Ständig bimmelt irgendein Gerät, ein Meeting jagt das nächste, und unzählige -Mmails wollen bearbeitet werden. Zum lästigen Grundrauschen kommt, dass gerade High Performer nicht mit den Geräten oder Anwendungen arbeiten, die sie eigentlich gern hätten, sagt Dave Johnson, Analyst des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Forrester. Das sorgt für Frust und wenig Produktivität. Ermöglicht ein Unternehmen seinen Mitarbeitern dagegen selbstbestimmtes Arbeiten, seien sie bis zu 50 Mal so produktiv wie gewöhnlich, meint der Analyst.
Motivation bis zum "Flow"
Jobfrust und demotivierte Mitarbeiter sind auf deutschen Bürofluren keine Seltenheit. Gerade auf höheren Ebenen müssen die Mitarbeiter besonders motiviert werden, um nicht die Firma zu wechseln. Gehalt und Dienstwagen sind zwar nett, aber: "Wenn die Komplexität der Arbeit zunimmt, funktionieren die gewöhnlichen Motivatoren wie mehr Gehalt nicht mehr", sagt Johnson. Vielmehr müssen sich die Mitarbeiter selbst motivieren.
Johnson setzt auf die intrinsische Motivation. Sie besteht aus drei Elementen: Autonomie, Können und ein tieferer Sinn. Mitarbeiter wollen mehr Eigenverantwortung, sie wollen ihre Fähigkeiten verbessern und zu etwas Größerem beitragen. "Wenn all das zusammen trifft, erfahren Mitarbeiter einen "Flow"", sagt Johnson. "Wenn man so hart an etwas arbeitet, dass die Zeit rasend schnell verfliegt, dann ist man im Flow." Je mehr ein Vorgesetzter dafür sorgt, dass seine Angestellten im Flow sind, desto mehr hat er von ihrer Kompetenz. "In hochkomplexen Arbeitsumgebungen, wie sie Wissensarbeiter oder Softwareingenieure erfahren, sind Mitarbeiter bis zu 50 Mal so produktiv, wenn sie in einem Zustand des Flow sind", sagt Johnson.
Bedingungen für den Flow
Natürlich ist diese Zahl angreifbar - aber kaum ein Chef wird bestreiten, dass konzentrierte Mitarbeiter deutlich bessere Ergebnisse liefern als abgelenkte. Um seinen Mitarbeitern so einen Lauf zu ermöglichen, sind aber einige Bedingungen zu erfüllen, zählt Johnson auf:
Ziele und Erwartungen müssen klar erkennbar sein,
der Mitarbeiter muss hoch konzentriert auf eine sehr begrenzte Aufgabe sein und
er braucht direktes Feedback.
Die Aufgabe muss den Mitarbeiter zwar fordern, aber nicht überfordern.
Der Mitarbeiter muss das Gefühl haben, dass er die Kontrolle über die Situation oder Aktivität hat, die auch noch aus sich selbst heraus erfüllend ist.
Selbst wenn das alles erfüllt ist, lauern an jeder Ecke noch Störfaktoren: "Im Arbeitsalltag gibt es so viele Ablenkungsmöglichkeiten, vom Smartphone bis hin zum Messenger", sagt Johnson. Das macht einen Zustand des Flows geradezu unmöglich. Hinzu kommen regelmäßige Treffen mit Kollegen und Vorgesetzten, die einen immer wieder aus der Konzentration reißen: "Sind die Meetings über den ganzen Tag verteilt, gibt es keinen genügend großen Zeitabschnitt, um in den Flow zu kommen", sagt Johnson. Das beschädigt die Produktivität in der ganzen Firma.
Meetings nur noch vormittags
Gegen einige dieser Störfaktoren kann man aber vorgehen: Kürzlich sprach Johnson mit dem CEO einer Filmproduktionsfirm aus Stockholm mit 500 Mitarbeitern. Auch in diesem Unternehmen waren die Meetings über den ganzen Tag hinweg verteilt, was die Arbeit nicht produktiver machte. Die Lösung, die Johnson vorschlägt, ist bestechend einfach. "Die Firma gestattet Meetings nur noch in einer Tageshälfte, entweder vormittags oder nachmittags", erzählt Johnson. Nur so kommen die Mitarbeiter in den Genuss von einigen Stunden am Stück, wo sie halbwegs unterbrechungsfrei arbeiten können.
Eine weitere Voraussetzung, um in den Flow zu kommen, ist das Feedback. Genauso wichtig schätzt Johnson es ein, dass Mitarbeiter auf ihre Arbeit sofort Rückmeldung bekommen. "Recherchedokumente müssen zeitnah beantwortet werden", gibt Johnson als Beispiel. "Sonst demotiviert das die Mitarbeiter sehr schnell." Wissen die Kollegen, dass ihre Arbeit gelesen wird, halten sie sie für sinnvoller - und erledigen sie besser und schneller.
