Change-Management-Beratung

8 Mythen vom Business-Wandel

16.06.2020
Von  und
Bob Lewis ist Management- und IT-Berater bei einem großen globalen IT-Dienstleistungsunternehmen. Die in dieser Kolumne geäußerten Ideen und Meinungen sind ausschließlich seine eigenen.


Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.
Change Management ist im digitalen Zeitalter essenziell für unternehmerischen Erfolg. Zu essenziell, um von falschen Annahmen torpediert zu werden.

Da Veränderung bekanntermaßen die einzige Business-Konstante ist, haben sich Change-Management-Methoden langsam aber sicher immer mehr Sichtbarkeit unter denjenigen verschafft, die den Business-Wandel bewerkstelligen sollen - also bei Managern aus allen Branchen. Dennoch kommt es immer wieder dazu, dass Change-Initiativen kein zufriedenstellendes Ergebnis bringen oder einfach wirkungslos verpuffen.

Erfolgreicher Change braucht das richtige Management. Um das zu bewerkstelligen, sollten Ihnen diese Mythen des Change Management bewusst sein.
Erfolgreicher Change braucht das richtige Management. Um das zu bewerkstelligen, sollten Ihnen diese Mythen des Change Management bewusst sein.
Foto: studio2013 - shutterstock.com

Dabei stellt Change Management einige gut ausdefinierte Methoden zur Verfügung, mit denen sich der Widerstand gegen Veränderungen überwinden lässt. Die Change-Management-Methoden können aber auch direkt in Fallstricke führen - wenn Sie sich über folgende Mythen der Veränderung nicht im Klaren sind.

Change Management - nicht Ihr Problem?

Die IT liefert eine neue Applikation, die die Anforderungen und Spezifikationen erfüllt. Job erledigt - jetzt liegt es an den sogenannten "internen" Kunden, das Ding produktiv zu nutzen. Die Sache ist nur die: So etwas wie ein IT-Projekt gibt es nicht. Schließlich geht beim Change Management in jedem einzelnen Projekt darum, einen bewussten Wandel im Business herbeizuführen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wenn Sie sich in Sachen Change darauf verlassen, dass die internen Kunden diesen anstoßen - und das nicht zum gewünschten Ergebnis führt, wird der Schwarze Peter der IT zugeschoben.

Deshalb muss die IT-Abteilung den Wandel als kollaborative Aufgabe begreifen: Statt interner Kunden gibt es nur noch "change partners". In der Praxis bedeutet das, den Change-Partnern die Dinge zu vermitteln, die für einen erfolgreichen Wandel nötig sind.

Natürlicher Change-Widerstand?

"Die Mäusestrategie für Manager" war ein in Management-Kreisen populäres Buch, weil es die Mitarbeiter zu willkommenen Sündenböcken für fehlgeschlagene Change-Initiativen macht. Das Problem sei, dass die Belegschaft von Natur aus gegen jegliche Initiative zum Wandel Widerstand leiste.

Wenn dem tatsächlich so wäre, hätte allerdings kein Mitarbeiter ein Smartphone in der Tasche oder würde einen E-Scooter benutzen. Das überzeugt Sie nicht? Stellen Sie sich vor, sie würden jedem ihrer Mitarbeiter auf Firmenkosten ein neues Auto zur Verfügung stellen - egal welche Marke und welches Modell, inklusive Kostenübernahme für Versicherung, Wartung und Benzin. Glauben Sie, Ihre Belegschaft würde sich diesem Change widersetzen?

In der Erfahrung der meisten Mitarbeiter macht ein Business Change mühsam erarbeitete Skills obsolet und macht es nötig, sich neue anzueignen. Dazu gesellen sich Stellenstreichungen und sonstige Umstrukturierungen - von erhöhten Workloads ganz zu schweigen. Genau dagegen leisten Mitarbeiter in Unternehmen von Natur aus Widerstand: gegen Veränderungen, die vermutlich einen persönlichen Nachteil für sie bringen.

Natürlicher Change-Widerstand!

Typische Business Changes sind definiert als modifizierte oder gänzlich neue Prozesse und werden von erweiterten oder neuartigen Applikationen getrieben. Also einfach die Software installieren und konfigurieren, ein halber Tag Training für die Nutzer und fertig ist der Wandel. Nicht.

