Organisationen stehen zunehmend unter dem Druck zahlreicher Stakeholder, Nachhaltigkeitspraktiken in ihre Geschäftsstrategien zu integrieren. Geht es darum, die oft ehrgeizigen Ziele im Bereich Enterprise, Social und Governance (ESG) auch zu erreichen, kann Nachhaltigkeitsmanagement-Software die entscheidende Rolle spielen. Entsprechend sind Lösungen in diesem Bereich zunehmend gefragt, wie Amy Cravens, Research Manager bei den Marktforschern von IDC, bestätigt: "ESG ist für viele Unternehmen noch neu. Sie müssen erst noch verstehen, was sie genau tun müssen und wie sie das angehen sollen. Software in Verbindung mit Serviceangeboten kann Unternehmen dabei unterstützen, ihr ESG-Reporting zu bewältigen."
Im Folgenden lesen Sie, was Software für das Nachhaltigkeitsmanagement leisten sollte, welche Fallstricke Sie vermeiden sollten und welche Lösungen sich in diesem noch jungen Bereich empfehlen.
Was ESG-Software leisten sollte
Sustainability-Management-Softwarelösungen sollten allgemein gesprochen folgende Funktionen mitbringen:
Umwelt-Compliance: Diese Funktion überwacht die "Environmental Performance" eines Unternehmens, indem sie die entsprechenden Erfordernisse trackt, managt und die Ergebnisse in Reportings gießt.
Soziale Compliance: Hilft Unternehmen zu verstehen, wie mit verschiedene Personengruppen (Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, etc.) umzugehen ist und wie sich geschäftliche Entscheidungen gesellschaftlich auswirken.
Governance Compliance: Unterstützt Firmen dabei, die Wirksamkeit ihrer Governance-Richtlinien zu bewerten und Compliance zu gewährleisten.
Energiemanagement: Datenanalyse-Tools können den Energieverbrauch überwachen und Bereiche beziehungsweise Muster und Trends identifizieren, die Raum für Optimierungen aufweisen.
Emissions-Monitoring: Diese Funktion hilft Unternehmen dabei, Umweltvorschriften einzuhalten und Möglichkeiten zu identifizieren, Emissionen zu reduzieren.
Reporting und Analytics: Daten aus einer Vielzahl von Quellen, zum Beispiel Wasser- oder Stromzähler und Abfallmanagementsysteme aber auch zu sozialen Faktoren, sollten in einer zentralen Datenbank zusammenlaufen. Das ermöglicht, Analysen zu fahren und in diesem Zuge Trends, Muster sowie Unregelmäßigkeiten aufzudecken.
Alerts: Tools für das Nachhaltigkeitsmanagement sollten Unternehmen erlauben, die Initiative zu ergreifen und potenzielle Umweltprobleme aktiv zu erkennen und anzugehen. Dazu werden Grenzwerte für Umweltfaktoren definiert, die von der Software überwacht werden. Bei Überschreitung dieser Werte wird eine Alarmmeldung ausgegeben.
Inspektionsmanagement: Unternehmen können Nachhaltigkeitsmanagement-Tools auch nutzen, um entsprechende Inspektionen für ihre Anlagen, Geräte und Einrichtungen zu organisieren und zu managen.
KPI-Monitoring: Auch bestimmte ökologische und soziale Ziele lassen sich in Sustainability-Management-Lösungen als Leistungsindikatoren festlegen und tracken. Die Fortschritte des Unternehmens lassen sich anhand entsprechender Reportings nachvollziehen.
4 Sustainability-Management-Fallstricke
Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die vier häufigsten Fallstricke von Nachhaltigkeitsmanagement-Tools, die Unternehmen vermeiden sollten.
1. Tools, die nicht skalierbar sind
"Wir raten Endanwendern regelmäßig, auf Skalierbarkeit zu achten", berichtet Gartner-Analyst Aapo Markkanen. "Diese Tools können sehr überzeugend erscheinen, wenn sie als Proof of Concept oder in einem Pilotprojekt eingesetzt werden. Eine solche Lösung allerdings auf globaler Ebene zu skalieren, um alle Unternehmensprozesse abzudecken, ist eine Herausforderung."
2. ESG-Software steckt in den Kinderschuhen
"Die meisten Nachhaltigkeitsmanagement-Tools sind erst seit etwa zwei Jahren auf dem Markt", unterstreicht IDC-Analystin Craven. Sie fügt hinzu: "Da sich viele Funktionen noch in der Entwicklung befinden, ist es aktuell wirklich schwierig zu sagen, welche Lösung die beste sein wird, wenn es um Langlebigkeit und die besten Funktionen geht."
