Das große Gründer-Roundtable

IT-Startup-Wüste Deutschland?

22.06.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

2. Lücken in der Ausbildung

Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darin, dass die Ausbildung potenzieller Firmengründer dringend verbessert werden müsse. Allein die Tatsache, dass Verbände und Netzwerke Jungunternehmer eng an die Hand nehmen müssten, sei ein Beleg für ein mangel- und lückenhaftes Ausbildungswesen in Deutschland, meint Rudolf Caspary, Vorstand der Realtech AG. "Wir bilden Fachstudenten mit einem enormen technischen Bezug aus, die dann Produkte bauen, die 'over-engineered' sind." Fragen wie: Wie schreibe ich einen Business-Plan, wie sollte man sein Produkt präsentieren und was ist überhaupt ein Use-Case in einer Software, kämen viel zu kurz. Die genannten Aspekte gehörten bereits früh mit in den Stundenplan der entsprechenden Studiengänge. "Um dies sicherzustellen, sollte der Staat an dieser Stelle mehr Verantwortung übernehmen", fordert der Manager.

Carsten Rudolph, Geschäftsführer der MBPW GmbH (Münchener Business Plan Wettbewerb), will den Schwarzen Peter allerdings nicht allein dem Staat zuschieben. Die Universitäten müssten erst einmal die Lücken im Lehrplan stopfen. "Trotz aller Entrepreneur-Lehrstühle fangen wir im Grunde jedes Jahr wieder bei null an", berichtet der Manager aus seiner Erfahrung. Es sei ein Trugschluss zu glauben, nach so vielen Jahren sei das notwendige Know-how rund um Firmengründungen endlich in den Köpfen angekommen. "Die Studenten kommen immer noch blank von den Universitäten und wissen mit Themen wie Venture Capital und Business-Plänen nichts anzufangen", zieht Rudolph Bilanz. "Wir können heute noch die gleichen Kurse anbieten wie vor zehn Jahren."

Das muss sich ändern

Gründerkultur: Voraussetzung für eine Verbesserung ist, dass die gesellschaftliche Wertschätzung für Firmengründer steigt. Nur dann werden mehr junge Menschen das Risiko einer Unternehmensgründung eingehen. Außerdem darf ein Scheitern nicht gleich zu einem Stigma für die gesamte Karriere werden.

Studium: Die Studienpläne gerade in technischen Fächern müssten dahingehend modifiziert werden, dass die Absolventen neben dem Fachwissen auch verstärkt betriebswirtschaftliches Know-ow und Rüstzeug zur Firmengründung mitbekommen.

Ökosysteme: Hightech-Cluster können einen guten Startpunkt bilden und als Katalysatorenür Gründungen dienen. Politik und Verbände sollten daher den Aufbau entsprechender Netzwerke fördern. Allerdings müssen die Cluster und die dort organisierten Unternehmer offen sein. Letzen Endes geht es um Expansion und Wachstum - und beides findet sich nur jenseits der Cluster-Gnzen.

Investoren: Kapitalgeber müssen auch junge Unternehmen in der Gründungsphase finanziell unterstützen. Bislang konzentrieren sich die meisten Investoren auf die späteren und damit aus Ertragssicht sichereren Entwicklungsphasen. Die Chancen, Finanzierungsmodelle für Deutschland und die Gegebenheiten des hiesigen Marktes zu entwickeln, sind bis dato ungenutzt geblieben.

Marketing: Junge Unternehmer müssen lernen, ihre Produkte besser zu vermarkten. Botschaften wie "Software made in Germany" können dabei helfen, die verschiedenen Märkte besser zu adressieren. Außerdem hilft ein effizientes Marketing neben einer guten Technik dabei, potenzielle Investoren zu überzeugen.

Expansion: Wachstum und Internationalisierung müssen von Anfang an gut geplant werden. Unternehmer sollten wissen, welche Märkte sie mit welchen Mitteln adressieren wollen. Gerade in der Softwarebranche lässt sich aufgrund der einfachen Distribution schon mit wenig Aufwand viel erreichen.