"Tesla hat das Auto nicht neu erfunden, sondern genutzt, was Autobauer schon seit Jahrzehnten machen - und etwas draufgesetzt." Mit diesem Statement stutzt Lumir Boureanu, Geschäftsführer von Eurodata tec, eines der aktuell hipsten Unternehmen zurecht. Boureanu eröffnet den Post-Event zum "CIO des Jahres" im November in München. Aus dem Herzen der Isar-Metropole heraus ergründet er das Phänomen GAFA. Einige der Preisträger des aktuellen Wettbewerbs werden zeigen, dass sie den Googles, Amazons, Facebooks und Apples nicht nachstehen.
Zwar sind die äußerlichen Unterschiede unübersehbar. GAFA steht für "Startup, born digital, amerikanisch, IT", zählt Boureanu auf. Ganz anders Evonik, der FC Bayern und Miles & More sowie das Städtische Klinikum München. Worin liegt nun die Gemeinsamkeit? Im Verständnis dafür, dass man sich als Unternehmen innerhalb eines Ecosystems bewegt. Und, dass der CIO dabei eine zentrale Rolle spielt.
Ein idealtypisches Beispiel liefert die Lufthansa-Tochter Miles & More. CIO Ralf Gernhold entwickelt das Kundenbindungsunternehmen vom Vielflieger- zum Multipartner-Programm. Das heißt: die Kunden können nicht nur als Fluggäste Meilen sammeln und einlösen, sondern zum Beispiel auch als Bank-, Versicherungs-, Kreuzfahrt- oder Hotelkunden. Mehr als 300 Partner sind mittlerweile dabei.
Sichere Teilnehmerdaten
Die Connection mit dem Ecosystem ist für Gernhold "ein ganz entscheidender Teil" seiner Arbeit, berichtet er auf dem Post-Event. Ein weiterer ist die Sicherheit der Teilnehmerdaten. "Das ist unser Herz", sagt der CIO. Er sieht Miles & More auf dem Weg vom transaktionellen zum datengetriebenen Unternehmen. Und wie heißt sein Projekt, das dieses Ziel umsetzt? "Palo Alto!" Da muss Gernhold selbst ein bisschen schmunzeln.
Das Ecosystem von Bettina Uhlich beflügelt sozusagen die ganze Welt. Die CIO von Evonik hat sich für diesen Vormittag aus dem weiten Spektrum des Konzerns das Thema Hühnerfutter ausgesucht. "Was schätzen sie, wie viele Hühner pro Jahr weltweit gegessen werden?", fragt sie ins Publikum. Staunende Gesichter - auf dem Münchner Oktoberfest waren es 2016 jedenfalls rund 510.000. Uhlich spricht global von circa 65 Milliarden. Anders als Schwein oder Rind gilt das Huhn in keiner Religion als tabu. Evonik ist Weltmarktführer für einen künstlich hergestellten Aminosäurebaustein, der den Stoffwechsel der Tiere verbessert.
Hühnerhaltern bietet Evonik umfassende Informationen an. Der Konzern trägt für die Nutzer zum Beispiel Daten über regionale Besonderheiten oder das Klima zusammen. "Das hat viel mit dem Vertrauen der Farmer zu tun", weiß Uhlich.
IT kann Leben retten
Vertrauen ist auch die Grundlage für die Arbeit von Gerald Götz. Er ist CIO des Städtischen Klinikums München. Und betrachtet das Thema Ecosystem unter dem Motto "IT kann heute Leben retten". Ginge es nach ihm, ließe die Politik viel mehr Datenaustausch zu, etwa zwischen Hausarzt, Facharzt und Klinik. Götz fordert eine Welt, in der die behandelnden Notfallärzte im Krankenhaus auf einen Klick erfahren, dass der soeben eingelieferte Verletzte eine Allergie auf bestimmte Medikamente hat.
Götz hat seine Klinik in die Cloud gebracht und weiß, wie entscheidend der schnelle Informationsaustausch für das Überleben eines Patienten sein kann. Seine Arbeit geht aber weit über die digitale Patientenakte hinaus. Er will das vernetzte Krankenhaus. Konkret: "Wir fangen gerade an, alle bislang nicht kommunikationsfähigen Medizingeräte zu vernetzen!"
Das Ecosystem des FC Bayern München
Um den Ernst des Lebens geht es auch bei Michael Fichtner. Um Fußball nämlich. Fichtner ist CIO des FC Bayern. Zwar kommen die meisten Klicks auf die Website des Vereins noch immer aus Deutschland, doch der Münchener Verein ist längst eine weltweite Marke mit Fans in China und den USA geworden. Der Verein weiß die Emotionen der Fans zu nutzen: Seine Homepage gibt es in acht Sprachen. Im Wachstumsmarkt China baut er sein Ecosystem gerade aus. Sozusagen "Mia san Mia" im Reich der Mitte.