Seit nun gut einem Jahrzehnt beschäftigen sich sowohl Softwarehersteller wie auch Anwenderunternehmen mit dem Thema Social Collaboration im Unternehmenskontext. In den vergangenen drei bis vier Jahren wurde der Hype immer größer und die einschlägigen Informationsportale und Publikationen waren voll mit entsprechenden Artikeln. Parallel dazu wurden unzählige Konferenzen und Veranstaltungen zu diesem Thema durchgeführt.
Wie bei jeder neuen Technologie springen einige Akteure sehr frühzeitig auf den Zug auf und reisen vorne mit, andere schauen erst einmal zu und setzen später auf die gemachten Erfahrungen anderer. Die letzte Gruppe wartet bis der Zug abgefahren ist und rennt dann irgendwann hinterher.
Nun scheint der Hype von Social Collaboration beziehungsweise Enterprise 2.0 in der öffentlichen Wahrnehmung endlich(!) durch zu sein. Aber der Markt wächst trotzdem weiter. Bis zum Endes des Jahres 2014 werden weltweit rund 3,8 Milliarden Dollar für Enterprise Social Software und entsprechende Projekte ausgegeben.
Produkte und die Erfahrungen sind da: Es geht ans Arbeiten
In den vergangenen Jahren ist viel passiert beim Angebot der "Social" Kommunikationsplattformen und Wissensmanagementlösungen. Die Plattformen haben sich weiterentwickelt und sind erwachsen geworden - sprich sie haben einen hohen Reifegrad erreicht. Eine große Anzahl an Anbietern haben sich am Markt etabliert. Das Spektrum angebotener Lösungen reicht von integrativen, sehr variablen einsetzbaren Plattformen über sehr dedizierte, sprich Aufgaben-bezogene Lösungen (CRM, Projektmanagement, etc.) bis hin zu in bestehenden Anwendungssystemen integrierten "Social"-Komponenten. Im Rahmen eines Product Reviews hat Crisp Research über 100 Social Collaboration-Plattformen und Lösungen unterschiedlichster Ausprägungen identifiziert.
Einige Anwenderunternehmen haben sich bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit den angebotenen Plattformen und den daraus entstehenden Möglichkeiten auseinandergesetzt. Darunter waren zum Beispiel Unternehmen, die einen großen Anteil an Forschung und damit auch vielen akademisch ausgebildeten Mitarbeiter haben. Diese Mitarbeiter sind in ihrer Arbeit darauf angewiesen, dass sie Informationen einfach teilen und ebenso einfach erhalten.
Andere Vorreiter hatten bereits früh erkannt, dass sie mit der bisherigen Form des Informationsaustausches und den eingefahrenen Kommunikationswegen den zukünftigen Herausforderungen nicht mehr gerecht werden. Sie suchten nach Lösungen, um die Forschung und Entwicklung schneller und qualitativ besser zu machen. Die im Unternehmen vorhandenen Wissensträger und Experten sollen leichter identifizierbar werden.
Einigen Unternehmen geht es vor allem um eine höhere Attraktivität als moderner und innovativer Arbeitgeber. Ebenso oft "ruft" das Marketing in das eigene Unternehmen, dass die Diskrepanz zwischen der modernen Außendarstellung und den verkrusteten internen Kommunikationsstrukturen nicht zu weit auseinanderklaffen darf, um glaubwürdig zu bleiben.
Mittlerweile haben sich eine große Anzahl an Unternehmen in fast jeder Branche und Größe mit dem Thema mehr oder weniger intensiv auseinandergesetzt: Einige Firmen - noch immer vergleichsweise sehr wenige - haben es bereits erfolgreich in die DNA der Organisation implementiert. Andere Unternehmen tun sich mit der nachhaltigen Einführung und der daraus resultierenden erfolgreichen Nutzung noch immer sehr schwer. Die letzte Gruppe hat sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigt.
Aber auch für diese Unternehmen wird "social" in naher Zukunft Realität - sei es wissentlich oder durch ein banales Software-Update. Denn mittlerweile bieten fast alle Softwarehersteller entsprechende "Social"-Funktionen wie einen Activity-Stream in ihren Anwendungen integriert an. Spätestens dann werden sie sich mit Veränderungen bei der Kommunikation auseinandersetzen müssen.
