#wtf

3 verstörende Social-Media-Trends

04.08.2023
Von 


Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.
Von verstörend gut bis verstörend verstörend.
Die Social-Media-Welt ist eine ganz eigene.
Die Social-Media-Welt ist eine ganz eigene.
Foto: SunflowerMomma - shutterstock.com

Social-Media-Trends kommen und gehen - manche hinterlassen dabei allerdings einen bleibenderen Eindruck als andere. So wie die folgenden drei Trends, die allesamt als verstörend durchgehen - jeder auf seine ganz eigene Art und Weise.

#grimaceshake

Stellen Sie sich vor, Sie sind PR-Entscheider bei McDonalds. Zum Jubiläum Ihres ehemaligen Maskottchens "Grimace" (hierzulande eher unbekannt, in den 1970er Jahren in den USA ursprünglich als Krümelmonster-ähnlicher, Milchshake-stehlender "Evil" Sidekick von Ronald McDonald ersonnen) wollen Sie einen neuen Milchshake auf den Markt bringen. Kurz nach Produktstart beobachten Sie auf sozialen Kanälen schließlich folgende Szenen:

@thefrazmaz R.I.P Grimace (and me) #mcdonalds #grimace #milkshake #grimaceshake #birthday #fakedeath #yummy ? Daylight - David Kushner

@katiana.kay he gave me his big grimmy ?? #grimace #grimaceshake #grimacechallenge ? The Attic - Colin Stetson

@guaquamolininjabenis He will be grim-missed #grimaceshake #mcdonalds #trending ? Grimacing Sounds - Jon & Eli

@jaci.paci The new Grimace drink is so yummy ?? . . . #grimace #grimaceshake #mcdonalds ? original sound - Jaci

Selbstredend war man beim Fast-Food-Giganten anfänglich nicht begeistert davon, dass das eigene Produkt mit dem grausamen Ableben der Konsumenten in Verbindung gebracht wird. Wie Guillaume Huin, Head of Social Media bei McDonalds, in einem Tweet einräumt, musste man sich erst einmal darüber klar werden, wie, beziehungsweise ob man überhaupt mit dem verstörenden Trend umgeht. So hatte der Burger-Brater wohl bis zuletzt starke Zweifel, ob es eine gute Idee ist, auf diesen viralen Zug aufzuspringen:

"Wir haben einige Zeit gebraucht, um zu verarbeiten, was da gerade passiert … Nachdem wir stundenlang Videos geschaut und Kommentare gewälzt haben, haben wir erkannt, worum es hier geht: Um brillante Kreativität, ungefilterten Spass und absurden Gen-Z-Humor - einfach eine neue Art und Weise einer neuen Content-Creator- und Consumer-Generation, spielerisch mit Brands zu interagieren", schreibt Huin.

Am Ende hat es sich für McDonalds nicht nur angesichts des Engagements und der massiven Verbreitung gelohnt, über den eigenen "Corporate"-Schatten zu springen und sich den Gruselfantasien der Kunden zu öffnen. Die virale Kampagne hatte wesentlichen Anteil daran, dass der Fast-Food-Riese die Wall-Street-Erwartungen im zweiten Geschäftsquartal 2023 deutlich übertreffen konnte. Einer positiven Markenwahrnehmung unter den vorwiegend jungen Nutzern, die diesen Trend befeuern, dürfte der Mut des Konzerns ebenfalls zuträglich sein. Den Shake-Horror hingegen zu ignorieren - oder gar dagegen vorzugehen - wäre für den Fast-Food-Giganten vermutlich zum Eigentor geworden.

#skibiditoilet

Mehr als 150 Millionen Aufrufe auf Youtube erreichen im Regelfall nur Mainstream-Kanäle und -Inhalte. Die Videoserie des Youtubers "Dafuq!?Boom!" bildet hier eine Ausnahme. Seine Machwerke erreichen regelmäßig Traumabrufzahlen auf Googles Videoplattform - dabei geht es jedoch um singende "Toilettenkreaturen", die die Weltherrschaft anstreben. Ein kleiner Vorgeschmack:

Was das alles soll, daran scheiden sich die Internet-Geister. Was der Begeisterung allerdings keinen Abbruch tut, wie eine Nutzerrezension auf der Film-Plattform IMDB deutlich macht: "Eine der größten Kurzserien aller Zeiten, die absolut süchtig macht - und das alles ohne sinnhafte Dialoge … Ich glaube, jeder sollte die Skibidi-Toilet-Serie gesehen haben. Sie wird Ihr Leben verändern", schreibt ein Fan.