Was die IT tun kann
Gerade CIOs können dafür sorgen, dass immer mehr Mitarbeiter produktiver arbeiten. Nicht mit komplizierten Programmen, sondern mit mehr Freiheit. Eine Bedingung für konzentriertes Arbeiten ist die Selbstbestimmung. Die Angestellten brauchen das Gefühl, dass sie eine gewisse Kontrolle über die Situation haben. "Hier kommt die mobile Arbeitsplatzstrategie ins Spiel", sagt Johnson. "Wer seinen Mitarbeitern die Zugangsrechte zu bestimmten Programmen verweigert oder ihnen nicht erlaubt, bestimmte Software auf den PC zu spielen, nimmt ihnen das Gefühl der Kontrolle. "Das ist extrem demotivierend und führt dazu, dass die Leute sich innerlich vom Projekt verabschieden."
Johnson liefert eine Zahl hinterher, die seine Schlüsse untermauert. In einer Forrester-Analyse wurden IT-Mitarbeiter gefragt, wie sie mit einem Gerät oder einer App, die sie selbst gewählt haben, arbeiten. Zwei Drittel gaben an, dass sie sich effizienter und produktiver fühlten. Immer noch knapp die Hälfte kann sebstgewählten Geräten besser auf die Wünsche der Kunden eingehen.
Diese Ergebnisse bedeuten vor allem, dass Firmen ihren Angestellten vertrauten und ihnen die Kontrolle über ihre Arbeitsumgebung zurückgeben müssen. In deutschen Unternehmen herrscht oft noch die Angst, dass Kollegen mit zuviel Selbstbestimmung in Softwarefragen ein Unternehmen sofort in den Abgrund reißen. "Aber Mitarbeiter sehnen sich nach Freiheit und eigenen Entscheidungen", sagt Johnson. Ihnen stets vorzuschreiben, welche Umgebungen sie nicht nutzen dürfen, beschränkt sie.
- Die 12 Typen des BYOD-Mitarbeiters
Viele Mitarbeiter nutzen BYOD schon. Dabei haben sich im Alltag einige Typen herauskristallisiert. Wer BYOD voran getrieben hat und wer BYOD ausnutzt, erfahren Sie hier. - 1. Die Millennials
Die Generation Y ist schuld daran, dass BYOD überhaupt gestartet ist. Immer mehr Millennials kommen von der Uni in der Arbeitswelt an. Sie fordern von IT und Management, dass sie ihre eigenen Geräte im Beruf nutzen dürfen - und nicht etwa einen zwei Jahre alten Blackberry. Das wäre nicht mal retro. Die Millennials arbeiten lieber flexibel und zu ungewöhnlichen Zeiten, auch mal am Wochenende. Dafür dürfen sie dann auch während der Arbeitszeit privat surfen. Dass Privates und Berufliches immer mehr miteinander verschmelzen, ist ihnen egal und vielleicht sogar recht. - 2. Die Techies
Techies sind begeistert von BYOD. Noch bevor es BYOD gab, hatten sie immer schon eigene Geräte im Unternehmen am Laufen - nur hatte sich niemand dafür interessiert. Der Techie hat, was BYOD angeht, klare Vorlieben: Android vor Apple. Die Marke mit dem Apfel, mitsamt den iPads und iPhones, ist ihnen zu simpel. Android dagegen bietet den Techies viel mehr Möglichkeiten und hat ein paar nette Apps, die Technikfans lieben, etwa Software, die eine Fernsteuerung ermöglichen und andere IT-Funktionen. - 3. Die CEOs
Die CEOs sind auch in Sachen BYOD die Chefs. Sie wollen ein bestimmtes Gerät nutzen, das die Firmensoftware eigentlich nicht unterstützt? Da sollte sich die IT besser ranhalten. Der Entscheider bestimmt auch bei diesen Geräten, wo es langgeht. Der Geburtsort von BYOD ist obersten Stockwerk des Unternehmens anzusiedeln. - 4. Die Generation X
Nicht jeder Mitarbeiter mag BYOD oder kommt damit zurecht. Trotzdem verdonnern einige Firmen ihre Mitarbeiter dazu. Eine Umfrage von Gartner unter CIOs hat ergeben, dass 2017 die Hälfte aller Arbeitgeber ihre Mitarbeiter dazu zwingen, ihre eigenen Geräte zu nutzen. Sie müssen das teure Smartphone und das kompatible Notebook selbst anschaffen. Wie gut die Generation X damit zurecht kommt, ist vielen Firmen egal. - 5. Die Sales-Mitarbeiter
"Darf ich Ihnen die neue Präsentation auf dem neuen iPad mit Retina-Display zeigen?" Ein Satz, den man von Sales-Mitarbeitern garantiert häufiger hört. Zwar wurden in den Anfangsjahren des Tablet-Hypes die Geräte noch von den Firmen gestellt. Inzwischen erwarten die Unternehmen, dass die Mitarbeiter sich selbst um die Geräteanschaffung kümmern. Die tun das auch prompt. Die Präsentation ist einfach zu schön mit einem Tablet. Der Trend: Sales-Mitarbeiter und BYOD ist bald Selbstverständlichkeit. - 6. Die Stundenarbeiter
