Technologie ist der größte Treiber von Veränderungen, sagt das World Economic Forum. Aus der Diskussion um die Zukunft von Arbeit, Produktion und Wirtschaft kristallisieren die Experten zehn Trends heraus, die sich jetzt bereits abzeichnen.
1. Das Internet der Nanodinge
Beim Internet of Things (IoT) geht es beispielsweise um das intelligent vernetzte Wohnhaus, das seinem Bewohner die Tür öffnet. Das Internet der Nanodinge (IoNT) ist der nächste Schritt. Es geht um Sensoren, die so klein sind, dass sie im menschlichen Körper zirkulieren oder Baustoffen beigesetzt werden können. Im ersten Fall spricht das Forum von Biocomputern. Sie agieren beispielsweise als eine Art Mix aus IT und Bakterien und können Menschen heilen oder die Landwirtschaft unterstützen.
2. Die nächste Generation der Power-Batterien
Trotz wachsender Wind- uns Solarparks decken erneuerbare Energien noch nicht einmal fünf Prozent des globalen Energiebedarfs ab. Neue Batterien sollen eine Alternative darstellen. Sie basieren auf Natrium, Aluminium oder Zink. Verglichen mit Lithium-Batterien gelten sie als billiger und sicherer. Ziel der neuen Technologie ist es, erneuerbare Energien mit Grid-scale Batterien zu verbinden. Die Firma Fluid Energy hat gerade den Auftrag bekommen, rund 100 Dörfer in Madagaskar über ein Solarbetriebenes Mini-Grid mittels Zink/Sauerstoff-Batterien mit Energie zu versorgen.
3. Blockchain
Bekannt ist Blockchain als technologische Grundlage der digitalen Bitcoin-Währung. Das World Economic Forum sieht aber mehr als ein Mittel monetärer Transaktionen darin. Die offene, globale Infrastruktur gebe Einzelpersonen neue Möglichkeiten geschäftlicher Tätigkeiten an die Hand, zumal denen, die keinen Zugang zu Bankkonten haben - oder keinen wollen.
- Ethereum
Eine weitere Kryptowährung, die auf dem Blockchain-Prinzip basiert. Bietet eine Plattform für programmierbare Smart Contracts. Die "Ether" werden von Fans als legitime Nachfolger der Bitcoins angesehen (siehe auch obiges Bild). - Cryptlet
Von Microsoft für die Azure-Cloud entwickelter Service, mit dessen Hilfe Anwender externe Daten in eine Blockchain einpflegen können, ohne ihre Sicherheit und Integrität zu zerstören. Cryptlets können als indvidualisierte Middleware auch von Azure-Anwendern selbst entwickelt werden - in jeder beliebigen Programmiersprache - und sollen die Brücke von der Blockchain hin zu neuen Business-Services in der Cloud schlagen. - Kryptowährung
Digitales Geld, ohne Münzen und Scheine. Mithilfe von Kryptografie wird ein verteiltes, sicheres und dezentralisiertes Zahlungssystem aufgebaut. Benötigt keine Banken, sondern Rechenpower und technische Hilfsmittel wie die Blockchain. - Blockchain
Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden (daher auch der Begriff "Blockchain" = "Blockkette"). Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks. <br /><br /> Entwickelt wurde das technische Modell der Blockchain im Rahmen der Kryptowährung Bitcoin - als webbasiertes, dezentralisiertes, öffentliches Buchhaltungssystem aller Bitcoin-Transaktionen, die jemals getätigt wurden. - Bitcoin Core
