Managed Services sind auch in Zeiten des digitalen Wandels und der Cloud-Migration stark gefragt. Laut der Studie Managed Services 2022, die die COMPUTERWOCHE zusammen mit Partnern - darunter NTT DATA Business Solutions - umgesetzt hat, nutzen bereits 84 Prozent der befragten Unternehmen Cloud-Services als Bestandteil ihrer Digitalstrategie. Damit dürfte die oft geäußerte Annahme, Unternehmen könnten im Zuge der Cloud-Transformation eher weniger auf die Services von Managed Services Providers (MSPs) zurückgreifen, widerlegt sein.
Knapp vier Fünftel der Befragten setzen weiterhin auf Services und Beratung durch MSPs (siehe auch: Die neue Rolle der MSPs). Sie wissen, dass der Umbau der IT-Landschaft in Richtung einer serviceorientierten IT-Architektur komplex werden kann - hinsichtlich der Implementierung und auch im laufenden Betrieb. Systemlandschaften werden durch die Cloud-Transformation nicht einfacher. Unternehmen bekommen es mit einer größeren Auswahl an Anwendungen, Schnittstellen, Integrationsaufgaben und Service Providern zu tun. Hier können MSPs ihre Stärken zeigen.
Im Zuge der Cloud-Transformation steigt auch die Erwartungshaltung der Unternehmen, die Dienstleister müssen viel Know-how nachweisen, um einen erfolgreichen Wandel zu unterstützen. Auf Seiten der Anwender achten Führungskräfte und CIOs bei der Wahl ihrer Partner nicht mehr nur auf Kosten, eine verbesserte interne Ressourceneffizienz oder stabil laufende Systeme. Für sie werden das Application Management, die Cloud Services und die Beratungsleistungen von MSPs ebenfalls zu kritischen Einflussgrößen. MSPs sind nicht nur ausführende Instanzen, ihre strategischen Beratungsleistungen sind genauso gefragt.
Auf der anderen Seite müssen auch die Unternehmen ihre Hausaufgaben machen. Gerade, wenn es um das Outsourcing von strategischen, die Kernprozesse betreffenden Services geht, ist es wichtig, sich auf die Zusammenarbeit vorzubereiten und gemeinsame Strukturen und Prozesse zu entwickeln.
Auf folgende fünf Faktoren kommt es in der Zusammenarbeit von Anwenderunternehmen und MSPs an:
1. Klare Ziele und Erwartungen formulieren
Noch vor wenigen Jahren war die Erwägung, einen MSP zu beauftragen, in erster Linie kostengetrieben. Mittlerweile hat sich der Fokus in Richtung Business-Mehrwert verschoben. Das liegt daran, dass bei fast allen unternehmerischen Veränderungen - insbesondere, wenn es um das Verschlanken und Beschleunigen von Geschäftsprozessen geht - die Digitalisierung eine Rolle spielt.
Zu Beginn ihrer Zusammenarbeit mit MSPs sollten Unternehmen geklärt haben, welche Ziele sie exakt verfolgen und welche davon vorrangig sind. Es geht um die Frage nach den Mehrwerten, die die Arbeit des MSP am Ende stiften soll. Will man Prozesse anpassen oder neue Geschäftsmodelle ermöglichen oder große Change-Prozesse einleiten? Unternehmen sollten Fragen wie: Was sind meine Ziele? oder: Welche Erwartungshaltung habe ich? vorbereitet sein. Je besser das gelingt, desto einfacher können Standards dagegengehalten werden.
Ebenso wichtig sind klare Antworten auf vermeintlich selbstverständliche Fragen wie: Wo liegt das Kerngeschäft? Was sind unsere kritischen Prozesse? Wo benötigen wir zu welchen Servicezeiten und in welchen Ländern Unterstützung? Ein 24/7-Service ist nur in seltenen Fällen bezahlbar. Oft sind sich Auftraggeber über diese Kernfragen noch im Unklaren. Sie wissen dann auch nicht, wie die Zusammenarbeit konkret aussehen könnte, und welches Servicelevel benötigt wird und wie die Rollen ausgestaltet werden können. Gute MSPs bieten hier Unterstützung im Rahmen von Vorprojekten.
Egal, ob die Zielsetzung im Voraus allein oder gemeinsam mit dem MSP erarbeitet wurde: Wichtig ist, dass sie zu Beginn des Vorhabens klar ist. Ist diese Hausaufgabe erledigt, zeigen sich die Erfolge der Zusammenarbeit meist recht schnell. Die Standardlaufzeit eines Servicevertrags liegt im Durchschnitt bei drei Jahren. Funktioniert die Zusammenarbeit gut, lässt sich meist schon innerhalb eines halben Jahres eine Transition abbilden und funktionsfähige Standardprozesse werden im Unternehmen erfolgreich etabliert.