Sehr häufig scheitert die Implementierung
Viele Einführungsprojekte scheitern nach wie vor oder dümpeln vor sich hin. Die Gründe sind sehr vielfältig und diese Tatsache ruft oft große Verwunderung bei den Verantwortlichen hervor. Aber anscheinend haben viele vergessen, dass auch in der Vergangenheit die Etablierung neuer Kommunikationstechnologien einen langen Atem, Geld und vor allem den echten Willen zur Veränderung benötigt haben.
Erfolgsfaktoren für die erfolgreiche Einführung
Einen hundertprozentigen Erfolg für eine gelungene Einführung kann niemand garantieren. Dafür ist das Thema zu komplex und hängt von sehr vielen, vor allem dem menschlichen Faktor ab. Dieser ist jedoch elementar und wird meist zu wenig berücksichtigt: Social Collaboration ist nur erfolgreich, wenn von Anfang an die Mitarbeiter mit in das Projekt einbezogen werden.
Viele Einführungsprojekte starten mit der Weiterentwicklung zu einer sogenannten Organisation 2.0 oder den vielfaltigen Management 2.0 Ansätzen. Diese Anpassungen müssen jedoch unabhängig von der Plattform immer und immer wieder erfolgen. Jedes Unternehmen muss darauf aus sein, eine moderne Organisation zu haben. Oftmals ist die Plattform der Trigger für den Wandel des Unternehmens, aber die Einführung darf nicht der ausschlaggebende Grund dafür sein.
Es haben sich aus den vielfältigen Erfahrungen in den vergangenen Jahren einige Erfolgsfaktoren herausgebildet, die eine Einführung und dauerhafte Nutzung aktiv unterstützen:
Erfolgsfaktor 1: Prozesse optimieren und integrieren
Social Collaboration ist heute nicht mehr nur der Einsatz von Blogs und Wikis, um den E-Mailverkehr zu eliminieren. Vielmehr ist es - erfolgreich eingeführt - ein wichtiger Baustein der internen Kommunikation, des Wissensmanagements und der Unterstützung der internen und externen Prozesse.
Nur wenn die neuen Werkzeuge ein sinnvoller, transparenter und integrierter Teil der (Kommunikations-)Prozesse sind, werden die Plattformen erfolgreich eingesetzt und angewendet. Ansonsten ist es für die Mitarbeiter nur ein weiteres Stück Software, das sie bedienen müssen. Leider bestehen in den Unternehmen meist sehr viele Mauern in der real existierenden Architektur (Arbeiten in unkommunikativen Bürokomplexen) oder in den vorgegebenen, statisch in Beton gegossenen und oftmals nicht nachvollziehbaren Prozessen. Sie besteht aber auch sehr häufig in den Köpfen der Akteure, die eine sinnvolle Zusammenarbeit verhindern.
Ob die eingesetzte Lösung am Ende eine Plattform ist, die alles integriert und dem Anwender eine Oberfläche mit allen relevanten Informationen bietet oder ob die Social Komponenten sich in den verschiedenen Anwendungen einfügen, hängt von den Anforderungen, den Rahmenbedingungen und den Vorstellungen ab. Egal wie die Software aussieht, sie muss an die Bedürfnisse angepasst sein. Die Herausforderung ist, dass diese sehr unterschiedlich sind.
Erfolgsfaktor 2: User Experience
Die Nutzung der Social Collaboration Plattform beruht überwiegend auf der freiwilligen Nutzung durch die Anwender. Das bedeutet, dass die Oberflächen modern, selbsterklärend und attraktiv sein müssen.
Schaut man sich verfügbare Anwendungen im Unternehmenskontext an, die den Anwendern vorgesetzt werden, kann man das kalte Grausen bekommen. Die Eingabemasken sind unaufgeräumte Feldfriedhöfe, deren Sinn und Zweck sich häufig nicht erschließen. Funktionen sind in tief versteckt und nicht selbsterklärend. Eingaben sind nicht eindeutig und das Layout nähert sich bei manchen Plattformen eher der Steinzeit denn eines modernen Benutzerinterfaces an. Sie werden genutzt, weil sie genutzt werden müssen.
Mit der althergebrachten Herangehensweise schafft es ein Unternehmen nicht, dass die Mitarbeiter gerne in das System gehen, diese benutzen und auch mit ihrem Wissen füllen. Anwender sind in Zeiten moderner, mobiler oder Web-basierter Oberflächen nicht mehr gewillt, sich mit schlechten und komplizierten Anwendungen abzugeben - zu Recht.