In Deutschland das gängige Modell: Die 36-Stunden-Woche. Wer, anders als Führungskräfte, nicht nur nach Leistung, sondern auch auf Zeitbasis bezahlt wird, bekommt meistens kein Gerät von der Firma. Die Stundenarbeiter, die dem deutschen Durchschnittsarbeiter entsprechen, nutzen BYOD mit Begeisterung. Sie genießen damit deutlich mehr Freiheiten. Andererseits: So bekommen sie auf einmal E-Mails nach Feierabend, wenn sie sich schon längst ausgestempelt haben. - 7. Die chronischen Nörgler
"Das ist doch alles Mist, so kann das nicht funktionieren, ich mache da nicht mit." Kennen Sie diesen Satz? Dauernörgler gibt es in jedem Unternehmen. Sie sind mit nichts zufrieden - vor allem nicht mit BYOD. Dabei waren sie eine der treibenden Kräfte hinter dem Ganzen. Unbedingt wollten sie ihre eigenen Geräte nutzen, weil sie nicht ständig zwei Smartphones herum schleppen wollten. Jetzt beschweren sie sich, dass sie Sicherheitsbestimmungen einhalten müssen und auf den Geräten nicht jede Anwendung laufen lassen dürfen, die sie wollen. - 8. Die Sozialen Netzwerker
Wer ständig auf Facebook, Twitter und Co. unterwegs ist, liebt BYOD. Der Typus "Sozialer Netzwerker" ist für Firmen ein großes Problem: Sie fürchten, dass die Produktivität der Mitarbeiter sinkt. Einige Unternehmen verbieten daher die Facebook-App. - 9. Die schwarzen Schafe
In den falschen Händen kann BYOD katastrophal sein. Eines ist sicher: In jeder Firma gibt es Angestellte, die gern woanders arbeiten möchten. Verlassen sie die Firma, nehmen sie gern vertrauliche Daten mit. BYOD erleichtert es ihnen, Informationen zu stehlen, schließlich verschwimmen persönliche und berufliche Informationen auf den Geräten und die Nachverfolgung wird schwieriger. Diese Gefahr war zwar früher nicht kleiner, heute fällt der Informationsklau im Unternehmen aber leichter. - 10. Die Freelancer
Selten stellt den Freelancern die Firma ein Gerät zur Verfügung. Das war vielleicht mal - heute wird erwartet, dass der Freelancer schon alles hat. Die meisten arbeiten lieber mit ihren eigenen Geräten, als sich von anderen etwas aufdrücken zu lassen. Fremdbestimmt arbeiten mag der Freelancer überhaupt nicht. - 11. Die Home Office Mitarbeiter
Wer zum Teil oder ganz von zuhause aus arbeitet, für den ist BYOD ohnehin schon Alltag. Anstatt sich vor das kleine Firmen-Laptop zu quetschen, arbeitet man lieber bequem vorm großen Bildschirm aus. Wenn das Firmentelefon immer auf das Smartphone umgeleitet ist, nimmt man doch lieber gleich das Privathandy. - 12. Die CIOs
Er hat den Überblick über alle Geräte im Unternehmen: der CIO. Zumindest sollte er ihn haben, denn er ist dafür verantwortlich, dass BYOD funktioniert. Er muss sich zunächst um eine Policy kümmern, die eine Balance zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Firma und der Wahrung der Privatsphäre der Mitarbeiter darstellt. Zudem muss der CIO eine schöne neue Welt basteln aus mobiler Device-Management-Software, Sicherheits-Tools, Know-how unterschiedlichster Geräte, Enterprise-App-Stores und sozialen Support-Netzwerken statt der traditionellen Help Desks. Gleichzeitig muss er mit der Personal-, der Rechts- und der Finanzabteilung sowie den Fachbereichen zusammenarbeiten. Viel Glück!
Was passiert, wenn Angestellte frustriert sind, müssen einige CIOs erleben: Die Mitarbeiter benutzen kurzerhand ihre eigenen PCS und Tablets (BYOD). Dafür investieren sie laut Forrester- Analysen viel Geld. Aus der Sicht von Johnson bekommen Mitarbeiter, gerade die Karrierebewussten, oft nicht die Ausrüstung, die sie erwarten. Darum müssten Firmen den Angestellten die Geräte und Anwendungen zur Verfügung zu stellen, die sie wirklich brauchen. Sonst liefen sie Gefahr, ihre Top-Performer zu vergraulen.