2. Ohne eine interne IT-Organisation geht es nicht
Die Zusammenarbeit von MSP und Servicekunde muss von beiden Seiten gelebt werden. Der MSP konzentriert sich darauf, mit seinen Consultants und Experten die vereinbarten Serviceprozesse abzubilden. Sie müssen Fragen beantworten sowie Incidents und Changes im Griff haben. Diese Aufgaben übernimmt meistens ein Service Delivery Manager.
Auf Kundenseite ist es hilfreich, Process Owner beziehungsweise Service Manager bereitzustellen, die verstehen, wie das Business auf der Systemseite umgesetzt werden kann. Gerade in Fällen wie dem Applikations-Management sind die Key-User von großer Bedeutung. Sie kennen und sammeln die Probleme und Anforderungen von Endusern, qualifizieren sie und geben sie an den MSP weiter. Bei kleineren Firmen müssen MSPs Flexibilität beweisen. Oft kann die Key-User-Rolle nicht besetzt werden oder es finden sich, gerade wenn es um die Public Cloud geht, nur noch Anwenderinnen und Anwender vor. Dann muss der MSP in der Lage sein, die Key-User Rolle selbst zu übernehmen.
Sind beide Seiten gut aufgestellt, sollte der MSP eine kundenspezifische Managed Services Governance etablieren. Diese sollte etwa eine Meeting-Struktur vorgeben, in der sich Vertreter von Kundenseite und vom MSP regelmäßig treffen, um über Performance, Ergebnisse und Verbesserungsbedarfe zu reden. So entsteht ein Austausch auf Augenhöhe, gemeinsam kann auch an aktuellen Problemstellungen gearbeitet werden.
3. Service Level Agreements als Fundament
Service Level Agreements (SLAs) tragen wesentlich zur Steuerbarkeit und zur Qualitätssicherung bei. Sie erfassen die genauen Leistungseigenschaften und Gütestufen der zugesicherten Dienstleistung. Außerdem legen sie die Leistungsansprüche fest. Wird auf SLAs verzichtet, besteht die Gefahr, dass an der Erwartungshaltung des Kunden vorbeigeliefert wird. Natürlich sind auch dann Korrekturen möglich, doch erst einmal entsteht Ärger, den sich beide Seiten ersparen können und sollten.
Beim Erstellen von SLAs sind einige wichtige Punkt zu beachten. Zunächst müssen die vereinbarten Maßnahmen eindeutig, nach dem SMART-Prinzip messbar und zeitlich, etwa auf Monats- oder Jahresbasis, fixiert sein (SMART steht für Specific, Measurable, Accurate, Rewarding und Time-bound). Zudem sollten konkrete Performance-Indikatoren wie Verfügbarkeiten, Reaktions- und Lösungszeiten definiert und in die SLAs aufgenommen werden.
Wichtig: Vereinbarte SLAs müssen immer operativ gelöst werden können. Wenig hilfreich sind rein kommerzielle Vereinbarungen, die ein Anreizsystem inkludieren. Sie bergen die Gefahr, dass ein MSP einfach "einpreist", auf einen geringen Prozentanteil seiner monatlichen Vergütung zu verzichten, wenn er eine Vereinbarung nicht einhalten kann. So etwas kommt selten vor, ist aber trotzdem ärgerlich und sollte unbedingt vermieden werden.
Passend ausgestaltete SLAs meistern also einen Balanceakt zwischen ambitionierten Zielen und dem realistisch Umsetzbaren. Deshalb ist es sinnvoll, einen Rahmenvertrag zu schließen und diesen durch zusätzliche, auf die jeweiligen Bedarfe des Unternehmens abgestimmte SLAs zu ergänzen. Typischerweise umfasst solch ein SLA-Katalog zwischen fünf und zehn Punkte. Theoretisch ließe sich die Anzahl beliebig ausdehnen, doch mit einer zu hohen Komplexität ist keiner Seite gedient. Gerade Neulingen sei daher empfohlen, sich erst einmal auf die Standards einzulassen und sich dabei die Möglichkeit einzuräumen, die spezifischen Bedarfe im Projektverlauf gemeinsam mit dem MSP weiterzuentwickeln.
