Biblische und kirchliche Regeln leiten Christen an - und manchmal formulieren Experten vergleichbar klare Richtlinien für die IT. Aktuell zum Beispiel fürs Projektmanagement. John Chapman, Programme Director beim Energieverbund Touchstone Energy, hat im Blog der Association for Project Management (APM) sieben "Todsünden" zusammengestellt, mit denen man ein Projektteam garantiert demotiviert. Gewissermaßen als Pendant dazu identifiziert Deloitte in der Studie "Operation go-live!" Erfolgsfaktoren für die Einbettung von operativer Bereitschaft in teure Initiativen. Neun Gebote, wenn man so will.
9 Lessons Learned von den Olympischen Spielen
"Bis zu 30 Prozent des Geldwertes eines Programms können durch Fehlschläge bei der operativen Readiness zerstört werden", heißt es in der Deloitte-Studie. "Im komplexen Zusammenspiel von Technologie, Infrastruktur und Prozess stellt oftmals die menschliche Ebene die größte Herausforderung dar." Die zeitlos anmutenden Erfolgsfaktoren dabei werden von den Analysten konkret aus den bei den Olympischen und Paralympischen Spielen im Jahre 2012 in London gesammelten Erfahrungen abgeleitet.
1. Früh anfangen
Indem der Fokus von Anfang an auf dem Ziel liegt und indem frühzeitig verantwortliche Führungskräfte ins Programm geholt werden, wird laut Studie jede Entscheidung im Lichte der operativen Auswirkungen getroffen: "Diese Kultur wird die Organisation durchdringen, sobald sie in der Folge des operativen Projektstartes wächst."
2. Unterstützung von oben sicherstellen
Die Brücke zwischen konzeptueller Gestaltung und Ausführung kann nur mit Unterstützung auf Führungsebene geschlagen werden. Darum sollte in einem größeren Projekt ein für operative Bereitschaft zuständiger Direktor benannt werden.
3. Begriffe klar definieren
"Readiness kann ein nebulöses Konzept sein", gibt Deloitte zu bedenken. Deshalb sei es zentral, die Vision in implementierbare Bausteine zu übersetzen. Auf jeder Ebene seien klare Ziele nötig.
4. Ein überwölbende Strategie entwickeln
Für jedes formulierte Ziel sollte von Beginn an klar definiert werden, wer genau für das Vorantreiben und Liefern verantwortlich ist. Gibt es mehrere Projektteams, kann das die Verankerung der erwünschten Kultur vertiefen.
5. Mit dem Programmplan integrieren
Die Readiness-Aktivitäten sollten jeweils konkreten Ergebnissen im Gesamtrahmen entsprechen.
6. Klare Rollen und Verantwortlichkeiten etablieren
Aktionen, Themen und Risiken müssen aktive gemanagt werden. Ebenso wichtig ist es, sie offen zu kommunizieren. "Starke Governance, die externe Partner ebenso beinhaltet wie interne Funktionen, hilft beim Teilen der gelernten Lektionen und beim Einbläuen der Lernergebnisse", so Deloitte.
7. Aus Erfahrungen lernen
Wer auf die Art der Lernkultur setzt, schafft nach Einschätzung der Analysten einen Sinn für Teamwork, Partizipation und Commitment.
8. Fortschritte messen und kommunizieren
Im Verlauf des Projektes sollten erreichte Teilziele transparent gemacht werden - zum Beispiel durch klassische Schulungen und Reviews. Ein qualitativer und quantitativer Rahmen kann helfen, Fortschritte zu erfassen, Kapazitäten offenzulegen, Risikofelder zu beleuchten und die Beteiligten im Boot zu behalten.
9. Das Positive im Blick behalten
Wenn man das Augenmerk darauf legt, was schief gehen kann, lenkt das nach Ansicht von Deloitte davon ab, was gelingen muss. Krisenszenarien müsse es zwar geben. Aber sie sollten nicht von den zu erreichenden Zielen ablenken.
Während Deloitte soweit mit großem Ernst aus den olympischen Erfahrungen Lektionen zusammenstellt, die aufs Projektmanagement allgemein übertragbar erscheinen, bloggt John Chapman von Touchstone Energy mit einem Augenzwinkern. Jede der sieben Todsünden, vor denen die katholische Kirche seit Jahrhunderten warnt, lässt sich in seinen Augen aufs Projektmanagement übertragen.
- 1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen. - 2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia. - 3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv. - 4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt. - 5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet. - 6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann. - 7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht. - 8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software. - 9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist. - 10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat. - 11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3. - 12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen. - 13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren. - 14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes. - 15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden. - 15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.
Die 7 Todsünden
Man muss sich nur vergegenwärtigen, was das im Einzelnen heißt, und schon ist dem Team garantiert die Motivation geraubt. Chapman formuliert es so:
Hochmut: "Es liegt ganz klar an meiner überlegenen Produktivität, dass das Projekt rechtzeitig innerhalb der Budgetgrenze abgeschlossen werden konnte. Eure Faulheit hat uns immer wieder zurückgeworfen."
Habgier: "Ich werde mit den Vertragspartnern über jeden verdammten Cent verhandeln. Einen Tagessatz kann man zum Stunden- und sogar Minutensatz herunterbrechen. Sie werden eine Stechuhr bekommen - auch für die Mittagszeit. Und warum sollte man Busfahrkarten bezahlen, wenn auch gelaufen werden kann? Der Projektgewinn ist mein Gewinn."
Wollust: "Ich bin allmächtig und überlegen. Mein Machtstreben ist grenzenlos. Niemand darf etwas entscheiden oder diskutieren, ohne mich vorher darum zu bitten. Ich weiß alles, was zu wissen ist, und treffe deshalb die wesentlichen Entscheidungen."
Zorn: "Über neumodische Motivationstechniken kann ich nur lachen. Die Mitarbeiter sind stinkfaul und träge. Man muss sie anschreien und ihnen zeigen, wer der Boss ist. Mein Motto: Laut und ohne Unterlass schreien, dann wird das alles."
Maßlosigkeit: "Das Team soll selbst schauen, wo es bleibt. Ich lasse mir vom Projektbudget Essen an meinen Schreibtisch bringen - und versuche, jeden Tag eine größere Portion zu verschlingen."
Missgunst: "Ich will mein eigenes Büro haben, und zwar ein großes. Wer will es mir verübeln? Ich brauche den meisten Platz, einen großen Sessel, einen flauschigen Teppich und eine Sekretärin nur für mich."
Faulheit: "Ihr, liebes Team, müsst schon 15 Arbeitsstunden täglich abspulen - und zwar hier im Büro. Aus familiären, persönlichen und gesundheitlichen Gründen kann ich leider nur zwischen 10 und 16 Uhr vor Ort sein - den Rest erledige ich von zu Hause aus."