Die Open-Source-Software validiert die gesamte Blockchain und wurde Anfang 2009 von einem gewissen <a href="http://www.computerwoche.de/a/neue-hinweise-auf-moeglichen-urheber-von-digitalwaehrung-bitcoin,3220391" target="_blank">"Satoshi Nakamoto"</a> unter dem Namen "Bitcoin" veröffentlicht. Bitcoin Core war in C++ zuächst vor allem für Windows-Systeme programmiert worden. Wenig später folgte die Portierung auf GNU/Linux. Weil die Entwickler sich zerstritten, existieren mittlerweile einige Derivate der Bitcoin-Software, unter anderem Bitcoin XT, Bitcoin Unlimited oder Bitcoin Classic. - BigchainDB
Die "skalierbale Blockchain-Datenbank" kann bis zu einer Millionen Schreibvorgänge pro Sekunde verwalten, Petabytes an Daten speichern und wartet trotzdem mit einer Latenzzeit von unter einer Sekunde auf - das alles dezentralisiert verwaltet und bei höchster Datenintegrität. Technische Grundlage ist die Blockchain-Technologie. - Distributed Ledger
Finanz-Fachbegriff für "verteilte Kontoführung". Bitcoin ist ein komplett neuer technischer Ansatz, um Informationen über bestimmte Zuordnungen zu verteilen. Es gibt hier kein klassisches Konto mehr, das zentral bei einer Bank geführt wird, sondern die "Kontoführung" basiert auf einem Netzwerk von kommunizierenden Systemen. - Smart Contract
Ein Computerprotokoll, das Verträge abbilden oder überprüfen oder die Verhandlung eines Vertrags technisch unterstützten kann. Könnte künftig den schriftlichen Vertragsabschluss ersetzen. - R3CEV
Das Startup R3 CEV baut die blockchainbasierte "Global Fabric for Finance". Mit rund 50 Finanzpartnern soll die größte Blockchain der Welt entwickelt werden - ein erster Testlauf mit elf Großbanken, darunter Barclays, Credit Suisse, HSBC, UBS und UniCredit wurde bereits erfolgreich absolviert. R3CEV ist eine strategische Partnerschaft mit Microsoft eingegangen, um Blockchain-Infrastruktur und -Technologie in der Azure Cloud entwickeln zu können. - Ripple
Ein Open-Source-Protokoll für ein Zahlungsnetzwerk - derzeit noch in der Entwicklung. P2P-Zahlverfahren und Devisenmarkt in einem, basiert auf der Kryptowährung "XRP". Ripple-Nutzer sind jedoch nicht auf diese eine Währung festgelegt, sondern können jede beliebige Währung verwenden - also beispielsweise auch Euro, Dollar oder Yen.
4. "Wunder-Materialien" wie Graphen
Nach Stahl und Silizium prägen neue Materialien das kommende Zeitalter. Es geht um "Wunder-Material" wie Graphen. Dieses Ein-Atom dicke Material leitet Strom besser als Silber, Wärme besser als Diamant und ist stärker als Stahl. Laut dem World Economic Forum ist Graphen mittlerweile erschwinglich genug für den Einsatz in Wasserfiltern und kann so zu einer besseren Aufbereitung von Brauchwasser beitragen. Außerdem gilt es, in Beton verarbeitet, als Luftreiniger in Städten.
5. Selbstfahrende Autos
Trotz aller Schlagzeilen um das Google-Auto steht der massenhafte Einsatz selbstfahrender Autos erst am Anfang. So sind rechtliche Hürden zu überwinden, Fragen der Versicherung und anderes zu klären. Doch die Vorteile selbstfahrender PKW und Trucks überzeugen genug, um die Massennutzung nur zu einer Frage des "wann" zu machen, nicht des "ob".
6. Chips in menschlichen Organen
Mediziner, die Organe heilen wollen, stehen vor dem Problem, dass diese nur schwer "im laufenden Betrieb" beobachtet werden können. Mikrochips sollen hier helfen. Die Idee ist, sozusagen Miniatur-Organe auf Mikrochips zu züchten. Sie entstehen aus einigen Zellen normaler Organe und erreichen etwa die Größe von USB-Sticks. Sie simulieren die realen Vorgänge in echten Organen, so dass beispielsweise Medikamente an ihnen getestet werden können.
