Jedes Unternehmen möchte sie vermeiden, doch oft sind sie unumgänglicher Bestandteil der Projektarbeit. Die Rede ist von Krisen. Die manchmal unvorhergesehenen, meistens vermeidbaren Störfälle setzen die Geschäftsführung sowie gewohnte Abläufe in den Unternehmen auf den Prüfstand und können im schlimmsten Fall verheerende Konsequenzen nach sich ziehen.
Unternehmen, die gut auf den Umgang mit prekären Projektsituationen eingestellt sind, verstehen es in der Regel, Krisensymptome frühzeitig zu erkennen und notwendige Schritte zur Rettung der Projekte umzusetzen. Ein Prozess, der jedoch häufig mit Widerständen verbunden ist.
Was ist eine Krise? Definition und typische Symptome
Viele Menschen sprechen schnell oder manchmal auch vorschnell von einer "Krise". Doch wann handelt es sich tatsächlich darum? Eine Krise aus Sicht des Projektmanagements ist eine Sonderform des Konflikts, der durch seine Ausweglosigkeit, Rückzug, Blockade oder weitreichende Lähmung gekennzeichnet ist (vgl. Schelle et al. 2005, S. 436). Fast immer ist eine Krise ein Indikator für unzureichendes Projektmanagement.
Krisensituationen gehen mit typischen Symptomen einher, denen jeweils verschiedene Ursachen - häufig ganze Ursachenkomplexe - zugrunde liegen. Es liegt in der Verantwortung des Projektmanagers, das Heraufziehen einer Schieflage anhand bestimmter Indikatoren frühzeitig als solche zu erkennen und die tieferen Ursachen für beispielsweise gestörte Kommunikation, sinkende Mitarbeitermotivation, plötzlich auftretende Risiken oder den "Beschuss" des Projekts aus den Reihen der Stakeholder zu beheben. Die Krisensymptome können sehr unterschiedlich sein:
Mitarbeiter kennen ihre Projektaufgaben nur ungenau
Oft werden die Projektziele nicht an alle Projektteilnehmer weitergegeben oder überhaupt eindeutig genug definiert. Um als Projektmanager die führende und steuernde Kraft für das Projekt zu sein, sind ein klarer Projektauftrag und eine eindeutige Rollenbeschreibung notwendig. Bei fehlendem oder ungenauem Auftrag ist dieser Zustand meistens ursächlich für die Unwissenheit des Projektmanagers und setzt sich dann bei den Mitarbeitern fort.
Die Kommunikation ist gestört
Die Symptome für eine nicht zielgerichtete, fehlende oder gestörte Kommunikation können ganz unterschiedlich aussehen. Beginnen kann dies mit unterschiedlichen Informationen in Besprechungen oder im Flurfunk. Eine gefährliche Entwicklung, die umgehend korrigiert werden muss. Denn Projektmanagement besteht zu einem sehr großen Teil aus Kommunikation - diese am Laufen zu halten ist eine der primären Aufgaben des Projektmanagers.
Alle Arbeitspakete sind fast fertig - seit drei Wochen
Das berühmte 90-Prozent-Syndrom taucht immer wieder auf. Es beschreibt einen Mangel bei der Planung. Entweder wurde die Zeit oder der Aufwand falsch bewertet. Oder ein fehlendes Änderungsmanagement ist die Ursache.
Risiken tauchen unerwartet auf
Häufigster Auslöser dafür: ein mangelndes Risikomanagement. Hierbei stellt sich die Frage, ob eine Risikoanalyse durchgeführt wurde und wie aktuell diese ist.
Stakeholder stellen sich gegen das Projekt
Mögliche Ursachen können besonders in größeren Unternehmen Machtrangeleien und interne Politik sein. Eine schwierige Konstellation, die auch erfahrene Krisenmanager vor unlösbare Aufgaben stellen kann. Hier ist eine regelmäßige Analyse der Stakeholder erforderlich. Sinnvoll kann auch der Einsatz eines speziellen Mediators oder Auditors sein.
