recherchen zufolge wissen die ersten Ärzte, die ihre Services als NFTs anbieten, um die wackelige Konstruktion: "Zum jetzigen Zeitpunkt zögern wir noch, jemanden auf dieser Plattform als Patienten zu bezeichnen", äußert sich etwa der MetaDocs-Arzt und praktizierender Dermatologe Dustin Portela.

Dass die klassische Ärzteschaft dem Dienst misstraut, dürfte kaum überraschen. Dr. Ryan Marino, ein medizinischer Toxikologe am Universitätskrankenhaus in Cleveland, sagte gegenüber Buzzfeed: "Hier wird mit einer Menge Hype-Begriffen um sich geworfen, die nicht wirklich etwas aussagen." Selbst wenn man von einer Welt ausgehe, in der MetaDocs eine telemedizinische Versorgung anbieten könne, hätten die Kunden keine Garantie, dass jemand mit einer abgeschlossenen medizinischen Ausbildung dahinterstecke. Sich gut auf TikTok zu präsentieren reiche nun mal nicht aus, wenn es darum gehe, Patienten in einem Notfall zu helfen.

Inzwischen sollen bereits neun Ärzte aus dem MetaDocs-Angebot gestrichen worden sein. Einige haben dem Bericht zufolge nie zugestimmt, am NFT-Angebot teilzunehmen. Andere hätten sich in dem Projekt schon nach kurzer Zeit nicht mehr wohlgefühlt. MetaDocs soll auch drei Ärzte angeführt haben, deren LinkedIn-Profile zeigen, dass sie sich noch in der Facharztausbildung befinden.

BuzzFeed News war nicht in der Lage, die Qualifikation und medizinische Zugehörigkeit aller in den MetaDocs-Materialien aufgeführten Ärzte zu ermitteln. Beliebtheit in den sozialen Medien scheine jedoch eine der wichtigsten Eigenschaften zu sein. Dazu äußerte sich auch der Kardiologe Rohin Francis kritisch - aber auch unterhaltsam - in seinem Video:

Ask a Doc

Mittlerweile scheint den Betreibern der Plattform das eigene Geschäftsmodell bereits zu heiß geworden zu sein. Kurz nachdem Buzfeed Kontakt zu Joorabchi und den anderen Gründern aufgenommen hatte, wurde der "Ask a Doc Chat" entfernt. Jon Kim, NFT-Stratege des Unternehmens und einer der Mitbegründer erklärte gegenüber dem Nachrichtenmagazin, dass in diesem Kanal "eine Menge Chaos" geherrscht habe. Dort sollen bereits Hunderte von Gesprächen zwischen Nutzern, die dann doch als Patienten bezeichnet wurden, und MetaDocs-Ärzten stattgefunden haben. Die Besucher wurden auf diesem Kanal allerdings nicht über den rechtlichen Rahmen und über Haftungsausschlüsse etc. informiert.

Dazu erläuterte Joorbachi, dass der Anwalt des Projekts Eli Pollack (Joorabchis Schwager) derzeit an einer Art Verzichtserklärung arbeite, die Besucher unterschreiben sollen, bevor sie mit den Ärzten in Kontakt treten. Pollack dazu in einer E-Mail an Buzzfeed: "Der allgemeine Zweck ist es, jeden darüber zu informieren und aufzuklären, dass die von unseren Ärzten bereitgestellten Informationen nur der medizinischen Ausbildung und zu Informationszwecken dienen."