Im Jahr 2006 gelang es sowohl Intel als auch AMD, Prozessoren mit zwei Rechenkernen in großen Stückzahlen auszuliefern. Einige Modelle enthalten inzwischen schon vier Rechenkerne, wobei jeweils zwei Dual-Core-Chips gekoppelt werden. Die Kollegen der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" warfen einen Blick in die Kristallkugel und wagten Prognosen darüber, welche Desktop-Prozessoren wir in diesem Jahr von den beiden Chiplieferanten erwarten können.
Hier lesen Sie ...
-
Welche Prozessoren Intel und AMD 2007 für den Desktop anbieten wollen;
-
mit wie vielen Rechenkernen die CPUs ausgestattet sein sollen;
-
mit welchen Strukturbreiten die Chips gefertigt werden;
-
wie sich die Bus-Geschwindigkeiten entwickeln.
Intel wird 2007 weitere CPU-Familien auf den Markt bringen, die aus der "Core"-Mikroprozessor-Generation stammen. Diese früher "Merom" genannte Architektur begann ihre Geschichte mit dem "Pentium-M"-Prozessor. Sie zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Prozessoren wenig Strom aufnehmen, also sehr energieeffizient sind und wenig Wärme abstrahlen. Intel gelang es 2006, mit den Core-2-Chips Marktanteile wiederzugewinnen, die in den vergangenen drei Jahren an den Konkurrenten AMD verloren worden waren.
Zwei plus zwei macht Quad
Anfang dieses Jahres sollen mit "Q6600", "Q6400" und "Q6300" drei Modelle mit vier Kernen auf den Markt kommen. Intel nennt sie "Core 2 Quad" und bezeichnet damit die Anordnung von zwei gekoppelten Dual-Core-Prozessoren. Die im oberen Leistungsbereich angesiedelten Bausteine sollen mit Taktraten von 1,86 Gigahertz (Q6300) bis 2,4 Gigahertz (Modell Q6600), einem auf 1,066 Megahertz getakteten Front-Side-Bus und insgesamt 8 MB Level-2-Cache ausgeliefert werden.
Noch im ersten Halbjahr 2007 wird Intel nach Meinung der "Computerworld" neue Chips für den mittleren Leistungsbereich vorstellen: die Core-2-Duo-Chips der "4000"-Serie mit Taktraten von 1,6 bis 2,0 Gigahertz. Bei dieser Gattung ist der Front-Side-Bus auf 800 Megahertz getaktet und der Level-2-Cache wahrscheinlich 2 MB groß. Man erwartet zudem, dass die E-4000-Familie 64-Bit-Programme unterstützen und über Virtualisierungstechnik verfügen wird.
Auch etwas für Billigheimer
Für den Massenmarkt der billigeren CPUs, in dem traditionell AMD die Nase vorn hat, will Intel ebenfalls Core-2-Chips anbieten. Noch nicht entschieden ist, ob es sich dabei um Versionen mit einem Rechenkern handelt oder um Dual-Core-CPUs, bei denen ein Kern abgeschaltet ist. In jedem Fall sollen die neuen Einsteiger-CPUs in der zweiten Jahreshälfte auf den Markt kommen. Zusätzlich soll es weitere Pentium- und Celeron-Angebote geben, die alle auf der Core-Mikroarchitektur aufbauen. Aus dem Pentium-Bereich sollen "E1060", "E1040" und "E1060" in Desktops verbaut werden, die voraussichtlich die 64-Bit-Erweiterung unterstützen, nicht aber Virtualisierung und Hyperthreading. Unter dem Celeron-Dach will Intel das Angebot offenbar besonders bei der Taktrate stark diversifizieren.
Damit auch bei Multi-Core-CPUs die Daten schnell transferiert werden können, arbeitet Intel an einem neuen Chipsatz, der unter dem Codenamen "Bearlake" entwickelt wird und ebenfalls 2007 auf den Markt kommen soll. Er löst den "975-X"-Chipsatz ab. Zunächst soll im ersten Quartal das "P35"-Chipset vermarktet werden, das einen neuen, auf 1,3 Gigahertz getakteten Front-Side-Bus und RAM-Bausteine vom Typ DDR2-800 und DDR3-1066 unterstützt. Zusätzlich zum P35 will das Unternehmen einen "X38"-Chipsatz ebenfalls für den oberen Leistungsbereich anbieten, der für das schnelle PCI Express 2.0 tauglich ist.