- Erfolgsfaktoren im Projektmanagement
Gibt es Muster und Faktoren, die verschiedenste erfolgreiche Projekte gemein haben – diese Frage zieht sich durch die Studie "Erfolgsfaktoren im Projektmanagement". Die Studie ist eine Gemeinschaftsarbeit des BPM-Labors (Business Process Management) an der Hochschule Koblenz mit der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) und Heupel Consultants. - Unterscheidungskriterien
Die Studienautoren wollten wissen, nach welchen Kriterien die rund 200 befragten Manager den Erfolg eines Vorhabens beurteilen. Das hängt vor allem davon ab, ob die gewünschte Qualität erreicht wurde. - Erfolgsfaktoren
Faktor Nummer Eins ist das Teamwork. Das bestätigen 83 Prozent. Gute Teamarbeit heißt: Rollen und Kompetenzen sind klar definiert. Das Projekt basiert auf einem fachlichen Konzept, das jeder Beteiligte verstanden hat. Kundenanforderungen werden "kritisch und konstruktiv" behandelt. - Misserfolgsfaktoren
Scheitert ein Projekt, liegt das vor allem an schlechter Steuerung und Entscheidungsschwäche. Am wenigsten liegt es an der Projektinfrastruktur. - Die Top Ten der Erfolgskriterien
Die Teilnehmer haben einzelne Aussagen zum Projekterfolg in ein Ranking gebracht. Hier sind die Top Ten von insgesamt 30 Aussagen. Weitere Statements folgen auf den kommenden zwei Seiten. - Plätze 11 bis 20
Teil Zwei des Rankings der wichtigsten Erfolgskriterien - Plätze 21 bis 30
Plätze 21 bis 30 der wichtigsten Aussagen über den Erfolg eines Projektes
Schwindendes Vertrauen des Lenkungsausschusses in den Projektleiter
Werden bei dedizierter Nachfrage wiederholt kritische Details bekannt, die aus den regelmäßigen Projektstatusberichten nicht ersichtlich sind, wird die Vertrauensbasis zwischen Lenkungsausschuss und Projektleiter nachhaltig gestört. Nur Berichte, die 1:1 den Sachverhalt aus dem Projektteam darstellen sowie ein lösungsorientierter Umgang mit Schwächen und Missständen ermöglichen eine fortwährende Transparenz und das frühzeitige Ergreifen von Gegenmaßnahmen.
Mitarbeitern ist der Zugriff auf Dokumente unklar
Wenn es ein Dokumentenmanagementsystem gibt, sollte sichergestellt sein, dass alle Beteiligten auch damit umgehen können. Es ist zu klären, ob sie die benötigten Daten erhalten oder darauf zugreifen können.
Mitarbeiter haben ein Problem mit dem Projektmanager
Um diesem Phänomen vorzubeugen, ist es wichtig, dass die Projektmitarbeiter die Eskalationswege kennen und ermutigt werden, sie auch zu nutzen.
Es gibt Hilfeschreie aus dem Projekt
Wann immer es Hilfeschreie eines Stakeholders, Teammitglieds oder gar eines Projektmanagers gibt, ist es meist schon sehr schlecht um ein Projekt bestellt. Dann ist die Krise manifest, und für die Klärung und Behebung der Ursachen wird eventuell Hilfe von außen benötigt.
Die Mitarbeitermotivation sinkt
Mögliche Gründe sind Überlastung, fehlendes Änderungsmanagement, fehlende Möglichkeiten zur Weiterentwicklung oder schlechte Bezahlung.
Wenn die Auslöser der Krise genau benannt werden können, sind der Krisenmanager in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung und den Projektteams dazu in der Lage, die nötigen Schritte zur Rettung des Projekt einzuleiten und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Wird das Projekt schon von Beginn an mit professionellem Projekt- und Risikomanagement angegangen, so können Krisen sogar weitestgehend vermieden werden.
Hier ist neben der Auswahl eines durchsetzungsstarken Projektmanagers auch das Führungsverständnis innerhalb der Organisation wichtig. Analog zum Kriseneinsatz benötigt der Projektmanager für eine erfolgreiche Prävention die entsprechenden Handlungsfreiräume und ausreichende Managementunterstützung. (bw)