Ein Unternehmen ist ein System aus vielen Teilen, die ineinandergreifen. Wenn Sie eines dieser Teile verändern möchten, wirkt sich das auch auf die Funktionsweise aller anderen Teile aus. Werden die Querverbindungen und Zusammenhänge zwischen den Einzelteilen schlicht wegignoriert, wird das Gesamtkonstrukt alles daransetzen, den Status Quo aufrechtzuerhalten. Im Gegensatz zu den Mitarbeitern leisten Unternehmen also durchaus natürlichen Widerstand gegen den Change.

Wandel geht auch ohne Vorstands-Support

Wenn Sie innerhalb eines Unternehmens Change anstreben, kann Unterstützung von ganz oben nicht schaden. Das ist zwar richtig, aber die Unternehmensleitung sollte nict mehr als drei Veränderungen auf einmal unterstützen. Ansonsten besteht die Gefahr der Verwässerung und keine der Change-Initiativen wird Erfolg haben. Vorstand - beziehungsweise Top-Management - sind also weniger Change-Vermittler oder -Unterstützer, sondern bilden vielmehr ein Bottleneck für den unternehmerischen Wandel. Dazu kommt, dass viele Change-Initiativen von ihrer Zielsetzung aus betrachtet zu "klein" sind: Oft kann das Top Level nicht viel mehr tun, als zu animieren.

Natürlich ist Vorstands-Support für Change-Vorhaben eine gute Sache - ist er nicht vorhanden, ist das aber kein Grund, die Initiative zu verwerfen. Die meisten unternehmerischen Veränderungen finden statt, weil jemand beschlossen hat, den Change voranzutreiben und diesbezüglich eine Führungsrolle einnimmt. Diese Rolle lebt weniger von Autorität, sondern von Einflussnahme und guter Argumentation.

Konditionaler Veränderungs-Support

Ein Change Management Tool ist die sogenannte Stakeholder-Analyse. Dabei werden Individuen und Gruppen aus verschiedenen Perspektiven bewertet:

  • Support-Status (ist mit Unterstützung, Widerstand oder Akzepotanz zu rechnen?);

  • Gründe für den Support-Status;

  • Impact (welcher Stellenwert kommt der Unterstützung oder dem Widerstand beim Blick auf das Gesamtkonstrukt zu?).

Der zweite Punkt ist dabei ein zweischneidiges Schwert: Auch die stimmgewaltigsten Unterstützer werden ihre Meinung (und damit ihren Status) ändern, wenn sie die Change-Initiative aus irgendwelchen Gründen ablehnen.

Change in Schwarz und Weiß

"Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Wer für mich ist, ist ein Freund - wer gegen mich ist, ein Feind." - diese Einstellung greift zu kurz. Sie sollten die Change-Widerständler nicht als Ihre Feinde begreifen. Schließlich müssen sie sich gerade mit denjenigen auseinandersetzen, die die angestrebte Veränderung verhindern wollen.

"Doch, das brauchen Sie"

"Wir brauchen dafür doch kein Change Management. Jeder hat verstanden, worum es geht und warum Veränderung nötig ist." - Egal wer diesen Satz sagt, er ist immer falsch.

Denken Sie die Veränderung, die Sie anstreben doch als Knie-OP: Auch wenn diese nötig ist und Sie und Ihr Körper nach der Abheilungsphase besser als vorher dastehen, wird der Weg dorthin lang und schmerzhaft sein.

Change macht Spagat

Unternehmerischer Wandel ist ähnlich schwer zu bewältigen wie Neurochirurgie, aber andererseits auch genauso schwer wie einen Graben auszuheben.

Einerseits müssen sogar die vermeintlich einfachsten Veränderungen sorgfältig durchdacht und geplant werden, weil es jede Menge bewegliche Teile gibt und diverse Folgeeffekte auftreten können, die Change Manager im Blick haben müssen. Andererseits ist der natürliche Zustand einer Organisation die Stagnation. Change kommt immer dann zum Erliegen, wenn die führenden Kräfte ihre Bemühungen einstellen.

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.