Technologieführer in Unternehmen gehen aktiv Partnerschaften mit Startups ein, um ihre Organisationen innovativer und flexibler zu machen. Die Zusammenarbeit mit Startups kann:
die Innovationkraft stärken,
CIOs Zugang zu raren Skills im Bereich neuer Technologien verschaffen, und
digitale Transformationsstrategien abrunden.
Ihr einzigartiger Fokus und ihre Innovationsansätze können Startups zu äußerst vorteilhaften Partnern machen, wenn es darum geht, geschäftlichen Mehrwert auf eine Weise zu liefern, die traditionelle Anbieter nicht beherrschen.
"Startups entwickeln neue Produkte und Dienstleistungen oft mit geringeren Kosten", unterstreicht Suresh A Shan, Technologieberater beim indischen Finanzdienstleister Mahindra & Mahindra Financial Services: "Durch die enge Zusammenarbeit mit ihnen können IT-Führungskräfte dynamischer, proaktiver, selbstbestimmter, selbstregulierter, flexibler, stärker, robuster und widerstandsfähiger werden"
IT-Führungskräfte müssen jedoch nicht nur den Innovationsvorsprung nutzen, den Startups bieten können, sondern auch die Business Continuity und einen soliden Betrieb sicherstellen. Überstürzte Partnerschaften mit Startups einzugehen, kann zu Beziehungen führen, die nicht gleichermaßen auf die Interessen beider Parteien einzahlen - für CIOs aus geschäftlicher und technologischer Sicht ein Risiko. Im Gespräch mit IT-Führungskräften haben wir fünf Fallstricke bei der Zusammenarbeit mit Startups identifiziert - und sagen Ihnen, wie sie diese vermeiden.
1. Technologie als einziges Auswahlkriterium
Das richtige Startup als Partner zu finden, kann eine Herausforderung sein. Schließlich buhlen inzwischen so viele Startups aus sämtlichen Technologiebereichen um die Aufmerksamkeit von IT-Führungskräften, dass es schwierig sein kann, den Überblick zu wahren.
Sushant Rabra, Partner für Unternehmensberatung bei KPMG, empfiehlt deshalb, auf Nummer sicher zu gehen: "Ein guter mehrstufiger Prüfungsprozess, der unter anderem die Gründer, Kunden und die Plattform des Startups einbezieht, ist ein Muss im Rahmen der Evaluation von Partnern. Manche Unternehmen organisieren Hackathons, um Startups auf der Grundlage einer technischen Lösung auszuwählen. Solche Initiativen helfen zwar dabei, den Reifegrad der Plattform zu bewerten, greifen aber in anderen Bereichen zu kurz. Ohne ein mehrstufiges Due-Diligence-Verfahren könnten Unternehmen Risiken gegenüber Dritten eingehen - etwa, wenn gegen ein Startup Klagen anhängig sind oder dieses gegen Compliance-Vorgaben verstößt."
Diese Art der Sorgfalt endet allerdings nicht mit der Auswahl des richtigen Partners, so der KPMG-Mann: "Selbst wenn ein Projekt nach allen Prüfungen an ein Startup vergeben wurde, sollte der Due-Diligence-Prozess parallel weiterlaufen."
2. Potenzielle Volatilität übersehen
Startups führen möglicherweise zu einer größeren Volatilität in Ihrem Partnerschaftsportfolio: Ein junges Unternehmen kann beispielsweise ein oder zwei Jahre lang reibungslos funktionieren, bevor es aus verschiedenen Gründen aufgeben muss. So ist es beispielsweise möglich, dass die Gründer auf ein neues Geschäftsmodell umschwenken oder neue Investoren den Fokus des Unternehmens verändern. Zudem ist die Startup-Landschaft äußerst wettbewerbsintensiv: Hat ein Unternehmen in einem bestimmten Bereich Erfolg, kommen direkt zahlreiche weitere Akteure hinzu. Ist das von Ihnen ausgewählte Startup in einer solchen Situation nicht aggressiv genug, wenn es darum geht, Kunden zu akquirieren, kann das zu Rentabilitätsproblemen führen - und dazu, dass CIOs Investitionsmittel verlieren und die Business Continuity gefährden.
Um sich gegen solche Risiken abzusichern, sollten sich CIOs die Macht der Marke ihres Unternehmens zunutze machen, empfiehlt Mayank Bedi, Assistant Executive Director of IT beim indischen Mischkonzern Dalmia Bharat Group: "Startups brauchen bekannte Logos auf ihren Webseiten, aber es ist für jeden IT-Leiter riskant, sich mit ihnen einzulassen, da sie auf dem Markt nicht bekannt sind und keine Referenzen vorweisen können." Der beste Weg für beide Seiten bestehe darin, mit Startups auf einer Evaluierungsbasis zusammenzuarbeiten, ohne eine kommerzielle Vereinbarung zu treffen, rät Bedi.
Selbst wenn ein Startup den Evaluierungsprozess bestanden hat, sollten die IT-Verantwortlichen Maßnahmen ergreifen, um ein zu hohes Business-Continuity-Risiko zu vermeiden, meint der IT-Experte: "Für Erweiterungen und Verbesserungen der Lösung kann ein CIO das Startup-Unternehmen dann im gegenseitigen Einvernehmen bezahlen. Es ist jedoch immer noch ratsam, 10 bis 15 Prozent der Zahlung einzubehalten, falls das Startup die komplexen Änderungsanforderungen nicht erfüllen kann. Außerdem sollten die IT-Leiter Zugang zum Quellcode haben, damit sie das Projekt notfalls mit einem anderen, kompetenteren Partner umsetzen können."