Neue Fertigungsprozesse
Passend zu den Bearlake-Chipsätzen dürfte der Chipgigant neue Core-2-Prozessoren präsentieren, die unter anderem den schnellen Front-Side-Bus mit 1333 Megahertz ausnutzen: "E6850", "E6750" und "E6650". Die drei Bausteine sind mit 2,33 bis 3,0 Gigahertz relativ hoch getaktet, verfügen über zwei Rechenkerne sowie einen Level-2-Cache mit 4 MB.
Nicht weniger wichtig als die neuen Chipangebote dürfte für Intel der Fertigungsprozess sein, der nur mehr 45 Nanometer breite Strukturen aufweist. Eigentlich sollte diese Fertigungstechnik erst 2008 zum Einsatz kommen, aber der Hersteller ist dem Zeitplan nach eigenen Angaben voraus, so dass mit den ersten 45-Nanometer-Chips schon 2007 zu rechnen ist. Damit läge man weit vor dem Konkurrenten AMD, der erst Ende 2006 in die 65-Nanometer-Fertigung eingestiegen ist und erst Mitte 2008 auf die feineren Strukturbreiten mit 45 Nanometern umstellen will.
Rund um die 45-Nanometer-Technik kreiert Intel eine neue Prozessorarchitektur, die derzeit unter dem Namen "Penryn" entworfen wird. Basierend auf Core 2 sollen Penryn-Chips unter anderem einen größeren Level-2-Cache erhalten. Nach dem Penryn-Muster will Intel später - wahrscheinlich ab 2008 - auch die Notebook-Chips entwickeln. Die ersten Desktop-CPUs in 45 Nanometer dürften mit "Ridgefield" und "Wolfdale" zwei Dual-Core-Chips sein. Mit "Yorkfield" könnte dann zum Jahresende 2007 ein Prozessor mit vier Rechenkernen auf einem Die marktreif sein. Intel packt diesem Chip aller Voraussicht nach 12 MB Level-2-Cache bei und positioniert ihn am obersten Leistungsende im Desktop-Bereich. Denkbar ist, dass zwei der Yorkfield-CPUs zu einem Chip gekoppelt werden und dann einen Acht-Kerne-Prozessor mit 24 MB L2-Cache ergeben.
Der ewige Zeite
Obwohl AMD-Prozessoren die letzten Benchmark-Vergleiche gegen Intel-CPUs verloren, kann der "ewige Zweite" unter den Chipherstellern zufrieden auf das Jahr 2006 zurückblicken: Im Mai wurde die letzte große Intel-Bastion geschleift und ein Vertrag mit Dell über die Lieferung von Server-, Desktop- und Notebook-Prozessoren geschlossen. Die Geschäftszahlen erreichten trotz eines vehementen Preiskampfs mit Intel Quartal für Quartal neue Höhen, und schließlich konnte man sich im Oktober für 5,4 Milliarden Dollar den Grafikkartenhersteller ATI Technologies leisten. Allerdings gab der Hersteller für das Schlussquartal 2006 wegen des Preiskampfs eine Umsatz- und Gewinnwarnung ab.
Auf der Produktseite will AMD den Konkurrenten weiterhin mit Produktoffensiven herausfordern. So sollen noch im ersten Halbjahr 2007 zwei zusätzliche CPUs die "Athlon-64"-Familie im oberen Leistungsbereich abrunden: "X2 5200+" soll auf 2,7 Gigahertz getaktet sein und der Bruder "X2 5400+" sogar auf 2,8 Gigahertz. Es gilt als ausgemacht, dass spätestens im zweiten Halbjahr 2007 weitere X2-CPUs auf den Markt kommen werden, die aus der 65-Nanometer-Fertigung stammen. Dabei soll es sich nicht nur um die hoch getakteten Versionen "5600+", "5800+" und "6000+" handeln, sondern mit dem "3800+" auch ein langsamer Chip in den Genuss der neuen Fertigungstechnik kommen.