In der Konsequenz rät die Analystin Unternehmen, auf etablierte Anbieter mit Marktpräsenz zu setzen, die eine solide Finanzierung sowie einen guten Kunden- und Partnerstamm vorweisen können: "Identifizieren Sie Anbieter, die sich seit langem der Nachhaltigkeit verschreiben - etwa IBM oder SAP. Diese sind oft besonders engagiert."
3. Falsche Prioritäten
ESG-Tools bieten eine Vielzahl von Funktionen - die Unternehmen auf der Grundlage ihrer Branche und ihrer aktuellen Situation evaluieren sollten, wie Abhijit Sunil, Senior Analyst bei Forrester, empfiehlt: "Einige Unternehmen verfügen beispielsweise über sehr fortschrittliche interne Sustainability-Teams und haben bereits Prozesse eingeführt, während andere noch gar nicht begonnen haben."
Genauso wichtig sei es darüber hinaus, die Erfolgsbilanz des Anbieters für die jeweilige Branche zu ermitteln: "Wenn Sie in der Automobilindustrie tätig sind, sollten Sie herausfinden, ob das betreffende Tool in dieser Branche gute Benchmarks aufweisen kann."
4. Kein Weitblick
Weil sich Vorschriften, Regularien und Rahmenbedingungen kontinuierlich verändern, ist es für Unternehmen essenziell, Nachhaltigkeitsmanagement-Tools zu wählen, die entsprechende Flexibilität ermöglichen.
6 Lösungen fürs Nachhaltigkeitsmanagement
Auf dem Markt gibt es zahlreiche Plattformen und Lösungen für das Nachhaltigkeitsmanagement. Um Ihnen die Recherche zu erleichtern, haben wir die folgenden sechs Produkte und Plattformen auf der Grundlage unserer Gespräche mit Analysten und unabhängigen Studien ausgewählt.
Die ESG-Suite von Big Blue wird als Software-as-a-Service (SaaS)-Kollektion angeboten, bestehend aus neun modularen Daten- und Analyseprodukten. Die Nachhaltigkeitsmanagement-Lösung unterstützt Anwender dabei, ESG-Daten zu Energieverbrauch und Emissionen zu erfassen, zu tracken und zu reporten.
Dazu konsolidiert die Lösung mehr als 500 ESG-Datenquellen in einem System, um den Anwendern zu erleichtern, die Informationen zu erfassen, zu managen und auszuwerten. Die ESG-Suite ist mit IBMs Application Resource Management, Facility Management und Enterprise Asset Management Tools integrierbar und eignet sich in erster Linie für IBM-Kunden und Unternehmen mit ausgereiften Sustainability-Programmen.
Microsoft Cloud for Sustainability
Mit automatisierten Datenverbindungen und "actionable" Insights möchte Microsoft Unternehmen dabei unterstützen, die Umweltauswirkungen ihrer betreiblichen Systeme und Prozesse in Echtzeit zu erfassen, zu reporten und effektiv zu reduzieren. Dazu kombiniert die Lösung zahlreiche ESG-Funktionalitäten aus dem gesamten Cloud-Portfolio der Redmonder sowie ihren Partnern.
Mit Hilfe der Microsoft Cloud for Sustainability API können Anwender beispielsweise ermitteln, welche Emissionswerte die Nutzung von Microsoft-365-Services (Outlook, SharePoint, Teams, Excel und so weiter) im Rechenzentrum verursacht.
Laut Hersteller handelt es sich bei dieser Lösung um eine "Klimamanagement-Plattform". Diese wartet mit einer einheitlichen "Emissionsbuchhaltung" auf und ermöglicht Unternehmen, ihre CO2-freie Zukunft zu planen. Die Plattform ist insbesondere auf eine simple Bedienung ausgelegt und ermöglicht den Anwendern, ihre Emissionen über sämtliche Geschäftsbereiche und -prozesse hinweg zu tracken und zu messen. Mit dem "Net Zero Navigator" des Anbieters können Unternehmen eigene, auf ihre jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittene Dekarbonisierungsstrategien entwickeln.
Die Nachhaltigkeitsmanagement-Lösung von Persefoni eignet sich am ehesten für große, multinational agierende Unternehmen, Asset Manager und Finanzinstitutionen, die eine automatisierte Treibhausgasbilanzierung und Finanzberichterstattung benötigen.
Die Sustainability-Management-Lösung von Salesforce fußt auf der Lightning-Plattform des Anbieters und ermöglicht Anwendern, ihren Environmental Impact zu managen und zu tracken. Zum Lösungspaket gehören zahlreiche Tools und Ressourcen, um Energieverbrauch, Emissionswerte und Abfallproduktion zu messen beziehungsweise zu reduzieren.
Die Salesforce-Lösung integriert Daten aus verschiedenen Quellen, automatisiert Workflows und bietet Reportings inklusive wichtiger Nachhaltigkeitskennzahlen. Sie eignet sich am besten für Unternehmen, die auf absehbare Zeit auf Zero Emission umstellen möchten.