3. Perfektion als selbstverständlich ansehen
Technologieführer in Unternehmen erwarten bei einem größeren Projekt regelmäßig, dass alles vollständig, korrekt und nach Plan abläuft. Das wissen auch die Startups und verhalten sich entsprechend, meint Bedi: "Oft stellen Startups kühne Behauptungen auf, um einen Unternehmenskunden zu gewinnen. Sie präsentieren ihren Umsatz, ihre Kundenreferenzen und ihre großen Teams - das wahre Bild fügt sich dann erst zusammen, wenn die Arbeit beginnt. Startups sind oft von einigen wenigen Leistungsträgern abhängig, die im Vertrieb oder in der Technologie tätig sein können. Wenn diese Personen abwandern, entsteht ein Risiko, das sich auf den Betrieb auswirken kann."
Für ihn selbst sei es ein herber Schock gewesen, erzählt Bedi, als er herausfand, dass ein Startup, mit dem er an einem Projekt arbeitete, kein internes Entwicklungsteam hatte, sondern sich dafür stattdessen auf einen Drittanbieter verließ. Leider sei es schwierig, solche Risiken gänzlich zu umgehen, meint der IT-Profi: "Es gibt nur wenige IT-Leiter, die die Referenzen eines Startups so tiefgehend überprüfen, dass sie die Lebensläufe der Teammitglieder anfordern. Und selbst wenn sie das tun - einige Startups greifen auf 'Body Shopping' zurück. Das bezeichnet die Praxis, Mitarbeiter zu rekrutieren, um ihre Dienste taktisch kurz- bis mittelfristig 'auszuleihen'."
Um das zu verhindern, empfiehlt Bedi, einen klaren Kommunikationsweg mit dem Startup zu eröffnen und für Transparenz zu sorgen. "So lassen sich eine schleichende Ausweitung des Projektumfangs, uneinheitliche Ansätze und verzögerte Zeitpläne überwinden."
4. Cybersecurity vorraussetzen
Das Feld der Cybersicherheit birgt im Zusammenhang mit Partnerschaften das größte Risikopotenzial. Das gilt umso mehr für Partnerschaften mit Startups. Laut dem vom Audit-Spezialisten Vanta herausgegebenen Report "State of Startup Security 2022":
verfügen nur 27 Prozent von 500 befragten Startups über ein eigenes Sicherheitsteam oder einen dedizierten Security-Verantwortlichen.
entsprechend sind auch 75 Prozent der Befragten der Meinung, sich in Sachen Cybersecurity verbessern zu müssen.
"Große Unternehmen in regulierten Branchen, beispielsweise Banken, weisen eine sehr geringe Risikobereitschaft auf. Ein Startup-Unternehmen legt hingegen Wert auf Schnelligkeit und Innovation und weist deswegen eine moderate Risikobereitschaft auf. CIOs sollten entsprechend überprüfen, ob die Risikobereitschaft ihres Unternehmens mit der des für eine Partnerschaft gewählten Startups in Einklang steht", empfiehlt KPMG-Mann Rabra.
Um die Sicherheit zu gewährleisten, verfolgten die meisten CIOs einen Ansatz, bei dem das Startup in einem von geschäftskritischer Infrastruktur abgegrenzten Bereich arbeitet, meint der KPMG-Partner. "Auf diese Weise entsteht dem Unternehmen selbst bei einem Cyberangriff nur minimaler Schaden."
5. Kultur vernachlässigen
Dieser finale Fallstrick betrifft mehr Ihr Unternehmen als das Startup. Denn die Unternehmenskultur zu verändern, kann eine echte Herausforderung sein. Ein Startup-Ansatz oder eine -Mentalität kann Change-Projekte allerdings leicht zum Entgleisen bringen, wie Shan weiß: "Für eine Organisation, die seit mehr als zwei Jahrzehnten besteht, ist es nicht leicht, etwas zu akzeptieren, das von einem Startup kommt. Menschen in großen Organisationen, die sich auf der letzten Meile befinden, sind oft resistent gegenüber Veränderungen. Außerdem gibt es einen Unterschied in den Arbeitsstilen: Ein großes Unternehmen bewegt sich in seinem eigenen Tempo, während ein Startup flink agiert."
An dieser Stelle könnten dem Technologieberater zufolge auch die Erwartungen der Unternehmen zum Problem werden: "Wenn es um den Grad der Anpassung in einem Projekt geht, haben Unternehmen oft unrealistische Erwartungen an Startups. Bei einem mehrsprachigen Projekt ist es zum Beispiel schwierig, mehr als 60 Prozent linguistische Klarheit für jeden einzelnen Partner zu schaffen. Ich habe allerdings erlebt, dass Unternehmen ihre Muskeln spielen lassen und Startups dazu drängen, diesen Wert auf 90 Prozent zu bringen, was nahezu unmöglich ist und nur zu Reibungen führt. Einige Unternehmen drohen Startups bei solchen Gelegenheiten sogar mit einer Übernahme."
Um die Akzeptanz neuer Technologien in seinem Unternehmen zu fördern, setzt Shan auf Live-Use-Cases: "Wir zeigen anhand von Fallstudien, wie Technologie die Arbeit effizienter gestalten kann. Unternehmen sollten eine klare Vorstellung von ihren Prozessen, Richtlinien, Verfahren und dem Zweck des Outsourcings an das Startup haben - unterstützt durch Dokumentation, Mitarbeiter und Prozesse. Die Klarheit der Do's und Don'ts auf Unternehmensseite gibt dem Startup mehr Kraft, das Projekt mit vollem Vertrauen kennenzulernen, zu entwickeln, zu planen und letztendlich abzuliefern." (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.