7. Solarzellen auf Basis von Perowskit
Die Entwicklung bei Solarzellen geht weg von Silizium und hin zu Perowskit. Solarzellen aus diesem Material werden kostengünstiger und umweltschonender sein, erwartet das World Economic Forum. Zudem wiegen sie weniger. Noch gibt es allerdings ungeklärte Fragen, etwa zur Haltbarkeit von Perowskit-Zellen.
8. Künstliche Intelligenz für fast jeden
Apples Siri und Microsofts Cortana ebnen den Weg für ausgefeiltere "persönliche Assistenten". Offene AI (Artificial Intelligence)-Ecosysteme werden dazu führen, dass immer mehr Menschen solche Unterstützung nutzen. Hintergrund ist die Vernetzung von Smartphones mit dem Fitness-Armband, dem Auto und der Heizung zu Hause. Es wird möglich sein, mit dem persönlichen Assistenten zu sprechen und sich den Alltag zu erleichtern. Das soll im Arbeitsleben zu mehr Produktivität führen und im sonstigen Leben zu mehr Glück.
- Facebook Big Sur
Das unter Open-Source-Lizenz stehende KI-System setzt auf die Nvidia Tesla Accelerated Computing Platform und übernimmt bei Facebook heute komplexe Aufgaben, für die früher auf Drittanbieter-Hardware zurückgegriffen werden musste. - Google RankBrains
Für Suchanfragen, die erstmalig auftauchen, soll RankBrains menschliche Schriftsprache in mathematische Vektoren übersetzen, die die Suchengine dann verarbeiten kann. Diese Form des maschinellen Lernens wird mit steigender Zahl bislang unbekannter Suchanfragen immer besser. Wissbegierige Internetnutzer trainieren das System quasi unbewusst. - Google Deepmind AlphaGo
Besiegte kürzlich den Welt- und den Europameister im asiatischen Brettspiel Go: das KI-System Alpha Go, das von Google Deepmind entworfen wurde. - SwiftKey Neural Alpha
Wer SMS schreibt, bekommt schon länger Wortvorschläge. Mit Neural Alpha will "n-gram"-Erfinder SwiftKey nun aber auch ganze Satzzusammenhänge vorhersagen und so die Texteingabe noch intuitiver machen. - Open AI
Investor und Tesla-Gründer Elon Musk erforscht in der "Open AI"-Initiative zusammen mit anderen Silicon-Valley-Vordernkern die Künstliche Intelligenz zum Wohle der Menschheit. Damit wir keine bösen Terminatoren bekommen, die uns alle versklaven wollen... - Microsoft XiaoIce
Der Microsoft-"Virtual Social Assistant" XiaoIce trägt seit Ende 2015 den Wettbericht im chinesischen Fernsehen komplett ohne menschliche Hilfe vor. - Roboter-Concierge Connie
Wenn Sie demnächst in einem Hilton absteigen, könnten Sie einem kleinen Roboter-Concierge begegnen: "Connie" arbeitet mit Watson-Technologie von IBM und steht Hotelgästen mit Rat und Tat zur Seite. Das Pilotprojekt läuft gerade in den USA.
9. Optogenetik
Das junge Fachgebiet der Optogenetik behandelt die Kontrolle genetisch modifizierter Zellen mittels Licht. Die Technologie kombiniert Methoden der Optik und der Genetik, daraus leitet sich auch der Name ab. Ziel ist, bestimmte funktionelle Ereignisse in spezifischen Zellen oder lebenden Geweben an- oder abzuschalten. Das World Economic Forum verspricht sich von Optogenetik Hilfe bei Krankheiten wie Parkinson oder Depression.
10. Systems Metabolic Engineering
Die Abkehr von Öl, Gas und Kohle soll Systems Metabolic Engineering forcieren. Möglichst viele Produkte sollen aus lebenden Organismen gewonnen werden, zum Beispiel aus Mikroben. Die Idee ist, Rohmaterialien in großen Bioreaktoren zu "brauen", statt nach Bodenschätzen zu graben. Metabolic-Ingenieure kombinieren also Biologie, Biochemie und Ingenieurwesen.