SAP Cloud for Sustainable Enterprises
Auch SAP unterstützt Unternehmen dabei, ihren CO2-Verbrauch zu managen, Abfälle zu reduzieren und ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden. Dazu bieten die Walldorfer eine Sammlung cloudbasierter Software, inklusive ESG- und Nachhaltigkeits-Reporting-Tools. Das soll den Anwendern ermöglichen, ihre Finanz-, Sozial- und Umweltdaten miteinander zu verknüpfen, um bessere Geschäftsentscheidungen treffen zu können.
Der SAP Sustainability Control Tower soll Unternehmen darüber hinaus dabei unterstützen, noch nicht erreichte Nachhaltigkeitsziele zu identifizieren, zu analysieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um das zu ändern. Mit SAP Sustainability Footprint Management können die Anwender zudem ihren CO2-Fußabdruck auf Produkt- und Unternehmensebene evaluieren.
Die Lösung von Wolters Kluwer enthält Tools für Nachhaltigkeits- und ESG-Reportings sowie Anwendungen, mit denen Unternehmen Treibhausgasemissionen, Nachhaltigkeitsleistungen und Stakeholder-Beziehungen managen können. Der Anbieter verspricht seinen Kunden, ihre ESG-Daten aus unternehmensweiten Quellen zu zentralisieren und zu validieren, was den Zeitaufwand für die Datenerfassung reduzieren und die Berichterstattung vereinfachen soll.
Diese Nachhaltigkeitsmanagement-Lösung eignet sich in besonderem Maße für Anwender aus den Bereichen Biowissenschaften, Energiewirtschaft, Fertigung und anderen Sektoren, die Umwelt- und Gesundheitsdaten benötigen.
- Uta Müller-Werth, All for One Group SE
“In den letzten zehn Jahren hat eigentlich niemand ernsthaft gefragt, wie grün sein Rechenzentrum wäre. Die meisten Entwicklungen, die wir heute sehen, sind primär kostengetrieben – vor allem durch die aktuellen Krisen. Aber natürlich macht das Thema Cloud die Auslagerung wesentlich einfacher.“ - Armin Kuppek, DXC Technology
“Datengestützte Zukunftsszenarien werden eine zunehmend größere Rolle spielen. Mit Digital Twins können Unternehmen simulieren, wie sich verschiedene Strategien und Maßnahmen auf den eigenen ökologischen Footprint auswirken.“ - Matthias Gromann, FNT
“Wir sehen, dass jetzt die Erkenntnis einsetzt, dass es besonders zwischen Nachhaltigkeit und der Kostenseite eine starke Korrelation gibt. Green-IT stellt plötzlich auch eine Kostenoptimierung dar, es gibt also auch wirtschaftliche Incentives für mehr Nachhaltigkeit.” - Alexander Lapp, Matrix Technologies
“ESG wird in Unternehmen häufig anhand zu einfacher Kennzahlen betrachtet, die aber der eigentlichen Komplexität der Thematik nicht gerecht werden.“ - Ulrich Mauch, microfin
“Im Markt gibt es bei den Kunden durchaus großes Interesse daran, ESG-Kriterien beispielsweise für das eigene Rechenzentrum oder auch das Sourcing zu erfüllen. Aber besonders für Unternehmen, die strengen gesetzlichen Regularien bei der Auswahl ihrer Rechenzentren unterliegen, bleibt das Angebot weit hinter der Nachfrage zurück, wenn man zusätzlich spezifische Nachhaltigkeitsanforderungen ansetzt.” - Jürgen Hindler, Oracle
“Für das Sourcing ist eine funktionierende IT-Plattform wesentlich, die unter anderem das Supplier-Screening beispielsweise mithilfe von künstlicher Intelligenz übernimmt, Supplier in die Supply-Chain einbindet und Prozesse und Transaktionen kontinuierlich überwacht und dokumentiert. Somit kann sichergestellt werden, dass sämtliche Supplier auch wirklich die Kriterien, die gesetzlich vorgeschrieben werden, einhalten. Manuell lässt sich das nicht stemmen. ” - Karsten Kümmerlein, Skaylink
“Auch viele kleine Einsparungen machen in der Masse einen gewaltigen Unterschied – gerade hier kann die IT bereits im Kleinen unfassbar viel auslösen.“ - Sascha Giese, SolarWinds
“IT-Abteilungen müssen umdenken, auch gängige Praxis muss regelmäßig auf den Prüfstand. Anders als noch vor einigen Jahren muss es zum Beispiel nichts Schlechtes mehr sein, wenn die CPU-Auslastung regelmäßig bei 80-90% liegt, wenn man beispielsweise mit AI-basierten Orchestrierungslösungen im Rechenzentrum arbeitet.”
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.