Noch im ersten Quartal will AMD mit 65 Nanometer produzierte Athlon-64-Prozessoren der "Lima"-Serie vorstellen, die wie bisher mit nur einem Rechenkern arbeiten. Die neue Fertigungstechnik bringt den Vorteil, dass die CPUs stromsparender als ihre Vorgänger sind. Gleiches gilt für die "Sempron"-Familie, die im zweiten Quartal Zuwachs aus der neuen Fabrikation erhalten soll. Die Semprons "3800+" (2,2 Gigahertz), "3600+" (2,0 Gigahertz), "3500+" (1,8 Gigahertz) und "3400+" (1,8 Gigahertz) kommen mit einem Rechenkern.
AMD geht`s bedächtig an
Im oberen Leistungsbereich soll das Angebot an Prozessoren mit vier und mehr Cores ausgebaut werden. Noch im Dezember 2006 stellte AMD die Dual-Core-Prozessoren "Athlon 64 FX-74" (3 Gigahertz), "FX-72" (2,8 Gigahertz) und "FX-70" (2,6 Gigahertz) vor. Diese Chips werden paarweise verkauft, in einen speziell entwickelten "1207"-Sockel gesteckt und bieten dann die Leistung von vier Rechenkernen. Im neuen Jahr soll die Serie um das Modell "FX-76" ergänzt werden, das eine Taktrate von 3,2 Gigahertz und einen Level-2-Cache mit 1 MB aufweist. Interessant ist, dass AMD die hoch getakteten FX-CPUs noch in der alten Fertigungstechnik mit 90 Nanometer breiten Strukturen produziert. Nach Herstellerangaben ist danach aber Schluss damit und die Fertigung wird schließlich ganz auf 65-Nanometer-Technik umgestellt.
Kerniger Leistungsschub
Prozessoren mit mehr als einem Rechenkern erzielen gegenüber Single-Core-CPUs in der Praxis einen Leistungsschub um den Faktor 1,3 bis 1,7. Die Leistungssteigerung hängt dabei stark davon ab, wie parallelisiert das auszuführende Programm ist und welches Betriebssystem zum Einsatz kommt. Einfluss haben auch die Anzahl der Threads, die der Prozessor parallel ausführen kann.
Einer der Vorteile der Multi-Core-CPU ist unter anderem die nur geringfügige Steigerung der Wärmeentwicklung bei nahezu Verdopplung der Leistung, was sich insbesondere bei großen Clusterverbünden und Blade-Strukturen auszahlt. Ein Nachteil kann die höhere Lizenzgebühr darstellen, die ein Softwarelieferant für Mehrkernprozessoren verlangt.
Voraussichtlich Anfang des zweiten Halbjahrs 2007 wird AMD eine Highend-Lösung präsentieren, die derzeit unter dem Codenamen "Agena" entwickelt wird: der erste echte Prozessor mit vier Rechenkernen. Bislang wurden für eine Quad-Core-CPU sowohl von Intel als auch AMD zwei Dual-Core-Chips gekoppelt. Der "Agena-FX"-Prozessor enthält vier Cores, soll auf 4 Gigahertz getaktet sein und darüber hinaus die dann ebenfalls neue Version 3.0 der "Hypertransport"-Verbindung enthalten. Angeblich soll sich dadurch die Bus-Geschwindigkeit im Vergleich zu den Vorgängermodellen verdoppeln. Der vierkernige Chip soll 2 MB gemeinsam nutzbaren L2-Cache-Speicher und 2 MB Level-3-Cache enthalten. Der L3-Cache funktioniert im Prinzip wie ein L2-Cache, allerdings ist er ein wenig langsamer und daher kostengünstiger. Performance-Freaks können sich ab Mitte 2007 auf eine CPU freuen, die acht Rechenkerne enthält, wenn nämlich zwei Agena-FX-Chips in den Dual-Sockel eingesteckt werden können.
AMD arbeitet auch an einer neuen Version des "AM2"-Sockels für die Dual-Core-CPUs. Ebenfalls Mitte 2007 soll mit "AM2+" eine Weiterentwicklung gezeigt werden, die hinsichtlich Bus-Geschwindigkeit (4 Gigahertz) und Energieeffizienz verbessert ist. Passend dazu sollen dann im dritten Quartal 2007 neue Dual-Core-Chips für den Massenmarkt angeboten werden. AMD will die unter dem Codenamen "Kuma" entwickelten CPUs in puncto Stromaufnahme und Energieeffizienz optimieren.