4. Vertrauen aufbauen und gemeinsam Laufen lernen
SLAs bilden die organisatorische Grundlage für eine erfolgreiche und zielgerichtete Zusammenarbeit. Ebenso wichtig ist allerdings ein stabiles Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeitenden des Unternehmens und dem Personal des Managed Services Providers. Da MSPs in vielen Fällen auch Routinetätigkeiten von IT-Mitarbeitern des Kunden übernehmen, fragen sich diese oft, ob der Servicepartner diese gut genug ausführen wird und welche Aufgaben sie in Zukunft selbst bearbeitet werden.
Ein guter MSP trifft Maßnahmen, um solche Berührungsängste abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Das können persönliche Kickoffs im kleinen Rahmen oder regelmäßige Review Meetings sein, in denen schwierige Themen offen angesprochen werden können. Ein weiterer Schlüssel zur Vertrauensbildung ist Transparenz. So kann in einem detaillierten Bewertungs- und Review-Prozess über alle Tickets hinweg eindeutig nachgewiesen werden, was in der bisherigen Zusammenarbeit gut und was weniger gut gelaufen ist. Lässt sich auf diese Weise nachvollziehbar darstellen, dass beispielsweise 95 Prozent aller Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit der Mitarbeitenden schnell und nachhaltig gelöst wurden, schafft das Vertrauen.
Im Bereich der Vertrauensbildung ist es wichtig, gemeinsam Laufen zu lernen. Oft lohnt sich beispielsweise eine gemeinsame Shadowing-Phase, in der MSP und Kunde für zwei oder drei Monate parallel am selben Thema arbeiten. So bekommt die Kundenseite ein gutes Verständnis davon, ob der MSP im Rahmen des Wissenstransfers schnell lernt, die ihm übertragenen Aufgaben eigenständig durchzuführen. Die bisher damit betrauten Beschäftigten beim Kunden können sich dann mit einem guten Gefühl zurückziehen und neuen Aufgaben widmen.
5. Die Service-Partner nach ihren Spezialgebieten trennen
Auf dem Markt gibt es viele unterschiedliche IT-Dienstleistungen und Servicepartner. Unternehmen beauftragen oft mehrere spezialisierte Dienstleister. Das ist sinnvoll, wenn ein MSP alleine nicht die gesamte Systemlandschaft auf Unternehmensseite abdecken kann. Kommen unterschiedliche Service Provider ins Spiel, sollte darauf geachtet werden, dass sich diese im Rahmen ihrer jeweiligen Kern-Expertise bewegen und sich die Aufgabenbereiche der Dienstleister nicht überschneiden.
Bei einem Overlap in den Arbeitsbereichen kann es schwierig werden, die Zusammenarbeit zu steuern, da sich Vorschläge und Lösungsansätze der Service-Partner unterscheiden oder sogar konterkarieren können. Auch nimmt die Steuerung von mehreren MSPs mit den diversen Review-Meetings viel Zeit in Anspruch und kostet Ressourcen. Die großen MSPs sind meist in der Lage - in manchen Fällen auch in Zusammenarbeit mit Partnern - Know-how für viele verschiedene Bereiche einbringen zu können.
Auf ihrem Kerngebiet schlüpfen sie dann oft zusätzlich in die Rolle des Integrators, übernehmen das Projektmanagement und sind als Schaltzentrale für umfassende Projekte verantwortlich. Themen rund um SAP können dann beispielsweise gebündelt an einen einzelnen SAP-Integrator übergeben werden, während Themen, die in die Kernexpertise der IT-Security fallen (beispielsweise Netzwerk-Sicherheit), von einem anderen Integrator übernommen werden.
Partnerschaftliche Entwicklung
Mit der neuen, zunehmend strategischen Rolle des MSPs kommt es zu einer bedeutsamen Veränderung in der Kundenbeziehung. Es geht eben nicht mehr nur um das Implementieren von Technologien oder darum, Systeme kostengünstig am Laufen zu halten. Es geht jetzt um Business Enablement. Das allerdings erfordert eine vertiefte Zusammenarbeit und proaktives Herangehen auf beiden Seiten.
Folgen sind eine höhere Dynamik im Know-how-Transfer, der gemeinsame Release-Planung, dem kooperativen Problem-Handling und der gemeinsamen Entwicklung neuer Technologien, Modelle und Szenarien. Stellt sich der Mehrwert ein, sind Unternehmen auch bereit, Know-how abzugeben, Technologien zu teilen und gemeinsam neue Entwicklungen voranzutreiben. Dann verlängert sich der Lifecyle der Kooperation, und er vertieft sich zugunsten eines langfristigen kooperativen Ansatzes. Die Zukunft der Zusammenarbeit besteht aus gegenseitigem Empowerment statt bloßer Dienstleistung - und davon profitieren sowohl Unternehmen als auch die Managed Services Provider. (hv)