Erfolgsfaktor 3: echte Mobilität
Beim Thema "Mobilität" geht es leider meist nur darum ein schickes neues Gadget zu haben. Mobilität ist viel mehr. Mobiles Arbeiten ist dann gegeben, wenn Mitarbeiter jeglicher Hierarchiestufe und Aufgabe im Unternehmen auf die Kommunikationsplattformen und Produktionsanwendungen zugreifen können. Ein 7 Zoll-Tablet für jeden Mitarbeiter und flächendeckender Zugriff auf die Anwendungen scheint im ersten Augenblick teuer und unnötig zu sein. Aber bei genauer Betrachtung liegen hier die Vorteile von mobilem Arbeiten: die Kommunikationsfähigkeit wird verbessert, Prozesse werden beschleunigt und Wege vereinfacht.
Erfolgsfaktor 4: Community Manager einsetzen
Leider scheuen sich die meisten Unternehmen bei der Einführung eine Social Collaboration Plattform Geld in die Hand zu nehmen. Wozu auch? Facebook & Co sind auch kostenlos und werden von sehr vielen einfach so genutzt. Im Kontext eines Unternehmens spielen jedoch sehr viele andere Faktoren eine wichtige Rolle. Mal abgesehen davon, dass Facebook & Co aus vielen Gründen wie Sicherheit nicht in Frage kommen, haben diese Plattformen eine andere Zielsetzung. Im Unternehmen geht es darum, dass Mitarbeiter ihre Aufgaben schnell und effizient erledigen können. Dafür benötigen sie die notwendige Unterstützung.
Im Projektmanagement ist man diesen Weg bereits vor langer Zeit gegangen: Ausgebildete Personen, die das Wissen haben ein Projekt erfolgreich durchzuführen. Daneben gibt es auch Projekte, die ohne einen dedizierten Projektmanager erfolgreich durchgeführt werden. Genau dies wird auch beim Community Management benötigt. Mitarbeiter brauchen nicht immer, aber ab und an, qualifizierte und verfügbare Kollegen, sogenannte Community Manager, die sie bei der Arbeit dauerhaft oder temporär unterstützen.
Erfolgsfaktor 5: Mitarbeiter begeistern
Eine Social Collaboration Plattform einzuführen ist nicht vergleichbar mit der Umsetzung eines Arbeitsprozesses. Vorgegebene Prozesse müssen von den Mitarbeitern eingehalten werden. Die Mitarbeit in einer "social Kommunikationsplattform" ist immer freiwillig. Daher ist es notwendig, die Mitarbeiter von Anfang an auf die Reise mitzunehmen und zu begeistern. Das funktioniert über eine frühe Einbindung und der Möglichkeit, sich an der Gestaltung aktiv zu beteiligen. Weitere Faktoren sind Vertrauen in das Tun der Mitarbeiter, Transparenz und die aktive Beteiligung aller Hierarchiestufen.
Erfolgsfaktor 6: Zeit
Zeit ist ein Faktor, der in der modernen Wirtschaft keinen Platz mehr hat. Alles muss schnell gehen und Resultate sofort sichtbar sein. Leider ist das an dieser Stelle und bei diesem Thema einer der größten Fehler, die gemacht werden können. Alle erfolgreichen Unternehmen, die sich der Aufgabe Social Collaboration einzuführen gestellt haben, haben Höhen und Tiefen erlebt. Immer wieder musste das "Projekt" erneut angeschoben und zum Fliegen gebracht werden. Erst wenn eine kritische Masse, die nicht konkret spezifiziert werden kann, an Personen, Veränderungen und Möglichkeiten erreicht ist, läuft die Nutzung wie von selbst. Aber das dauert und es kostet Geld, Ressourcen und Zeit. Aber der Erfolg wird vielleicht nicht messbar, aber auf jeden Fall sichtbar und spürbar werden.
Fazit
Das Thema Social Collaboration beschäftigt weiterhin die Unternehmen, sowohl die Hersteller wie auch die Anwenderunternehmen. Ein Ende der Entwicklung ist noch nicht zu sehen. Die technologische Basis und die vielfältigen Erfahrungen sind vorhanden, um erfolgreich Social Collaboration Plattformen in Unternehmen einzuführen. (bw)