Fakt ist: Skibidi Toilet generiert mit jeder neuen Folge millionenfache Aufrufe - allerdings auch konstant hohe Engagements auf Instagram, Tiktok und dem, was früher Twitter war. Darüber hinaus sorgt der WC-Hype auch für User Generated Content en masse und ist sogar als Mobile Game zu haben. Eine Steam-Umsetzung ist außerdem bereits in Planung.

Hinter "Dafuq!?Boom!" verbirgt sich Content Creator Alexey Gerasimov, der im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland offenbart, dass Skibidi Toilet ursprünglich lediglich als Lückenfüller gedacht war. Einen tieferen Sinn hinter der viralen Serie gebe es demnach nicht - auch politische Botschaften wolle er mit seinen Videos nicht transportieren. Stattdessen gehe es ihm vor allem darum, Inhalte zu veröffentlichen, die möglichst "random" sind. Mission erfüllt.

via GIPHY

#npc(streaming)

Non-Playable Characters (NPCs) bezeichnen nicht spielbare Charaktere in Video- und Computerspielen, die sich klassischerweise durch besonders hölzern wirkende Bewegungsabläufe und ein stark limitiertes Kommunikationsrepertoire auszeichnen. Besonders roboterhafte und verbuggte NPCs haben sich innerhalb der Gaming-Welt zu einer Art Kulturphänomen entwickelt und liefern Enthusiasten immer wieder Stoff für Memes und Diskussionen.

Auch in sozialen Medien sind NPCs seit einiger Zeit Thema. Zu den Vorreitern in diesem Bereich gehören beispielsweise zwei professionelle Tanzkünstler aus Polen, die schon seit einiger Zeit Videos zum Thema veröffentlichen - und inzwischen auch kostenpflichtige Kurse für alle anbieten, die lernen wollen, sich wie ein NPC zu verhalten. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie künftig beim Einkaufen solche Szenen beobachten:

@loczniki

I just went shopping with my NPC girlfriend ??

? GTA San Andreas Theme (Remake) - Ben Morfitt (SquidPhysics)

Ein anderer leuchtender Stern am NPC-Himmel ist Youtuber Kommander Karl - laut eigener Aussage "real life" NPC, 3D-Künstler und Tech-Enthusiast (der übrigens auch einen sehenswerten Videobeitrag zu Skibidi Toilet produziert hat).

Den aktuellen NPC-Hype hat die (Netz)Welt allerdings Tiktok-Userin "Pinkydoll" zu verdanken, die mit ihrer Interpretation von NPC-Livestreaming viral ging. Bei diesem "Twist" im NPC-Game geht es nicht darum, aufwändige Bewegtbildbeiträge wie in den obigen Beispielen zu produzieren. Stattdessen lässt sich die Tiktokerin von den Usern im Rahmen von Livestreams mit (kostenpflichtigen) digitalen Goodies wie Bananen, Kokosnüssen, Eiscreme, Rosen oder Ballons beschenken und reagiert im NPC-Stil auf jedes einzelne der Präsente. Das sieht dann folgendermaßen aus:

Der "etwas" repetitive Trend (so ein Livestream kann ein paar Stunden am Stück gehen) spaltet die Netzgemeinde: Die einen sehen mit NPC-Streaming das endgültige Ende der Menschheit gekommen, andere amüsieren sich über die ganze Aufregung und wieder andere versuchen krampfhaft, auf diesen Zug aufzuspringen.

Letzteres ist übrigens nicht verwunderlich: Im Gespräch mit dem Vice Magazine verriet Content Creator Pinkydoll, dass sie inzwischen mehr als 7.000 Dollar pro Tag mit ihren Streams einnimmt.